Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
zur Seite, als ein Küchenjunge dicht an ihnen vorbeischlenderte. Agga wartete immer noch mit dem Karren auf sie. Der König öffnete den Mund, als er das Mädchen und das große Schwein sah, doch Rinek schüttelte warnend den Kopf.
Er hob die Plane und ließ Pivellius darunterkriechen. Auch wenn es einfacher gewesen wäre, unsichtbar den Hügel hinunter und in die Stadt zu gelangen, war Rinek froh, dass er an dieses kleine Gefährt gedacht hatte. Der König war jetzt schon am Ende seiner Kräfte.
» Ist alles glattgegangen?«, fragte Agga leise.
» Ja«, flüsterte er zurück.
Das Schwein setzte sich schnaufend in Bewegung, unterstützend schob Rinek den Karren. Sie rumpelten über den Hof, durch das Tor und machten sich an den Abstieg.
» Auch das noch.«
Das Duell mit Scharech-Par war offenbar frühzeitig beendet worden. Vom Ort des Geschehens kamen die Ritter schon zurück, an der Spitze Prinz Arian und eine blonde Frau. Das musste Chamija sein, Linnias beste Freundin, die Zauberin, die Nival dazu gezwungen hatte, den König umzubringen. Agga zog den Karren vom Weg auf die steinige Wiese, um die Edelleute vorbeizulassen. Chamija trug ein merkwürdiges Lächeln zur Schau, grimmig und zugleich triumphierend, während der Prinz beunruhigt wirkte.
» Ich muss die Fürsten dazu bringen, mich zu krönen«, sagte er vernehmlich. » Wir können nicht länger warten; ich brauche unbedingt den Rückhalt der Stadt und des Volkes.«
Beim Klang von Arians Stimme steckte Pivellius den Kopf unter der Plane hervor und starrte sehnsüchtig auf seinen Sohn. Er streckte die Hand nach ihm aus, doch Arian wusste nichts von dem unsichtbaren Mann auf dem Schweinekarren. Ohne Agga oder irgendjemanden sonst vom niederen Volk eines einzigen Blickes zu würdigen ritt er vorüber. Rinek hielt den Atem an, als Chamija den Kopf wandte. Die Zauberin konnte ihn doch nicht etwa sehen? Sie war viel schöner, als er sie sich vorgestellt hatte; nach Nivals Beschreibung hatte er eine böse Hexe erwartet, der die Niedertracht ins Gesicht geschrieben stand. Doch die Tijoanerin war überraschend jung und kindlich, sie konnte kaum älter als sechzehn sein. Ihre blonde Lockenpracht wurde von keinem Zopf, keinem Haarschmuck gebändigt, sondern flutete ungehindert über den weißen Pelz, den sie über den Schultern trug. Haare, so weich und glänzend, dass sie dazu einluden, sie zu berühren und ihren Duft einzuatmen.
» Schaut sie nicht so an«, zischte Agga wütend, sobald der Zug der Reiter vorüber war. » Helft mir lieber, den Karren auf die Straße zurückzubekommen.«
» Bin ich etwa wieder sichtbar?«, fragte Rinek.
» Ich weiß auch so, wo alle Männer hinstarren.«
Durch den Aufruhr in den Straßen dauerte es länger als gedacht, das Viertel zu erreichen, in dem Mora und die Alten warteten und sie wahrscheinlich schon vermissten. Es wurde bereits dunkel, als sie in die Gegend kamen, in der ein schönes Mädchen einen bewaffneten Begleiter brauchte. Mehrere zwielichtige Gestalten schlug Rinek mit seiner Krücke in die Flucht, dann erst merkte er, dass Pivellius ihn mit großen Augen dabei beobachtete.
» Ich sagte Euch doch, sie würden versuchen, uns am Weiterkommen zu hindern. Schweigt schön still, wie bisher. Ihr macht das fabelhaft.«
Sie bogen um die Ecke – dort hinten stand schon Moras Haus. Dann ging alles ganz schnell. Diesmal waren es vier Angreifer gleichzeitig. Der eine packte das Mädchen, zwei schnappten sich das Schwein, einer versuchte, sich des Karrens zu bemächtigen. Rinek eilte Agga zur Hilfe, drosch auf ihren Widersacher ein, doch die Banditen hatten möglicherweise schon selbst einmal die Erfahrung gemacht, unsichtbar zu sein, denn sie ließen sich nicht so leicht erschrecken. Stattdessen stürzten sie dorthin, wo sie ihn vermuteten; einer trat ihm das Bein weg, brachte ihn unsanft zu Fall und warf sich auf ihn. Agga kreischte, während Rinek am Boden lag und zappelte.
Ein Schrei ertönte, dann ein weiterer sowie ein heiseres Krächzen, das sich wie » Nimm das!« anhörte. Rinek blinzelte, als er den König mit erhobenem Schwert vor sich stehen sah, während die Räuber, sofern sie noch dazu in der Lage waren, das Weite suchten.
» Ihr habt ein Schwert«, stellte Rinek fest und tastete nach seiner Krücke.
» Könige werden immer mit ihrem Schwert bestattet«, gab Pivellius zurück.
» Wie praktisch.«
» Ja, nicht wahr? Um sich den Weg zur Himmelspforte freizukämpfen – oder habe ich durch mein
Weitere Kostenlose Bücher