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Die Drachenflotte (German Edition)

Die Drachenflotte (German Edition)

Titel: Die Drachenflotte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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sich noch in sicherer Entfernung zu den Riffen befanden. Dann und wann führte er das Boot etwas weiter auf die See hinaus, wo sie ruhiger war. Es war inzwischen Nacht geworden, das Lampenlicht schien heller zu strahlen. Als ihre beiden Hände verarztet waren, untersuchte er ihre Beine, Waden, Schienbeine, Fesseln. Es kitzelte, als er sich ihre Fußsohlen ansah. Sie krümmte die Zehen zusammen.
    «Drehen Sie sich um», sagte er.
    «Was?»
    «Drehen Sie sich auf den Bauch.»
    «Ich kann das auch allein.»
    «Seien Sie nicht kindisch. Mit diesen Händen können Sie gar nichts.»
    Widerwillig drehte sie sich auf den Bauch. Sie bemerkte seine Grimasse, als er den Schaden begutachtete, und blickte hinunter zur Rückseite ihres rechten Beins und zur Innenseite ihres Oberschenkels, beide von den Korallen so stark zerschnitten, dass das austretende Blut den Stoff ihrer Shorts mit ihrer Haut verklebt hatte. Er versuchte, den Stoff vorsichtig abzulösen, um die Verletzungen darunter behandeln zu können, aber es tat so weh, dass sie die Luft anhielt. «Machen Sie’s ruck, zuck», sagte sie.
    «Sicher?»
    Sie spannte Beine und Gesäß an. «Jetzt.»
    Er riss den Stoff ab, es brannte höllisch, aber sie tat keinen Mucks. Darunter war es zum Glück nicht so schlimm, wie sie gefürchtet hatte. Sie beobachtete ihn, während er die Wunden säuberte, wartete darauf, dass er sich einen Übergriff erlauben würde, aber er tat nichts dergleichen. Ob sie etwas übersehen hatte? Homosexualität war für eine Evolutionsbiologin ein faszinierendes Thema. Wenn die Theorie der natürlichen Auslese überhaupt auf etwas insistierte, dann auf den Primat der Fortpflanzung. Sie selbst hatte zu diesem Thema die erbittertsten Diskussionen mit Kollegen geführt, die überzeugt waren, Homosexualität müsse irgendeinen raffinierten genetischen Vorteil haben, vielleicht kooperative Aufzucht. Aber engagierte Anhänger des Adaptationismus suchten immer nach irgendwelchen verwickelten Erklärungen, wo keine gebraucht wurden. Sie vergaßen, dass ein Trieb mit seinem Zweck und seiner Wirkung nichts zu tun hatte. Der Zweck eines Automotors war es nicht, nach einer langen Fahrt Wärme abzustrahlen; aber er tat es. Menschliches Blut war rot, weil dies die Farbe seiner optimalen chemischen Zusammensetzung unter bestimmten Bedingungen war, nicht weil die Farbe selbst von Nutzen war. Die nackte Wahrheit war, dass die natürliche Auslese keineswegs perfekt funktionierte. Sie brachte jede Menge Anomalien und Pannen mit sich. Die Natur bevorzugte triebhafte Geschöpfe, weil sie mehr Nachwuchs zeugten, aber die Mechanismen des Triebs existierten auch getrennt vom Zweck der Fortpflanzung.
    «Und – wartet in England jemand auf Sie?», fragte sie.
    «Wie meinen Sie das?»
    «Ich meine, eine Frau, Daniel. Oder vielleicht ein Mann.»
    Er widmete sich wieder seiner Arbeit, schnitt Mull, Verbandszeug und Pflaster in saubere Streifen. «Privatleben ist nicht nur ein leeres Wort», sagte er.
    «Ach, kommen Sie schon», drängte sie. «Mir können Sie vertrauen.»
    «Nein», entgegnete er. «Ich finde, Sie haben gerade gezeigt, dass ich das nicht kann.»
    Sie zuckte innerlich zusammen. Dieser Mann war nicht schwul. Sie hatte es von dem Augenblick an gewusst, als er in Eden aufgetaucht war, hatte es an der Art erkannt, wie er am vergangenen Abend mit ihr umgegangen war, wie er ihr am Nachmittag beim Eincremen zugesehen hatte. Er war einfach sehr beherrscht.
    Er befestigte den letzten Verband. «Sie müssen sie morgen alle wechseln. Vielleicht kann Ihre Freundin das für Sie übernehmen.»
    «Ja.» Sie stand auf, bemüht, keinen Schmerz zu zeigen. «Und danke.» Sie nickte zum Riff hin. «Danke für alles.»
    «Schon in Ordnung.»
    «Brauchen Sie mich noch? Soll ich Sie durch die Riffe lotsen?»
    Er wies auf die Karten, das GPS, das Sonar. «Ich schaffe das schon.» Er kehrte ihr den Rücken, gab etwas mehr Gas und steuerte sie der Küste entgegen.
    Rebecca blieb unsicher stehen, aber er drehte sich nicht um. Sie humpelte davon, kletterte mühsam nach unten und zog sich trockene Sachen an. Die Wunden rissen wieder auf, als sie sich streckte und dehnte, ein zuckender Schmerz, aber nicht gänzlich unangenehm. Der Motor tuckerte in Rückwärtsfahrt, sie hielten an. Schon zu Hause. Als sie nach oben kam, langte Daniel gerade mit dem Bootshaken nach der Bake und machte die Yvette an ihrem Ankerplatz fest. Dann kleidete er sich bis auf die Boxershorts aus und sprang ins Wasser, um

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