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Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1

Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1

Titel: Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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niemand, in welchem Winkel er sich gerade aufhielt. Der König war es gewöhnt, auf ihn zu warten. Und schlug ihn wahrscheinlich, wenn es mal wieder zu lange gedauert hatte.
    Des Königs Glück … Aber jemand wie Jikesch war viel zu widerspenstig, um stundenlang auf einer Säule zu hocken und vor einem Thron herumzukriechen. Warum hatte sie immer nur über Nivals verborgene Seiten gegrübelt und nie über Jikeschs Geheimnisse?
    An Linns Füßen schienen Bleigewichte zu hängen. Nie war sie so langsam durch die Stadt geschlichen, durch das Alte Viertel, wo die Brandruinen unter dem schmelzenden Schnee sichtbar wurden. Den Winter über war nichts wiederaufgebaut worden. Es würde noch eine Zeitlang dauern, bis Lanhannat wieder zu seinem alten Glanz zurückfand.
    So viel sie auch grübelte, sie kam zu keinem Ergebnis. Erstaunlich viel passte – und zu viel blieb ungeklärt. Sie wollte nicht zurück, bevor sie sich nicht ganz sicher war, aber als sie schließlich vor Nivals Haus stand, war sie immer noch nicht weitergekommen. In ihrem Rücken ragten die Überreste von Moras Haus wie ein Gerippe in die Luft. Oben in seinem Zimmer, das jetzt seiner Tante gehörte, brannte noch Licht. Ansonsten war alles dunkel. War er wieder hoch ins Schloss gegangen, bevor die Tore geschlossen wurden? Zurück zu seinem anderen Leben? » Nein«, flüsterte Linn. » Ich glaube es nicht.«
    Erkenne, wer du bist. Erkenne, wer deine Feinde sind. Erkenne, wer deine Freunde sind. Dann bist du unbesiegbar.
    Sie wollte es nicht glauben.
    Und wenn du blind bist?, hatte Jikesch gefragt. Können wir uns nicht lieben, zwei Blinde im Dunkeln?
    Genau das war sie gewesen. Blind.
    Diesmal gab es keinen Pastetenkorb zu schleppen. Die Sonne stand schon über den Mauern von Lanhannat, als Linn den Weg zum Schloss hinaufstieg. Eine ganze Menschenmenge begleitete sie. Mora war zu krank, aber vor dem Tor begrüßten Lireck, Borlin und Kasidov sie jubelnd.
    » Wir sind besonders früh aufgestanden!«, rief Lireck. » Damit wir vor Euch hier oben sind!« Er trat auf sie zu, in der Hand etwas Großes, das mit einem Tuch abgedeckt war. » Ich habe Euch ein Geschenk mitgebracht, Fräulein Linnia.«
    Sie hob das Tuch an. Darunter war der Käfig, in dem ein kleiner graubrauner Vogel auf einer Stange saß. » Faules Gör!«, krähte die Affendrossel.
    » Sie ist wieder da?«, rief Linn entzückt. » Sie ist zurückgekommen?«
    » Das ist sie.« Lireck warf seinen beiden Freunden einen triumphierenden Blick zu. » Ich hab genug Wetteinnahmen, um mir eine neue zu kaufen. Aber dieser Vogel – ich dachte, er sollte Euch gehören.«
    » Danke!« Bewegt umarmte sie den alten Mann.
    » Faules Gör«, urteilte die Drossel. » Arm rauf.« Dann legte sie den Kopf zurück und stieß ein heiseres Fauchen aus, das wie ein Drache klang. Einige der Umstehenden wichen zurück.
    » Deshalb schenkt Ihr sie mir, was?«, fragte Linn und lächelte ihm zu. » Sie hat Drachenlaute aufgeschnappt.«
    » Nun ja – Ihr seid wohl die Einzige, die das nicht stören wird.«
    Linn gab ihm den Käfig erst einmal wieder zurück, als sie durchs Tor marschierten.
    Die Drachengarde hatte schon Aufstellung genommen. Jeder Ritter stand vor seinem Ross und hatte ein unbewegliches, strenges Gesicht aufgesetzt. Nur Okanion lächelte mit seiner gesunden Mundhälfte, als er Linn sah, und nickte ihr zu. Neben seinem Pferd wartete noch ein zweites – ein langbeiniger kastanienbrauner Wallach mit heller, wallender Mähne, geschmückt und gesattelt.
    » Fräulein Linnia.«
    Prinz Arian ging ihr entgegen. Lautstarker Jubel brandete auf, und sie fühlte ihre Wangen brennen. Es gefiel den Leuten, dass eine von ihnen zugleich mit dem Sohn des Königs geehrt werden sollte, dem Prinzen dagegen schien das weniger zu behagen. Er machte ein ernstes, fast grimmiges Gesicht.
    » Wir werden gemeinsam hineingehen«, sagte er. » Die Garde wird hinter uns Aufstellung nehmen. Gebt Ritter Okanion Euer Schwert.«
    Linn reichte es ihm, aber im selben Moment ging ein Raunen durch die Menge, und die Zuschauer ringsherum fielen auf die Knie.
    » Das gibt es nicht«, flüsterte Okanion. » Er kommt heraus! Ich dachte, er hätte das bis zuletzt abgelehnt.«
    Arian lächelte jetzt doch. » Sieh an. Hat der alte Fuchs es sich also anders überlegt.«
    Der Herold blies in ein Horn, und schlagartig verstummten alle. Der König, angetan mit einem langen, pelzumsäumten Umhang, schritt die Stufen vor dem großen Haupteingang hinab und kam

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