Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
ihr Handeln, nicht ihre Gefühle. Vielleicht, überlegte er, hatten sie aber auch von sich aus beschlossen, dass die Stadt unbedingt eine starke Führung brauchte, und fürchteten, dass in einer Zeit, in der alles brannte, ein Zwist der edlen Familien um die Thronfolge nur alles verschlimmert hätte.
Rinek verbarg sich hinter einer der Säulen, die das mächtige Gewölbe trugen, und umklammerte sein Messer fester. Die Fürsten wurden unruhig, und auch er merkte, wie er schwitzte. Bei Arajas, nun hing alles an ihm.
Was, wenn Chamija wusste, dass er hier war? Wenn sie jeden seiner Schritte kannte, ihn erwartete, wenn sie gleich die Wachen nach ihm ausschickte? Ihm war, als könnte er den Atem der Häscher schon im Nacken spüren.
Da kam sie. In einem langen Kleid mit einer wallenden Schleppe. Die Menge, so schwer es auch für jeden einzelnen Adligen sein musste, die eigene Hoffnung auf den Thron zu begraben, stieß Rufe der Bewunderung aus, als die Zauberin gemessenen Schrittes durch den Gang marschierte. Sie wirkte unglaublich jung, fast kindlich. Das schöne Gesicht von goldenen Locken umrahmt, den unvermeidlichen weißen Pelz um die Schultern, die blauen Augen voller Wärme und Freude, als wäre die Stadt da draußen nicht schon halb verloren, sondern als wäre dies der Beginn eines neuen, wunderbaren Zeitalters. Fast hätte Rinek ihr geglaubt.
» Kniet nieder, Prinzessin Chamija«, leierte einer der Fürsten, dessen Gewand prachtvoller war als seine Stimme.
Einer der Männer trat vor, er brachte ein Kissen, auf dem eine Krone lag.
Der nächste trug das Zepter, das Prinz Arian gehört hatte.
Der vierte Fürst entfaltete ein ungewöhnliches Kleid – nein, einen Umhang. Rinek schnappte nach Luft, als er die magische Drachenseide erkannte. Das Stück war hier!
» Bitte legt den Pelz ab«, sagte der Sprecher. » Als Erstes kleiden wir Euch in die Würde des Königshauses von Schenn.«
Als Tijoanerin wusste Chamija nichts davon, dass dieser Teil des Rituals nicht dazugehörte. Rinek warf einen Blick in die Menge; ihm entging nicht, dass mehrere Leute äußerst verblüfft reagierten. Er umklammerte sein Messer und machte sich bereit.
Die Zauberin hakte den Verschluss auf und ließ das weiße Fell zu Boden gleiten. An ihrem Hals wurde eine silberne Kette sichtbar, die drei Steine einfasste – zwei rote und in der Mitte einen großen grünen Edelstein. Unwillkürlich hob Chamija die Hand, um sie schützend darüberzulegen.
Da drapierte der Fürst den Seidenumhang um ihre Schultern. Sie ächzte auf, während er ihn mit einer Schnalle vor ihrer Brust schloss, und öffnete mühsam den Mund. Nur ein heiseres Krächzen kam heraus. » Nehmt … das … weg!«
Jetzt war die Zeit! Rinek sprang aus seinem Versteck. Er drängte die Fürsten zur Seite, die aufgeregt die Hälse reckten, um zu sehen, was los war, stieß eine Bank um und landete auf einmal in den Armen zweier Wachen, die sich erschreckend schnell auf ihn stürzten.
» Das ist Iranas Stein! Das ist von ihrer Kette!« Die Stimme des Königs hallte durch den Saal. Ungläubig sah Rinek zu, wie Chamija nach vorne fiel, als etwas an ihrem Hals riss. » Gib das her!«
Chamija lachte. » Sie wurde mir freiwillig gegeben. Du kannst sie mir nicht abnehmen, wenn du auch nur einen Funken Magie in dir trägst.«
Die körperlose Stimme ertönte wieder. » Stirb, Elende!«
Das hübsche Mädchen wand sich am Boden. Rinek konnte nichts sehen, nur einmal hörte er einen klirrenden Aufprall, wie von einem Schwert auf Stein.
Pivellius versuchte, seine Widersacherin zu töten – aber er wusste nicht, dass er ihr Herz treffen musste!
Rinek kämpfte gegen die Soldaten. Ein Aufschrei aus Hunderten von Kehlen ertönte. » Ein Geist! Chamija ist verflucht, der tote König selbst ist hier!«
Panik ergriff die Zuschauer, sie drängten nach draußen, da erscholl vom Tor ein weiterer Schrei.
» Drachen! Drachen über der Stadt!«
Die Soldaten wurden mit ihrem Gefangenen mitgerissen, aber Rinek kämpfte immer noch gegen sie. Es war, als müsste er gegen eine reißende Strömung ankommen, um den Thron zu erreichen. Normalerweise wäre er die Wächter recht schnell losgeworden, doch heute kam er nicht gegen ihre Kraft an. War sie magisch verstärkt? Das seltsame Funkeln in ihren Augen, das sie eher träumend aussehen ließ als wach und entschlossen, brachte ihn auf diesen Gedanken. Das fehlte noch, dass er sich mit Soldaten prügeln musste, die unter einem Zauberbann standen.
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