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Die Drachenflotte (German Edition)

Die Drachenflotte (German Edition)

Titel: Die Drachenflotte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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Fra Mauro hatte sein Werk mit Begleittexten versehen, häufig sogar auf seine Quellen hingewiesen, wenn er sie auch oft unbenannt ließ. Einer dieser Quellen zufolge hatte um das Jahr 1420 ein mächtiges Schiff aus dem Osten das Kap der Guten Hoffnung erreicht und war dann ungefähr zweitausend Meilen weiter nach Westen gesegelt, bevor es aufgegeben hatte und umgekehrt war. Die knappe Darstellung erlaubte nicht, etwas mit Sicherheit zu sagen, aber es konnte in der Tat ein Schatzschiff gewesen sein, zumal die Daten so genau mit denen von Zheng Hes sechster Reise übereinstimmten. Wenn das zutraf, war dies das einzige überlieferte Zeugnis über ein Schatzschiff so weit im Süden. Und es war unbegleitet gewesen.
    Knox hatte geglaubt, wenn Adam und Emilia wirklich ein chinesisches Schiff auf diesen Riffen entdeckt hatten, müsse es ein zweites Schiff aus demselben Flottenverband sein wie jenes, das Cheung weiter nördlich geortet hatte. Doch dass sich die Fra-Mauro-Karte hier auf dem Boot befand, legte nahe, dass die Kirkpatricks eine einfachere Erklärung zumindest in Betracht gezogen hatten: dass es nämlich nur um ein Schiff ging, eben jenes, das zweimal am Kap der Guten Hoffnung gesichtet worden war.
    Ricky Cheung hatte von Fra Mauro und seiner Quelle nichts gehalten. Ein einzelnes Schatzschiff hatte nicht in sein Lieblingsbild von einer gewaltigen chinesischen Flotte gepasst, die bis in die Neue Welt gesegelt war und sie kartographiert und besiedelt hatte, bevor sie wieder heimgekehrt war. Zudem hatte Fra Mauros Quelle nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Mannschaft des Schiffes auf ihrer zweitausend Meilen weiten Reise nach Westen überhaupt nichts gefunden hatte. Nichts als Wasser. Doch gerade dieser Punkt hatte Knox immer zu denken gegeben.
    War doch eigentlich klar, dass sie das behaupten würden.
III
    Als Rebecca mit der Durchsicht der Papiere im Schreibtisch ihres Vaters fertig war, schaltete sie den Generator ein und startete seinen Computer. Sein Dokumenten-Manager mit Ordnern zu Zoologie, Geologie, Geographie, Astronomie, Medizin, Anthropologie, Anatomie und den Sprachwissenschaften zeugte anschaulich von der außerordentlichen Vielfalt seiner Interessen. Jeder Ordner enthielt viele Dutzende wissenschaftlicher Artikel, die er sich einmal im Monat in einem Internetcafé in Toliara herunterlud, wo er auch seine E-Mails abrief und neue Fotos, Podcasts und Texte zur Website von Eden ins Netz stellte.
    Bei der Suche nach Ordnern, an denen er in letzter Zeit gearbeitet hatte, stieß sie auf einen Entwurf seines jüngsten Briefs an ihre Mutter.
Yvette, mein Liebling, wieder ist ein Jahr um. Ich kann es nicht glauben.
Ich fange natürlich gleich mal mit der großen Neuigkeit an. Wir haben unser erstes Enkelkind, Michel, nach deinem Vater, ein wunderschöner kleiner Junge. Er sieht aus wie du. Er und Emilia blühen und gedeihen. Emilia schreibt dir selbst, wenn ich fertig bin, und erzählt dir alle Einzelheiten, auch über alle unsere Projekte, die gut vorankommen. Aber vorher noch ein Wort zu ihr: Die Mutterschaft tut ihr gut. Sie hat ihre Erfüllung gefunden, sie hat Vertrauen in sich und das Leben, sie ist bereit, für ihre Belange einzutreten. Sie erinnert mich daran, wie es ist, wenn man das erste Mal für ein Kind Verantwortung übernehmen muss: Man wird an einen festen Platz in der Welt gestellt und findet eine volle Erklärung des eigenen Lebens. Und sie ist so stark. Schon zwölf Stunden nach der Entbindung war sie wieder auf den Beinen. Und jetzt schon besteht sie darauf, Michel mit aufs Boot zu nehmen, stell dir das vor. Es nützt nichts, wenn ich ihr sage, dass er noch ein Säugling ist und die See warten kann. Die Yvette ist wirklich ein gutes Boot, wie könnte es anders sein, da sie deinen Namen trägt, aber ich weiß nicht recht, ob ich ihr unseren ersten Enkel anvertrauen soll. Emilia setzt sich natürlich durch wie immer, ich kann es mir allerdings nicht verkneifen, eine kleine Predigt zu halten, wenn sie auf der obersten Sprosse mit dem Kind im Arm stolpert und beide aufs Deck purzeln; ach je, der arme Michel weint immer noch.
Du hast mir früher immer mit einem Ausdruck tiefster Missbilligung zugesehen, wenn ich an den Hütten gehämmert und gesägt habe, als wäre körperliche Arbeit unter der Würde eines Professors der Biologie. Michel schaut mich genauso an. Er schaut jeden so an. Es ist sein Blick auf die Welt. Und jedes Mal, wenn er mich so ansieht, versetzt es mir einen Stich, und

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