Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
er, dass er auf dem riesigen Gelände nicht ohne Hilfe fündig werden würde. Wie lange der Unsichtbarkeitszauber anhielt, wusste er nicht; ein Grund mehr, sich zu beeilen.
Er näherte sich einem Wächter, der gegen eine Wand gelehnt dastand und unruhig mit den Füßen zuckte. Die Bedrohung durch einen möglichen Erben Larans ließ niemanden kalt. Besonders intelligent sah der Kerl allerdings nicht aus, was für Rineks Vorhaben umso günstiger war.
» Alle Wege in Lanhannat wurden gesegnet«, flüsterte Rinek dem Posten ins Ohr.
» Hä?« Der Mann war mit einem Schlag hellwach und blickte sich unruhig um. » Ist da wer?«
» Jeder Weg wurde am Laranstag gesegnet«, raunte der Unsichtbare, » doch was ist mit dem Labyrinth? Wer hat es gesegnet? Hat irgendjemand daran gedacht, den Weg zur Gruft der Könige zu segnen?«
Der Wachmann bohrte seinen Zeigefinger ins Ohr – ob er es reinigen oder ihm nicht länger zuhören wollte, war für Rinek nicht ersichtlich.
» Ich bin die Seele des Königs!«, zischte er. » Gehorche mir. Segne den Weg bis zur Gruft, sonst kann ich nicht zu den Göttern gehen!«
Verzweifelt blickte der Wächter sich um, als wollte er jemanden um Rat fragen, doch niemand war in der Nähe.
» Äh – ich muss die Wachablösung abwarten! Ich kann hier nicht weg!«
» Ich bin der König! Du gehst sofort, oder dich wird ein übler Fluch treffen!«
Um die Drohung zu untermauern schlug Rinek ihm die unsichtbare Krücke gegen das Schienbein.
» Au! Ist ja gut, ich gehorche ja schon!«
Der Wächter sah sich hektisch um, zog die Schultern hoch und marschierte los, begleitet von dem angeblichen Geist des Königs. Sie hatten beinahe einen der Nebeneingänge erreicht, als der Mann stehenblieb. » Was sind das für Geräusche?«
Unsichtbar zu sein und unhörbar waren zwei verschiedene Dinge, und mit Krücke und Holzbein ließ es sich beim besten Willen nicht gut schleichen. Wie schon einmal hatte Rinek beides zwar mit Stoff umwickelt, lautlos war er dennoch nicht.
» Mein Zepter«, erklärte er.
» Ihr durftet es behalten?«
» Natürlich. Stell keine dummen Fragen, Unwürdiger! Erfülle deine Aufgabe!«
Der Mann duckte sich erschrocken und führte Rinek ins Schloss, bis sie vor einem großen verriegelten Portal anlangten, das ebenfalls bewacht war. Dieser Wächter sah gefährlich misstrauisch aus.
» Was machst du denn hier? Warum bist du nicht auf deinem Posten?«
Rinek beschloss einzugreifen, bevor die Situation ihm entgleisen konnte. Er schlug nur einmal zu, und sein Auserwählter starrte verblüfft auf den Kollegen, der plötzlich und ohne ersichtlichen Grund vor ihm zusammenbrach.
» Weiter«, drängte er. » Die Seele des Königs ist mit dir. Lass dich nicht aufhalten.«
Kühle Luft wehte ihnen aus der Tiefe entgegen. Rinek folgte dem Wächter mit immer größer werdendem Abstand die Stufen hinunter. Als er endlich am Absatz angekommen war, rechnete er damit, dass er seinen Helfer verloren hatte, doch dieser wartete auf ihn.
» Majestät?«, flüsterte er.
» Hier bin ich.«
» Ihr stützt Euch immer noch auf Euer Zepter. Sind Seelen denn alt und krank?«
Ah, der Mann hatte mit dem Denken angefangen.
» Erst bei den Göttern sind wir wieder jung und kräftig. Was meinst du wohl, warum ich endlich dort hinwill? Also los, weiter. Vergiss nicht, den Weg zu segnen.«
Rinek folgte ihm weitere Treppen hinunter, die zum Glück recht breit und nicht allzu steil waren, und danach durch einen langen, sanft abfallenden Gang.
Wer einmal Geschmack am Denken gefunden hatte, hörte jedoch leider nicht so schnell wieder damit auf. Der Wächter hielt abrupt inne. » Das verstehe ich nicht. Wenn Ihr in den Hof hinausgehen konntet, warum kann Eure Seele dann nicht aus der Gruft heraus und zu den Göttern? Ich meine, sie ist ja schon draußen?«
» Das verstehst du nicht, solange du noch lebst.«
Im Licht der Fackeln, die hier in regelmäßigen Abständen an den Wänden hingen, funkelten die Augen des Wächters misstrauisch. » Eure Stimme«, beschwerte er sich, » klingt gar nicht nach der des Königs.«
» Weil sie körperlos ist, darum. Du kapierst auch gar nichts, du Trottel«, gab Rinek zurück.
Er schwang seine Krücke rechtzeitig, gerade als der Mann sich umwenden wollte, um Hals über Kopf zu fliehen. Voller Bedauern blickte er auf den Bewusstlosen hinunter.
» Du solltest nicht so viel denken, mein Lieber.«
Jetzt musste er die Gruft alleine finden. Weit konnte sie nicht sein,
Weitere Kostenlose Bücher