Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
musst«, erklärte sie und stellte alle Zutaten vor sie auf den Tisch.
Es wurde ein echtes Desaster: Nihal stäubte sich von Kopf bis Fuß mit Mehl ein, kippte einen Krug mit Wasser um, das den Boden überschwemmte, und der Teig wurde krümelig und ging kaum auf.
Eleusi redete ihr zu, ihn dennoch in den Ofen zu schieben. Das Ergebnis war ein flaches, hartes Brot, das widerlich nach Hefe schmeckte, aber die beiden Frauen hatten sich beim Backen köstlich amüsiert. Sie waren gerne zusammen: Nihal kostete von der Normalität, die ihr immer gefehlt hatte, und Eleusi war nicht mehr allein. Eines Morgens beschlossen sie, sich alle drei gemeinsam, Nihal, Eleusi und Jona, zum Markt aufzumachen. Nihal ließ es sich aber nicht nehmen, sich zuvor noch gut zu vermummen.
Sie lieh sich einen Schal, wickelte ihn sich so sorgfältig um den Kopf, dass nicht die kleinste Haarsträhne hervorschaute und zog ihn so fest, dass auch von den spitzen Ohren nichts zu erkennen war. Dann betrachtete sie sich im Spiegel. Nicht schlecht, Nihal. Nicht schlecht. Seit jenem Tag, als sie sich so lange im Spiegel angeschaut hatte, hatte sie Gefallen daran gefunden und ertappte sich häufig dabei, dass sie im Vorbeigehen einen Blick hineinwarf: Sie hatte sich immer noch nicht ganz daran gewöhnt, wie weiblich sie in diesem Kleid ausschauen konnte.
Und so stapften die drei bald darauf zusammen durch den Schnee. Jona war furchtbar aufgeregt: Für ihn war der Markttag immer auch ein Festtag, obwohl dort, in diesen Kriegszeiten, das Angebot recht bescheiden war.
»In meiner Kindheit«, erzählte Eleusi, »war die Front noch weit entfernt und der Markt wunderschön: Händler aus anderen Ländern kamen angereist, die Luft im Dorf war erfüllt vom Duft der Gewürze, und selbst im Winter wurden Waren zuhauf feilgeboten: Stoffe, Früchte, Gemüse, kleine Tiere in Käfigen ... Schade, dass du ihn so nicht mehr zu sehen bekommst ...« Die Frau seufzte.
Nihal antwortete nicht. Sie war nervös und hatte beim Gehen den Kopf gesenkt. »He, was ist denn mir dir los?«, wollte die Freundin wissen.
»Ach, gar nichts. Aber vielleicht hätte ich doch lieber zu Hause bleiben sollen ...« »Mach dir doch keine Gedanken«, beruhigte Eleusi sie, »und versuch einfach, ein wenig Spaß zu haben. Dort wird dich niemand beachten.«
Eine Weile gingen sie schweigend dahin, bis Nihal irgendwann ein unterdrücktes Lachen in ihrem Rücken vernahm. Sie drehte sich um. Eleusi war sofort wieder ernst, doch auf ihren Lippen war noch etwas von ihrer Belustigung wahrzunehmen. Nihal blickte sie fragend an.
»Sei mir nicht bös. Es ist nur ..., also du hast wirklich einen Gang wie ein Mann.«
Nihal blieb stehen. »Wie meinst du das?«
»Ja, du läufst richtig im Marschschritt ...«
»In der Armee marschieren eben alle so«, gab Nihal ein wenig eingeschnappt zurück. »Ja, gewiss, es war ja auch nicht böse gemeint. Es sieht nur so lustig aus.« Kurz darauf ließ sich Nihal von den beiden anderen überholen und ging jetzt am Schluss der kleinen Karawane. Dabei beobachtete sie aufmerksam Eleusis Gang, doch fiel ihr gar nichts auf, was diesen von ihrer Art zu gehen unterschieden hätte. Wie bewegte sich denn nun eine richtige Frau?
»Eleusi, warte mal, erklär mir doch, wieso mein Gang lustig aussieht?« »Nun, du schreitest mit großen, entschlossenen Schritten einher. Und zudem wiegst du dich überhaupt nicht in den Hüften! Hat dir deine Mutter nicht erzählt, dass Jungs das mögen?«, scherzte Eleusi.
Nihals Miene verfinsterte sich. »Meine Mutter habe ich nie kennen gelernt. Mich hat ein Waffenschmied großgezogen.«
Eleusi schalt sich selbst einen Tölpel und ging schweigend weiter.
Als sie ins Dorf gelangten, war es um Nihals Ruhe gänzlich geschehen. Überall drängten sich die Menschen, und ihr wurde fast schwindelig davon. Sie fühlte sich zurückversetzt nach Salazar, ins Gewimmel der Turmstadt damals, als von überall her Lärm, Stimmen, Lachen widerhallte. Und die Sehnsucht trieb ihr Spiel mit ihr. Ihr war, als erkenne sie in jener anonymen Menge bekannte Gesichter aus ihrer Heimatstadt: die Nachbarn, die Kinder, mit denen sie gespielt hatte, die Händler in ihren Läden und Werkstätten. Einmal glaubte sie sogar, Sennar in der Menge zu erblicken, in seinem flatternden Gewand und ohne die Schnittwunde auf der Wange. Wie betäubt schloss sie die Augen.
»Warum dreht ihr nicht eine Runde über den Markt, während ich die Stoffe verkaufe? Wir treffen uns dann in einer
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