Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
üppigen Pelz gehüllt, kam durch den Mittelgang auf sie zu. Erst als er vor ihr stand, erkannte sie Nival. Er reichte ihr ein Kleiderbündel, das, wie eine kurze Inspektion ergab, sogar fellgefütterte Stiefel enthielt.
» Woher hast du das denn bloß?«
Hinter Nival erschien ein Mann mit Spitzbart und grinste. Er knuffte den Gaukler kameradschaftlich in den Rücken und zog ihm die Pelzmütze ins Gesicht.
Am Tisch wartete das Frühstück auf sie beide. Brot und Käse, Milch und Honig.
» Bist du sicher, dass wir am Leben sind?«, fragte Linn, während sie kräftig zulangte. Die Kopfschmerzen waren wie weggeblasen. Auch das war wohl ein Vorteil des ungewohnten Getränks – es hatte keine üblen Nachwirkungen. Deshalb ignorierte sie den gewöhnungsbedürftigen Geschmack der warmen Milch und begegnete dem fragenden Blick des Wirtes mit einem dankbaren Lächeln.
Der Mann wandte sich an Nival und sagte etwas, woraufhin Nival nickte. Sie lachten beide; der Geriner dröhnend, Nival gluckste leise in sich hinein. Linn hatte das Gefühl, dass sie der Gegenstand des Vergnügens war, doch nicht einmal das konnte ihr Wohlbehagen schmälern.
Sie zuckten alle zusammen, als auf einmal von draußen lautes Geschrei ertönte. Der Wirt rief etwas, zu Tode erschrocken, und rannte los, doch Nival war als Erster an der Tür.
Linn beeilte sich, ihnen nachzukommen.
Mitten im Dorf, aufgeplustert wie ein Kampfhahn, hatte Gah Ran sich breitgemacht. Wie ein aufgeschreckter Ameisenhaufen schwärmten die Dorfbewohner durcheinander und versuchten sich in Sicherheit zu bringen, während die wehrhaftesten Männer sich mit eilig zusammengesuchten Waffen formierten.
» Wartet!«, rief Linn. » Gah Ran! Hier sind wir!«
Der Drache schwenkte das Haupt. Lässig wischte er den ersten Angreifer fort. » Wo bei SaiHaras Knochen seid ihr gewesen? Ich dachte schon, ich müsste hier sämtliche Häuser abdecken, um dich zu finden! Und du«, wutschnaubend wandte er sich an Nival, » findest dich wohl sehr schlau, wie?«
» Du hast gesagt, ich soll tun, was ich nicht lassen kann«, verteidigte sich Linn.
» Das habe ich nicht gesagt!«
» Aber so ähnlich. Du wusstest genau, dass wir warme Kleidung brauchen. Also beschwer dich nicht.«
» Du wolltest sie stehlen und zurückkommen!«
» Ich hab sie aber nicht gestohlen!«, schrie Linn zurück.
Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie die Geriner mit offenen Mündern zuhörten. Offenbar hatten sie noch nie erlebt, wie jemand einen Drachen anbrüllte. » Es war ein wunderschöner Abend!«
» Ach. Ohne mich ist es also wunderschön, wie?«
Linn bemühte sich um Fassung. Ein beleidigter Drache war das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte. Sie wandte sich Nival zu, der kein Hehl daraus machte, wie sehr er sich amüsierte.
» Jetzt sag doch auch mal was!« Zu spät fiel ihr ein, dass er das nicht konnte. Sein Lächeln verblasste. Er zog den neuen Mantel enger um die Schultern und marschierte los, aus dem Dorf heraus. Linn wollte ihm nach, aber um nichts in der Welt hätte sie auf ihre neuen Sachen verzichtet. » Ich komme gleich«, erklärte sie dem Drachen, bevor sie in die Gaststube zurückkehrte, wo ihr Bündel lag. Der Wirt wirkte sowohl verblüfft als auch voller Ehrfurcht, als er sie mit Zeichen und Worten bat, die Mahlzeit zu beenden, und ihr sogar einen Korb mit weiteren Lebensmitteln aufdrängte. Eine Frau, der ein Drache zu gehorchen schien, imponierte nicht nur ihm, sondern dem ganzen Dorf, und am Ende war Linn so mit Geschenken beladen, dass sie kaum alles tragen konnte.
7
» Heute habe ich sie auch vermisst«, sagte Gah Ran grimmig. » Deine verdammte Kette. Tu das nie wieder, hörst du? Jage mir nie wieder eine solche Angst ein!«
Linn stapfte neben dem Drachen durch den Schnee und vermied es, sich zu Nival umzudrehen, der mit größerem Abstand hinter ihnen her marschierte. Sie fühlte sich satt und zufrieden, ihr war nicht nach Streiten zumute. Gestern noch hatte Gah Ran sich darüber aufgeregt, dass sie immer wissen wollte, wo Nival steckte, und jetzt wünschte er sich selbst, sie Tag und Nacht überwachen zu können.
» Ich würde sowieso nicht wollen, dass du mich beobachtest. Außerdem …« Sie blieb stehen, als ihr ein Gedanke kam. » Was ist mit Chamija? Du kannst doch alles mitverfolgen, was sie tut. Ist das etwa nichts?«
» Ich sehe gar nicht hin«, knurrte der Drache. » Wozu? Sie ist in Lanhannat, und wir sind hier, davon abgesehen kann ich sie nicht
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