Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
wenig Respekt vor meiner Macht gezeigt hast. Kein Geschrei, kein Kampf? Du versuchst ausnahmsweise einmal nicht, mich zu erstechen?«
» Lasst sie gehen«, flehte Linn, » oh bitte, sie hat Euch doch nichts getan. Lasst sie nicht dafür leiden, was ich gemacht oder gesagt habe, bitte!«
» Hast du den Eindruck, dass sie gehen möchte? Bevor sie geheilt ist? Sie ist so voller Hoffnung mitgekommen – möchtest du ihr wirklich zumuten, dass sie abreist, ohne dass ihr dieses Wunder gewährt wird? Sie hat extreme Schmerzen, wusstest du das nicht? Immer noch. Es hört und hört nicht auf, und trotzdem kann sie noch ein bisschen singen. Ich habe ihre Stimme gehört, als ich nach Brina kam. Eine wunderbare Stimme, so zart wie sie selbst. Sie hat die Küche gefegt, langsam wie eine uralte Frau, und dabei gesungen, während der Schmerz ihr die Tränen in die Augen getrieben hat. Eure Mutter wollte sie gar nicht mitkommen lassen, aber wie lange kann jemand Widerstand leisten, der hört, was er hören möchte? Mit einer Stimme, in der die Macht eines ValaNaik mitschwingt?«
» Ist meine Mutter auch hier?«, fragte Linn tonlos.
» Was kümmert es dich, wer alles hier ist und wer dort geblieben ist? Meine Drachen fliegen schnell. Mein Befehl ergeht im Nu, vor allem, wenn ich gereizt bin und die Beherrschung verliere.« Er beugte sich zu ihr vor. » Habe ich dich nicht gewarnt? Habe ich nicht gesagt, ich hätte die Macht, die Welt zu zerstören – deine Welt?«
» Bitte. Oh bitte, bitte nicht Binia!«, flehte sie. » Was wollt Ihr? Was soll ich tun?«
Scharech-Par zuckte die Achseln. » Was kümmert es mich, was du tust?« Er wandte sich zum Gehen.
Linn streckte die Arme aus, sie wollte ihn packen, schütteln, ihn irgendwie bezwingen … aber sie ließ die Hände wieder sinken. Am Fuß der Treppe wandte er sich noch einmal um.
» Gönnst du deiner Schwester nicht, dass sie geheilt wird? Morgen, oben im Sonnenlicht. Es wird der schönste Tag ihres Lebens.«
Schwungvoll stieg er hinauf und holte das Mädchen in dem dunklen Rock und die Zauberin in dem wallenden Umhang bald ein. Linn stand immer noch wie gelähmt da, als sie alle die oberste Stufe erreichten und aus ihrem Blickfeld verschwanden.
» ValaNaik!« Sie rief es, rief es unablässig, während sie durch die Gänge irrte, blind vor Tränen. » ValaNaik, zeig dich endlich!«
» Linnia, halt still. Linnia!«
Sie schüttelte die Hände ab, die nach ihr griffen, und eilte weiter, sie konnte den Ruf nicht aufgeben, bevor sie nicht Gehör gefunden hatte. » ValaNaik! Wo bist du, Drache? Wo seid Ihr, Drachenkönig? Zeigt Euch, oh bitte, bitte, bitte …«
» Linnia!«
Kaltes Wasser klatschte in ihr Gesicht.
» Tut mir leid«, entschuldigte sich Arian, eine Schüssel in den Händen.
Nival legte die Hände an ihre Oberarme und wartete, bis ihr Blick sich klärte, bis sie ihn ansah. » Was ist passiert? Linnia! Rede endlich mit uns! Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen!«
» Keinen Geist«, widersprach sie. » Es ist Binia.«
» Binia? Deine Schwester? Sie kann unmöglich hier sein!«
Linn ließ sich einfach zu Boden sinken; erst da merkte sie, dass sie sich wieder in ihrem Schlafgemach befand. Warum ist der Teppich nass?, dachte sie verwirrt, tastete nach ihren ebenfalls durchnässten Haarsträhnen und blickte schließlich Arian an, der die Brauen runzelte.
» Er hat gesagt, er würde es tun. Ich habe ihm nicht geglaubt. Ich habe nicht gewusst, was ein Drachenkönig tun kann, weißt du? Jetzt erst ist mir klar, was er ist und was er alles vermag. Ich dachte, ich hätte keine Angst. Wir sind hier für Gah Ran, wir sind hier, um einen Ausweg zu finden, jemanden, der stärker ist als Scharech-Par. Aber bis heute wusste ich nicht, dass ich nur diese einzige Hoffnung habe, bevor alles zerbricht. Er wird sie töten, Nival. Er wird sie alle töten. Vielleicht hat er es schon getan? Er war in Brina. Er war in Brina, in der Küche meiner Mutter!«
Nival stöhnte auf.
» Er hat ihr versprochen, sie zu heilen«, sagte Linn. » Ich hätte nie gedacht, wie hübsch Binia ist, wie erwachsen sie geworden ist. In meinen Träumen ist sie immer noch zwölf, sie rennt durch das brennende Dorf … Aber sie ist hier und singt und versteckt sich unter einem Kopftuch. Warum bin ich nicht nach Brina gegangen, als ich mein Talent entdeckt habe? Warum bin ich nicht zurück nach Hause und habe sie geheilt?«
» Du hättest es nicht tun können, ohne einen Drachen«, sagte
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