Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
ihr Herz schneller klopfen. Feuer tropfte durch das frische hellgrüne Blätterwerk.
» Verdammt! Weiter, rasch! Er weiß, wo wir sind.« Ganz in der Nähe schlichen ein paar Yaner vorbei. » Gebt acht mit dem Wagen!«
» Kesim?«, fragte Linn ungläubig.
Einer der Männer, der einen Handkarren hinter sich herzog, richtete sich auf. Sie hätte den yanischen Kaufmann, der sie aus ihrem Heimatdorf in die Hauptstadt gebracht hatte, fast nicht erkannt, denn vor drei Jahren war er beleibt gewesen, sein gemütliches Gesicht und seine gute Laune hatten ihr den Abschied von Brina leicht gemacht. Nun schlotterten ihm die Kleider um den deutlich abgemagerten Leib, und seine Augen waren wachsam und misstrauisch. Kurz lüpfte sie die Maske, um ihm ihr Gesicht zu zeigen, denn er schien sie nicht mehr zu kennen.
» Linnia?«, hauchte er ungläubig.
» Kesim! Was macht Ihr hier?«
Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. » Es gibt keinen Ausweg«, murmelte er. » Sie hetzen uns schon durchs ganze Land. Dort vorne sind überall Soldaten, niemand kommt durch, sie haben die Grenze dichtgemacht. Hunderte von Flüchtlingen strömen wieder zurück nach Yan, wo sie von den Drachen empfangen werden. Wohin? Wir müssen versuchen, uns nach Samaja durchzuschlagen, aber ersten Gerüchten zufolge geht es nun auch dort los. Sie kreisen uns ein.«
» Kesim, wartet.« Linn hielt ihn am Arm fest. Sein irrer Blick verriet ihr, dass er in Gedanken schon weit fort war. » Wartet, hört mir zu. Wir drei holen den Drachen da runter. Gibt es hier eine Lichtung, ein offenes Gelände?«
Jetzt erst schien er sie richtig wahrzunehmen. » Du bist eine Drachenjägerin geworden? Du … Ihr seid das Mädchen mit der Maske? Von dem sie überall erzählen? Mit dem magischen Schwert?«
Das waren gefährliche Gerüchte.
» Ich hole mir diesen Drachen«, versprach sie, » wenn Ihr mitmacht, Herr Kesim. Eine Lichtung. Wir brauchen ein bisschen Platz, wo er landen kann. Zeigt mir einen solchen Ort.«
Er nickte. Sie war sich nicht sicher, ob er sie verstanden hatte, aber er führte die Drachenjäger quer durchs Unterholz, wobei er seinen kleinen Karren über Baumstämme hob und über Wurzeln zerrte, doch stets so sorgsam darauf achtgab, dass sein Gefährt nicht zu stark durchgerüttelt wurde oder gar umkippte, als würde er darin sein Herz spazieren fahren.
» Geschirr habt Ihr nicht da drin, wie?«, fragte sie, während Kesim sich schnaufend einen kleinen Hang emporkämpfte. » Nein, das würde klappern. Was sonst? Ein schlafendes Kind vielleicht, so behutsam, wie Ihr damit umgeht?«
Kesim antwortete nicht. Verbissen stapfte er weiter, bis die Bäume weiter auseinandertraten. Der Wind rauschte in den Wipfeln und schüttelte kalte Regentropfen aus den Zweigen.
Der Kaufmann wandte sich zu den Rittern um. » Der Drache kommt«, flüsterte er. » Er kommt immer, ganz gleich, wo ich hingehe. Er jagt mich durchs ganze Land. Ich glaube«, er senkte die Stimme etwas mehr, bis er kaum noch zu verstehen war, » er kann sie hören.«
Er ist verrückt, dachte Linn erschrocken. Oh Arajas, der gute alte Kesim ist völlig durchgedreht! Was hat er gesehen im vergangenen Jahr? Was geschieht bloß in Yan – ein neuer Drachenmond?
Der Drache gab die Antwort. Er stürzte sich auf die Lichtung wie ein Adler, der Beute erspäht hatte. Kesim versuchte nicht einmal zu fliehen, stumm und benommen blickte er seinem Schicksal entgegen.
Da sprang Linn vor, stieß den Mann zu Boden und rannte auf den Drachen zu. Sie verließ sich darauf, dass die beiden Ritter mitkamen und das Untier rechts und links einkreisten. » Mein magisches Schwert! Willst du es schmecken?« Die Wut beflügelte sie, ein Zorn, der mehr noch Verzweiflung glich. Jegliches Hochgefühl war ihr abhandengekommen. Feuer flutete über sie hinweg, sie schritt durch die Flammen auf den überraschten Drachen zu, zog ihm die Schneide durch das verblüffte Drachengesicht. Ein Schauer von Blutstropfen ging auf sie nieder. Irgendwo seitlich brüllte Dorwit: » Nimm das, du Vieh!« Auch Gunya schrie etwas, aber der Drache achtete auf keinen von beiden. Erneut fuhr sein Kopf auf Linn hinab. Sie sprang nach vorne, rollte sich unter der ausholenden Tatze hindurch und hieb nach den Beinen, dem Bauch, sie rannte durch das strömende Blut, als würde sie in einem warmen Sommerregen tanzen. Der Drache kreischte vor Schmerz, er fauchte grimmig, aber wie hätte sein Zorn größer sein können als ihrer?
» Das ist für Yan!«,
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