Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1
auf sie zu. Die Krone prangte auf seinem Haupt, aber Linn bemerkte, dass die grüne Brosche an seinem Wams fehlte. Sie fühlte sich wie gelähmt und kniete erst nieder, als Okanion sie am Ärmel zupfte.
Pivellius, König von Schenn und den Provinzen, marschierte auf sie zu.
Linn wagte es kaum, den Blick zu heben. Hinter dem König stolzierten seine Würdenträger. Da erhaschte sie einen flüchtigen Blick auf eine Gestalt, die zwischen ihnen herumsprang. Das feine Läuten der Glöckchen erreichte ihr Ohr, und sie hörte nichts sonst als das.
» Das ist eine unglaubliche Ehre«, flüsterte Okanion. » Dass er zu Euch herauskommt.«
» Zu mir bestimmt nicht«, flüsterte sie zurück. Sie machte sich da keine Illusionen; wenn Arian nicht mit ihr als Drachentöter gefeiert werden würde, hätte Pivellius sich bestimmt nicht blicken lassen.
» Bürger von Lanhannat«, rief der Herold, » Edle des Königreichs Schenn und der Provinzen, Ritter der königlichen Drachengarde, Prinz Arian. Heute feiern wir den Sieg über den grausigen Drachen, der unsere Stadt heimgesucht und Not und Elend über uns gebracht hat.«
Linn hätte ihnen sagen können, dass die vier Drachen, die Häuser und Menschen verbrannt hatten, alle entkommen waren, und dass Nat Kyah nicht zu ihnen gehörte, auch wenn er sie geschickt hatte. Doch der König brauchte diesen Sieg, um die Menschen von seiner souveränen Herrschaft zu überzeugen.
» Heute feiern wir unseren Prinzen, einen wahren Helden, der, geschwächt von Krankheit und der Sorge um seinen geliebten Vater, sofort aufbrach, als Lanhannat von Drachen heimgesucht wurde, um die Ungeheuer zu vertreiben und die Stadt zu retten. In einem Kampf auf Leben und Tod gelang es seiner königlichen Hoheit, Prinz Arian, dem jüngsten Nachkommen des unvergessenen Brahan, Hauptmann der Drachengarde, das Untier zu vernichten.«
Verhaltener Jubel ertönte. Wer auch immer Zweifel an dieser Geschichte gesät hatte, konnte nun die Ernte einfahren.
König Pivellius händigte seinem Sohn die offizielle Belohnung für den Sieg über einen Drachen aus: ein goldenes Schmuckstück aus der Schatzkammer. Mit einem zufriedenen Lächeln betrachtete Arian den glänzenden Ring mit dem roten Stein. Ein wenig neidisch blinzelte Linn zu ihm hinüber; der Ring hätte gut zu ihrer Kette gepasst.
» Unterstützung«, fuhr der Herold fort, » fand unser Held durch eine mutige Kriegerin. Seite an Seite hat sie mit unserem geliebten Prinzen gekämpft und das Ungeheuer abgelenkt, damit er es töten konnte.«
In den Beifall mischte sich vereinzelt Widerspruch.
» In seiner unendlichen Gnade hat König Pivellius beschlossen, diese Kriegerin zur Ritterin zu schlagen und in seine Garde aufzunehmen. Damit verbunden ist das Recht, in Lanhannat und überall im Königreich zu wohnen.«
Zustimmendes Gemurmel ertönte.
» Ich bitte um Ruhe«, verlangte der Herold.
Der König hob den Stab mit der goldenen Kugel, und unwillkürlich zuckte Linn zurück, aber er legte ihr die Kugel nur auf die Schulter; diesmal schlug er nicht zu.
» Linnia Adora Harlon«, sagte Pivellius laut, » hiermit ernenne ich Euch zur Ritterin der Königlichen Garde der Drachenjäger. Steht auf und empfangt Euer Schwert aus meiner Hand.«
Okanion gab dem König das Schwert, an dem immer noch die Drachenschuppe prangte, und dieser reichte es an Linn weiter.
Linn verbeugte sich, so tief sie konnte, das Schwert wie eine Gabe flach auf ihren Händen.
» Mein Schwert gehört Euch«, sprach sie die vorgegebenen Worte, » mein Kampf gehört Euch. Mein Leben gehört Euch.«
Der König musterte sie mit reglosem Gesicht, und sie war froh, dass sie sich hinter ihrer Maske verstecken konnte. Eine Kriegerin, nicht das Mädchen mit dem falschen Vater. Ihr Blick streifte ihn hastig, begegnete seinen kühlen Augen, zog sich schnell wieder zurück.
Pivellius wandte sich noch einmal seinem Sohn zu. » Für deinen ersten toten Drachen habe ich dir die Hälfte des Königreichs versprochen. Die Hälfte des Throns, die Hälfte der Krone, die Hälfte meiner Macht sei dein.« Damit überreichte er Arian sein goldenes Zepter.
Während der Jubel losbrach, drehte der König sich um und ging ins Schloss zurück.
Ritter Okanion reckte den Arm in die Höhe. » Lang lebe der König!«
Der Rest der Garde tat es ihm nach. » Lang lebe der König!«
» Wollt Ihr nicht Euer neues Ross begrüßen?«, fragte der Prinz.
Unter den Jubelschreien der Zuschauer stieg Linn auf. Die Leute wichen
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