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Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes

Titel: Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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sein, und überlegte, dass ihr das sehr viel mehr gab als das, was sie im Zusammenleben mit Livon verspürt hatte. Sie und der Alte, wie sie ihn gerne genannt hatte, waren eigentlich keine richtige Familie gewesen, sondern eher zwei Versprengte, die das Schicksal zusammengeführt hatte, damit sie sich das Leben leichter machten. Gewiss, sie waren sich sehr verbunden gewesen, doch hatte er ihr nie das geben können, was sie bei Eleusi und ihrem Sohn erlebte. In ihrer Kindheit hatte sie nie jenen Frieden, jene Geborgenheit verspürt, die man zwischen diesen vier Wänden hier atmete. Sie wunderte sich, dass ihr das früher nie aufgefallen war. Aber nun wurde sie dafür entschädigt, nun bekam sie das zurück, was man ihr genommen hatte: Das Leben bei Eleusi und Jona bedeutete eine zweite Chance für sie.
    Bevor ihr die Augen zufielen, malte sie sich aus, wie es wäre, für immer in diesem kleinen gelben Haus wohnen zu bleiben.
    An der Wand lehnend, begann ihr Schwert langsam einzustauben.
    Am Morgen half sie im Haushalt mit: Zwar ging ihr, was Hausarbeiten betraf, immer noch allerhand daneben, aber sie war beseelt von einem unbändigen Willen zu lernen, und deshalb hielt sie sich häufig in Eleusis Nähe auf, wenn diese mit ihren täglichen Verrichtungen beschäftigt war, und versuchte, sich irgendwie nützlich zu machen. Unter anderem lernte sie kochen. Ihrem ersten fehlgeschlagenen Versuch beim Brotbacken zum Trotz stellte sie fest, dass ihr das richtig Spaß machte. Und nicht nur das, sie besaß auch durchaus Talent, weil sie sich ganz von ihrem Instinkt leiten ließ, und was sie auf den Tisch brachte, schmeckte allen.
    Vor allem aber kümmerte sie sich um den Gemüsegarten. Durch das jahrelange Fechttraining war sie stark geworden, und es machte ihr Spaß, Kraft und Ausdauer nun jenem Fleckchen Erde zugute kommen zu lassen, das ihre tägliche Nahrung hervorbrachte.
    Abends saßen sie zusammen, und Jona erzählte ihnen von seinem Tag, was er bei dem Weisen gelernt und mit seinen Freunden angestellt hatte. Nihal hörte zu und dachte an nichts.
    Sie trauerte nicht mehr um Livon, hatte Soana in einem entlegenen Winkel ihres Gedächtnisses abgelegt, und sogar Fens Gesichtszüge begannen für sie allmählich zu verschwimmen. Nur Sennar blieb ihr weiterhin in lebhafter, stets gegenwärtiger Erinnerung, einer Erinnerung, die schmerzte. Sie versuchte, auch ihn aus ihrem Gedächtnis zu tilgen, doch im Grunde wusste sie, dass sie, was ihren Freund anging, früher oder später mit sich ins Reine kommen musste.
    Der Winter war streng, und das Brennholz wurde allmählich knapp. Es musste neues geschlagen werden, und Eleusi bat Nihal, sich darum zu kümmern: »Ich kann nicht gut mit der Axt umgehen«, erklärte sie, »und früher hat sich auch immer mein Mann darum gekümmert ...«
    Nihal war gerne dazu bereit. »Keine Sorge, das macht mir doch Spaß. Pass auf, ich nehme auch Jona mit, so machen wir uns einen schönen Tag im Wald.« Nihal und Jona streunten häufiger gemeinsam durch den Wald, spielten miteinander, erzählten sich Geschichten und spazierten einfach ein wenig herum. Jona bewunderte sie. Eine Frau, die kämpfen konnte, war für ihn das höchste der Gefühle: Üblicherweise gingen ihm die Mädchen eher auf die Nerven mit ihrem ständigen Gejammer und ihrem feinen Getue, doch Nihal war ganz anders. Ihr machte es Spaß, sich im Schnee zu wälzen, sie wurde es nie leid, ihm zuzuhören, und sie war so stark wie ein Mann. Und Jona zeigte sich gerne mit ihr vor seinen Freunden und erzählte voller Stolz, dass sieein Soldat sei.
    Nihal hingegen sah sich in Jona selbst als Kind wieder. Und seine Gesellschaft stimmte sie froh: Sie liebte das kindliche Vertrauen, mit dem er alle Dinge betrachtete, es machte ihr Vergnügen, mit ihm zu spielen oder ihn mit einem kleinen Zauber zum Staunen zu bringen. Einige Male ließ sie sich sogar darauf ein, mit einem Holzschwert gegen ihn zu kämpfen, doch als er sie bat, ihm doch ein paar Geschichten aus dem Krieg zu erzählen, wich sie aus und gab vor, sich nicht erinnern zu können.
    An jenem Morgen packten sie sich warm ein und machten sich beizeiten auf den Weg in den Wald. Sie wanderten nebeneinander her und trällerten dabei das Liedchen, das Jona Nihal beigebracht hatte. Die lange Axt in Nihals Händen schleifte hinter ihnen am Boden und zeichnete eine lange Schlangenlinie in den Schnee.
    Als sie die Lichtung erreichten, bei der sie sich zum ersten Mal begegnet waren, erblickte Nihal

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