Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
die Jäger, die etwas Größeres fangen wollen als einen Vogel, der singt. Gibst du mir nicht recht?«
Linn verstummte verwirrt. Sie wandte sich ab und nahm die Maske von ihrem Gesicht. Die leeren Augenhöhlen schienen sie anzustarren. Wieder einmal war sie von der Schönheit dieses Gegenstands fasziniert.
» Wir dachten übrigens alle, du seist tot, mein Freund«, meinte Rinek zu Nival. » Die Überraschung hat Gah Ran für mich aufgespart. Hast du am Ende selbst das Gift zu dir genommen, das den Tod nur vortäuscht?«
» Das ist eine lange Geschichte«, sagte Nival. » Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Linnia? Hörst du mich, oder verstopft der Anblick deines unvergleichlichen Schatzes dir die Ohren?«
Gah Ran kam noch näher, er schien immer langsamer zu werden. Nein, nicht schuldbewusst, sondern fassungslos starrte er sie an.
» Woher hast du das?«, fragte er heiser.
» Was?«, fragte sie trotzig.
» Diese Maske. Sie war verschollen seit Rajas Tod. Sie …«
» Das ist wohl das Einzige, was dich interessiert?«, fuhr sie ihn an.
» Ich erwarte nicht, dass du mir verzeihst«, sagte er. Es war seine Stimme, die sie zur Besinnung brachte. Weich. Er klang sehr verletzlich, und obwohl sie denken wollte: Ich hasse ihn!, vermochte sie es nicht. » Bitte, dies ist sehr wichtig. Hört mir alle zu. Ihr habt die Schuppe gefunden, ihr habt sie weggegeben. Hättet ihr selbst damit zaubern können? Wahrscheinlich nicht. Scharech-Par hat, was er wollte, und ihr seid überflüssig. Jetzt kommt der Zeitpunkt, an dem ich einen Befehl ausführen müsste, der Scharech-Par von meiner grenzenlosen Loyalität überzeugen würde.«
» Davon bin ich schon überzeugt«, sagte sie bitter.
» Linn«, erwiderte er, » ach, Linn … Wenn ich mit deiner Schwester davongeflogen wäre, hätte Scharech-Par den Fluch der Verbannung über mich verhängt. Sofort. Ich wäre abgestürzt.«
Es war nicht einfach, dem Drachen zu verzeihen. Sie wusste nicht einmal, wie sie damit beginnen sollte.
» Du sollst uns also töten?«, fragte Nival.
Gah Rans grimmiges Lächeln war nicht auf seinem Maul sichtbar, aber es schwang in seiner Stimme mit. » So ist es geplant. Ihr wusstet doch, dass es so kommen würde, also tut jetzt nicht überrascht.«
» Dort oben ist alles voller Drachen«, sagte sie. » Sie werden sich auf uns stürzen, falls wir fliehen wollen.«
Rinek grinste wieder. » Das kümmert uns nicht, was, Gah Ran? Wir sollten nur Ojia Ban einen kleinen Vorsprung geben, damit wir die Schuppe nicht in der ganzen Stadt suchen müssen.«
Die Hoffnungslosigkeit, die Linn überfallen hatte, als sie die Schuppe hergegeben hatte, wich einer gespannten Erwartung.
» Ich nehme euch hoch«, kündigte der Drache an. » Rinek, mach dich bereit.«
Linn beobachtete, wie ihr Bruder auf Gah Rans andere Pranke kletterte. Unter seinem langen Mantel verbarg sich ein sehr merkwürdig aussehender Fuß. Doch bevor sie danach fragen konnte, schwang Gah Ran sich schon hoch. Er stieg in die Luft, mitten hinein in den bunten Schwarm der Drachen. Einen Moment lang war um sie her ein Chaos aus Flammen und Gekreisch, dann ging die Welt in einem Blitzgewitter aus Licht und Feuer unter. Gah Ran tauchte aus einer feurigen Wolke hindurch und segelte in raschem Tempo weiter.
» Was war das?«, fragte Nival benommen.
Gah Ran stieß einen schrillen Schlachtruf aus, der wie Gelächter klang. » Dort vorne ist Ojia Ban.« Er wurde schneller, mühelos holte er den blaugrünen Drachen ein.
Sobald Ojia Ban sah, von wem er verfolgt wurde, landete er auf einem schneebedeckten Plateau. Gah Ran ging in einer weißen Wolke aus aufgewirbeltem Schnee neben ihm nieder.
» Ich will keinen Kampf«, rief Ojia Ban. » Ich bin nicht so wahnsinnig, allein gegen dich anzutreten, Gah Ran. Bei SaiHara, was war das über Steinhag? Ich habe Licht gesehen, als wäre ein Stern dort abgestürzt!«
» Ich habe einen Zauberer«, sagte Gah Ran zufrieden. » Einen erstaunlichen Zauberer. Gib mir die Schuppe.« Er entließ die drei Menschen aus seinen Tatzen und machte sich bereit.
Ojia Ban zögerte. » Hältst du das für klug? Was hast du vor? Sie zu benutzen?«
» Natürlich«, sagte Gah Ran. » Dieser Junge hier kann es. Hast du Angst, ich würde ihn darum bitten, dich nicht zu erlösen? Sei unbesorgt. Ich bin zwar nachtragend, aber nicht einmal dir würde ich das verwehren.«
Es hatte eine Zeit gegeben, in der Linn geglaubt hatte, sie könnte nicht weiterleben, wenn sie diesen
Weitere Kostenlose Bücher