Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1
anderen Mädchen, die Kette mit den roten Steinen um den Hals, ihre Augen leuchteten. Sie sah aus wie eine Prinzessin.
» Gib her«, krächzte Linn. » Gib sofort her!«
» Ich denke nicht daran.« Die Gräfin machte eine abweisende, hochmütige Miene. » Vielleicht müsstest du zaubern, um sie zurückzubekommen? Na los, zeig uns, was du kannst.«
Linn streckte die Hand aus, nur zögernd ließ sie die Tür los und stolperte wie eine Betrunkene durch die Küche. » Gib sie zurück.«
» Sonst … was?« Rania lachte ihr ins Gesicht. Sie baute sich vor Linn auf und starrte ihr in die Augen. » Was willst du dagegen tun?«, fragte sie.
Der dumpfe Schmerz in Linns Kopf machte sie eher schläfrig als wütend. Sie wollte ihre Ruhe und nichts sonst – nein, sie wollte ihre Kette zurück.
Ich bin jetzt vielleicht die Dienerin des Drachen – aber ganz bestimmt nicht Ranias Dienerin.
Ihre Hand schnellte vor und traf das Kinn ihrer Gegnerin. Diese fiel nach hinten und prallte mit der Hüfte gegen eine Tischkante. Alle Vornehmheit wich aus ihrem Gesicht; zornig und schnaubend wie ein gereizter Stier schrie sie auf.
» Du greifst mich an? Du sollst zaubern, verdammt noch mal!«
Die Gräfin stürzte sich auf sie, riss sie zu Boden und schlug auf sie ein. Linn war zunächst zu benommen, um sich zu wehren, dann erwachte in ihr die Müllerstochter, die sich weder von ihren Geschwistern noch von sonst wem ungestraft verprügeln ließ. Sie versetzte der Angreiferin einen gezielten Schlag in die Magengrube, rollte sich unter ihr hervor und wollte ihr gerade die Kette abnehmen, als Rania plötzlich ein Messer zog.
Linn sprang zurück. Sie sah sich nach einer Waffe um, doch an den Messerblock kam sie nicht heran. Die anderen Mädchen standen wie eine Mauer davor und machten keinerlei Anstalten, sie durchzulassen.
» Jetzt hast du Angst, was?«, zischte ihre Feindin. » Das solltest du auch.«
» Gib mir meine Kette«, forderte Linn. » Niemand muss hier verletzt werden. Ich will nur mein Eigentum zurück, bevor etwas Schlimmes passiert. Ein Fluch liegt darauf. Wer auch immer mir das Schmuckstück wegnimmt, den wird das Unglück treffen.«
» Das soll ich glauben?«, lachte die junge Frau und warf ihr rotes Haar zurück. » Das hast du dir doch gerade eben ausgedacht.«
Ich brauche eine Waffe, dachte Linn, als Rania drohend auf sie zukam. Sie wich zurück, während die Gräfin ihre Macht voll auskostete.
» Ja, jetzt fürchtest du dich. Was ist das für ein Gefühl? Wenn man weiß, dass man verwundbar ist? Wenn man sich nicht mehr aufspielen kann, als wäre man unsterblich?«
» Rania!«, rief Linn verzweifelt und versuchte, der spitzen Klinge auszuweichen. » Hör auf!«
Wieder machte die Gräfin einen Schritt nach vorne; diesmal traf sie Linn, die schützend die Arme vor ihren Körper hielt, am Handgelenk.
Die Frau meinte es ernst. Verdammt ernst. Linn begriff erst jetzt, als ihr das Blut über die Arme lief, wie entschlossen ihre Angreiferin war. Sie duckte sich, kroch unter dem Tisch hervor und floh zum Ausgang, doch Rania sprang ihr mit einem Satz nach und holte sie ein, bevor sie die große Tür zum Hof erreichen konnte.
Die Rothaarige hob die Hand mit dem Messer. » Nimm das, du Miststück!«
Linn fiel nach vorne, sie spürte die Klinge in ihrem Rücken. Der Schmerz ließ sie aufheulen. Auf Händen und Knien wollte sie vor ihrer Peinigerin davonkriechen, als Rania mit einem wilden Schrei erneut angriff.
Da flog die Tür zum Hof aus den Angeln, quer durch den Raum, und ein gewaltiger Kopf brach hindurch. Die Mädchen kreischten auf; Linn rollte sich zur Seite, als Nat Kyah plötzlich über ihr erschien. Seine bernsteinfarbenen Schuppen blitzten auf, dann zischte ein Feuerstrahl durch die Küche und traf Rania, die immer noch das Messer hochhielt. Funken tanzten in ihrem roten Haar. Wie in ein blaues, leuchtendes Gewand gehüllt stand die Gräfin da – dann war ihr Gesicht nur noch eine schwarze Masse, ein verformter Schädel, aus dem ein grinsendes Gebiss hervorbleckte.
Vor den Augen der entsetzten Mädchen zerfiel sie zu grauem Staub. Es gab einen leisen Knall, als das Messer auf dem Steinboden aufschlug. Dann folgte ein Klirren, als die silberne Kette sich rasselnd zusammenrollte. Das dritte Geräusch, so eisig, dass nichts sonst mehr in der Küche zu hören war, als hätte es ihre Schreie und ihre Angst und sogar die Zeit selbst angehalten, war die goldene Stimme des Drachen.
» Noch jemand, der sich an
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