Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1
wenn jeder hier im Dorf so einen Zauber… äh, Segenstein besitzt, wer gewinnt dann?«, wandte Yaro ein, der in seinem leeren Geldbeutel kramte, als könnten dadurch auf wundersame Weise zehn Münzen zum Vorschein kommen.
» Dann wetten wir eben nur in den anderen Dörfern. Oder mit Durchreisenden«, versprach Rinek. » Wo ist das Problem? Ich finde schon einen Dummen, der sich ausnehmen lässt.« Er schüttete dem Händler sein ganzes Geld in die Hand. » Hier. Gebt mir auch einen.«
» Das sind nur neun Kupferlinge.«
Hastig zählte Rinek nach. » Moment … zwölf hatte ich aus der Kiste, zwei für das Bier, macht zehn, drei habe ich gewonnen, macht dreizehn, vier für die zweite Runde … Oh.« Enttäuscht starrte er auf die kleinen Scheiben.
» Nun, immerhin hast du mir bei meiner kleinen Vorführung geholfen, da will ich mal nicht so sein. Für dich reichen neun Kupferlinge. Aber das ist eine Ausnahme – schließlich muss ich an meine kranke Frau und die Kinder denken, zu Hause in Tijoa, das versteht ihr sicherlich.«
Yaro, der in seinen Taschen immerhin eine halbe Kupfermünze gefunden hatte – ein Loch in der Mitte minderte ihren Wert –, seufzte.
» Nun muss ich zu Bett.« Arik erhob sich umständlich. » Hab morgen noch einen langen Weg vor mir. Ich rate den glücklichen Besitzern eines Wettsteins allerdings, diesen erst auszuprobieren, wenn sich der Stein an sie gewöhnt hat. In der ersten Nacht solltet ihr mit dem Stein in der Hand schlafen, damit ist sichergestellt, dass er euch und nicht etwa eurem Gegner Glück bringt. Gute Nacht.«
Rinek klopfte Yaro tröstend auf die Schulter. » Tut mir leid für dich.«
» Mir tut es leid für dich«, sagte Linn. » Wie willst du Lester erklären, dass sein Geld verschwunden ist? Er zählt es nach, wetten?«
» Du solltest lieber nicht gegen mich wetten«, meinte Rinek und setzte eine würdevolle Miene auf. » Wetten, Vater merkt nichts, bis ich ihm das Geld ersetzt habe? Außerdem tu ich noch was obendrauf, dann kommt er aus dem Staunen nicht mehr raus.«
» Lass uns jetzt lieber nach Hause gehen.« Linn fühlte sich unwohl. Die beiden Biere machten sie schwindelig und müde.
» Jetzt schon?« Rinek war noch nicht gewillt, den Abend zu beenden. » Ich fordere gleich noch ein paar Leute heraus.«
» Du hast doch gehört, was der Händler gesagt hat. Der Stein …«
» Der Stein wird sich schnell an mich gewöhnen. Ich halte ihn eben ganz fest in der Hand.«
» Du kannst aber nichts mehr setzen.«
Rinek schenkte Yaro einen Blick wie ein getretener Hund. » Sie ist ganz schön streng, was, mein zukünftiger Schwager?«
» Hoho, so weit ist es schon?«, rief Ivar, der wie immer alles mitbekam. » Die nächste Runde geht aufs Haus!«
» Ohne mich.« Linn wollte nichts mehr. » Nein, ihr braucht mich nicht zu begleiten, den kurzen Weg schaffe ich alleine.« Während Yaro sich zurück auf die Bank drücken ließ, trat sie hinaus in die sommerliche Nachtluft. Über ihr überzogen die Sterne den dunklen Himmel mit ihren rätselhaften Mustern. Linn fröstelte. Sie rieb sich die Arme, während sie die breite, staubige Straße zwischen den Häusern, die den Dorfkern bildeten, entlangging.
Sie hatte laufen wollen, aber ihre Beine fühlten sich nach dem ungewohnten Biergenuss seltsam an, als ob sie schwebte. Vielleicht hätte sie doch Yaro oder ihre Brüder darum bitten sollen, sie zu begleiten.
Das Zirpen der Grillen erfüllte die Nacht, dahinter lag spürbar die Stille. Die schwarzen Wipfel der Bäume rauschten, und bis hierher hörte sie das Murmeln und Plätschern des Baches. Etwas flatterte über die Giebel – eine Eule? Linn blieb stehen und schaute nach oben. Die Sterne standen direkt über ihr, so dicht, dass sie ein silbernes Band bildeten, und sie dachte an die Glückssteine, die so kunstvoll Schwarz und Silber vereinten. Morgen würde sie Rinek bitten, ihr den Stein auch einmal zum Halten zu geben – nur ganz kurz, damit er seine Wirkung nicht verlor.
Weit über ihr zog ein Schatten über die Sterne, ein schwarzer Umriss. Einen Moment lang konnte sie ihn deutlich erkennen, dort, wo er die Sterne zum Verschwinden brachte, als hätte er sie geschluckt.
Flügel, die sich ausbreiteten, wie um den Himmel auszulöschen. Kein Feuer. Kein rotglühendes Funkeln. Nur eine stumme, gewaltige Gestalt, die über sie hinwegglitt.
Linn presste die Finger an ihre Schläfen und atmete tief durch.
» Ich sehe das nicht«, flüsterte sie. » Es ist nicht
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