Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
hier. Ich heiße Nihal und komme aus Salazar und bin hier, weil ich Zauberin werden will. Dazu muss ich eine Prüfung bestehen.«
»Ach so«, antwortete Phos, so als wisse er nun Bescheid. »Du gehörst zu Soana.« Bei er Erwähnung dieses Namens erhob sich ein allgemeines beifälliges Gemurmel. »Dann bist du ja eine Freundin. Ein guter Mensch, diese Soana. Ich muss gestehen, wir haben uns schon etwas erschrocken, als wir dich sahen. Zudem hast du gestern Abend solch einen Radau gemacht!«
Mit einer Pirouette kam Phos ganz dicht an Nihals Ohr heran. »Viele von uns sind den Verfolgungen des Tyrannen nur knapp entronnen und trauen so leicht niemandem mehr.«
Nihal begann dieser Kobold zu gefallen. Er war drollig und behandelte sie, als würden sie sich schon seit Ewigkeiten kennen. »Hör mal, ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich bin vollkommen ausgehungert. Ich habe was zu essen dabei. Vielleicht habt ihr, du und deine Freunde, Lust, mit mir zu frühstücken.«
Phos und die Seinen ließen sich nicht lange bitten. Und bald hallte die Lichtung von fröhlichem Gewisper und Gelächter der Kobolde wider, die Nihal umflogen und sich artig für die Einladung bedankten. Das Mädchen ließ Phos auf ihrem Knie Platz nehmen.
»Du bist also der Anführer aller Kobolde?«
»Nun, nicht aller. Aber der aus dem Bannwald schon. Weißt du, unsere Gemeinschaft ist die größte der Aufgetauchten Welt. Leider werden heutzutage immer mehr Wälder gerodet, und so kommt es, dass viele unserer Artgenossen sterben oder gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen.«
»Warum lebt ihr denn überhaupt so allein im Wald?«
»Machst du Witze? Wir sind praktisch eins mit dem Wald. Ein Kobold ohne Wald ist wie ein Fisch auf dem Trockenen. Manch einer von uns hat den Versuch gewagt, anderswo zu leben, auch unter Menschen, aber es ging nicht, nach und nach sind sie ... ja, richtig verwelkt. Und zum Schluss starben sie, denn ohne den Anblick der Wälder und den Duft der Bäume können wir nicht überleben. Schließlich gibt es nichts Herrlicheres als einen Wald. Im Winter tollen wir herum im kahlen Geäst und singen den Tieren im Winterschlaf ihr Schlaflied. In der schönen Jahreszeit genießen wir den Schatten des Laubes und nehmen ein Bad im Sommergewitter.«
»Ja, ich verstehe, das ist schon ein schöner Ort«, warf Nihal ein.
Phos' Augen wurden traurig und er ließ die Ohren hängen wie ein geprügelter Hund. »Ja schon, aber wer weiß, wie lange noch. Der Tyrann erobert Land um Land und zerstört dort die Wälder, um Material für sein Kriegsgerät zu beschaffen. Und seine Kreaturen, diese vermaledeiten Fammin, hassen uns. Viele Kobolde wurden ergriffen und gezwungen, den Hanswurst für sie zu machen. Ein trauriges Ende. Wir müssen frei sein, so frei wie der Wind, und dazu brauchen wir nicht mehr als ein wenig Grün, um darin zu leben.«
»Wie gut ich dich verstehe! Auch ich möchte frei sein, fliegen, von Abenteuer zu Abenteuer ...«
Nihal richtete sich ruckartig auf. »Pass auf, ich sag dir was. Ich bin ein Krieger — oder besser, ich werde einer — und wenn es soweit ist, werde ich gegen den Tyrannen kämpfen. Ich will der Beschützer aller Kobolde sein und schließe mich einem Heer an, das euch aus dieser Sklaverei erlöst, damit ihr wieder frei in den Wäldern leben könnt.«
Phos blickte sie resigniert an. »Das wäre schön, doch die Welt, wie wir sie kennen, verschwindet mehr und mehr. Wir können nicht mehr tun, als uns hier zu verkriechen und zu hoffen, dass wir hier unbehelligt bleiben.«
Mit übereinander geschlagenen Beinen auf Nihals Knie sitzend, blickte Phos in die Ferne, und in seinen Augen spiegelten sich die mächtigen Bäume des Großen Waldes wider. Auf seltsame Weise fühlte sich Nihal diesem bedrohten Volk sehr nahe. Einen Augenblick lang war ihr, als weinten ihre inneren Stimmen im Einklang mit dem wehen Herzen des Kobolds.
»Vielleicht hast du Recht. Aber das Böse wird nicht für immer herrschen. In der Zukunft wird es mit Sicherheit einen Platz für dein Volk geben.«
Phos lächelte sie an, und einen Augenblick später war er wieder so leutselig und fröhlich, als wenn es dieses Gespräch nie gegeben hätte. »Nun, warum, sagtest du, bist du hier? Eine Prüfung ...?«
»Ja, Soana meinte, ich müsse in Kontakt treten mit der Natur und es schaffen, dass sie zu mir spricht.«
»Was soll das heißen, in Kontakt mit ihr treten?«
»Nun, in sich zu spüren, wie sie tief im eigenen Herzen pulsiert
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