Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
sehr schwer sein.
Es gab nur ein Wesen, das solche Füße hatte.
Linn blickte zum Wald am jenseitigen Ufer hinüber. Der Herbst begann bereits damit, die Blätter zu röten. War der Drache auf der Durchreise gewesen, so wie sie, oder lebte er hier?
Linn wanderte am Ufer entlang, auf der Suche nach weiteren Spuren, die ihr hätten sagen können, ob er häufiger hierherkam, aber außer den Abdrücken im Flussbett fand sie nichts. Über den Brombeeren und dem verfärbten Laub wurde es langsam Abend. Der Wald hatte etwas an sich, vor dem ihr graute, und der Gedanke, ins Dorf zurückzukehren und dort zu übernachten war verlockend. Doch sie hatte nicht vergessen, wie verlangend die Bauern ihre vergoldeten Waffen betrachtet hatten. Es würde ihr nichts anderes übrig bleiben, als hier draußen zu bleiben. Obwohl es schon Drachenmond war, waren die Nächte noch mild genug, um unter freiem Himmel zu schlafen, wenn man weder Mücken noch Ameisen scheute. Linn musste sich nur entscheiden, auf welcher Seite des Bachs sie ihr Lager aufschlagen wollte. Drüben in dem dunkleren Wald, in dem sie sich besser verstecken konnte, wo jedoch höchstwahrscheinlich ein Drache lebte? Falls dem so war, wollte sie ihn gerne finden, bevor er sie bemerkte.
Die Dörfler erschienen ihr im Moment als das größere Übel, daher watete sie durch den Bach ans andere Ufer, an das sich hoffentlich niemand sonst traute. Abendsonne glitzerte auf den Wellen. Kühl umspülte das Wasser ihre bloßen Füße; die Schuhe hatte Linn vorsichtshalber ausgezogen, um das Pferd durch das flache Flussbett zu führen. Folgsam trottete Tani auf die andere Seite, doch sobald es darum ging, zwischen die dicht belaubten Bäume ins Waldesdunkel zu treten und Abschied von der Sonne zu nehmen, wurde er unruhig.
Kein Wunder, denn das Gefühl des Unbehagens wurde hier übermächtig. Linn band ihn an einem Baum fest und redete leise auf ihn ein, bis er sich etwas entspannte. Auch ihr war der Appetit vergangen, sie musste sich dazu zwingen, ein wenig von ihrem Proviant zu essen. Das karge Mahl aus trockenem Fladen und einem Apfel erinnerte sie daran, dass eigentlich Fastenzeit war; ein tröstlicher Gedanke, dass woanders auch nicht üppiger gespeist wurde. Die Waffen legte sie griffbereit neben sich. Irgendwo in der Ferne stimmte ein Wolf die Gesänge der Nacht an. Durch eine Lücke zwischen den Wipfeln glitzerten die Sterne. Belims Fuchs war teilweise zu sehen, der Mast des Heldenschiffs prangte direkt über ihr. Kurz verschwand er, als der vertraute Schatten über sie hinwegzog. Wie immer, wenn Linn die Stadt verließ, war Gah Ran in der Nähe. Flügel, hinter denen die Sterne verschwanden, eine Spur aus Finsternis. Nachts war er nicht rot, nachts war er nur ein Albtraum, mit dem sie gelernt hatte zu leben. Der Drache, der sich seit ihrer Kindheit in ihrer Nähe aufhielt, der auf seine Stunde wartete. Um sie zu töten, so wie er ihren Vater getötet hatte. Er war dabei gewesen, als ihr Dorf angegriffen wurde, er gehörte zu den Ungeheuern, die Lanhannat heimgesucht hatten, an jenem schrecklichen Tag, als ihr Meister Bher gestorben war. Wie immer, wenn sie ihren Todfeind sah, erneuerte sie ihren Schwur.
Ich werde dich rächen, Vater. Ich werde deinen guten Namen wiederherstellen. Wenn der Name Harlon jemals wieder einen ehrbaren Klang bekommt, ist das für dich, mein Vater.
Vor dem Einschlafen tastete sie nach der Silberkette.
Die Schuppen eines lebendigen Drachen. Mit dem richtigen Zauber versehen waren sie stärker als der Drache selbst. Nein, sie fürchtete sich nicht vor ihm, ihrem Fluch, der wie ein dunkles Verhängnis über ihr schwebte.
Die Drachen sind das Herz der Welt … » Aber selbst wenn du mein Herz wärst, würde ich es dir herausschneiden«, flüsterte sie beinahe zärtlich. Dort oben war ihr Feind, aber sie hatte nicht vor, ihre präparierten Waffen an ihm auszuprobieren.
Den größten Gegner sparte man sich bis zum Schluss auf.
Wolfsgeheul wiegte sie in den Schlaf.
Am nächsten Morgen war der Wald nicht weniger düster und unheimlich als am Abend zuvor. Linn band sich die selbstgemachte Maske vors Gesicht, bevor sie aufbrach. Ich bin eine Drachenjägerin. Ich fürchte mich nicht.
Sie atmete tief durch, doch ihr klopfendes Herz ließ sich nicht mit billigen Tricks beruhigen. Mit dem Schwert bahnte sie sich einen Weg durch das Gestrüpp, das hier wucherte. Ein riesiger Schmetterling streifte ihre Wange. Drüben hatte es nach Beeren und Blättern
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