Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
den Tyrannen, als alle freien Länder ihre Heere zu einer großen Armee vereinten, stehen die Drachenritter als Generäle und Kommandanten dieser Streitkräfte meistens in vorderster Front, wobei sie allerdings dem Rat der Magier verantwortlich sind. Das ist alles, was ich über sie weiß. Aber darf ich dir noch einen Rat geben? An deiner Stelle würde ich nicht zu viel an Fen denken ...«
Doch diese letzten Worte waren in den Wind gesprochen.
Nihal hatte sich erneut im Bild des Drachenritters Fen verloren.
7. Im Land des Wassers
Erst langsam gerieten sie ins Staunen. Sie hatten bereits etliche Meilen im Land des Wassers zurückgelegt, aber die Landschaft war unverändert geblieben: weiterhin Steppe, vielleicht etwas grüner als jene, die Salazar umgab, aber dennoch nicht viel anders, als sie sie kannten, endlos, flach wie ein Ozean aus Gras.
Dann irgendwann fielen ihnen mehr und mehr Bäche auf. Wie Blut, das langsam aus einer Wunde rinnt, schienen sie der Erde zu entspringen. Zunächst waren es tatsächlich nur Bächlein, nicht breiter als ein Arm und nicht sehr tief, doch bald schon verbreiterten sie sich zu stattlichen Wasserläufen, schwollen mächtig an und strömten in großen Flüssen zusammen.
Mehr und mehr beherrschte Wasser das Bild der Landschaft: Überall waren Flüsse, klare Quellen und wiederum schmale Bäche, die die Erde wie laufende Tränen durchfurchten. Die Wasserläufe schienen wie aus Kristall, Fische in allen Farben tummelten sich zwischen den Binsen, und lange Algen bogen sich in der sanften Strömung. Das Gras war nun so sattgrün, dass es fast blendete. Dies war das Reich des Grüns und des Wassers: Alles wirkte rein, die Erde von unzähligen Wasserläufen gewaschen und verziert mit tausenderlei Bäumen.
Mit großen Augen blickte sich Nihal um. Ihr fiel das Bild wieder ein, das sie auf der Lichtung im Bannwald überkommen hatte: Vielleicht war dies das Land, in dem sich die Geister der Natur in ihrer größten Herrlichkeit entfalteten, mit Wäldern, die sich bis ins Unendliche ausbreiteten.
»Mach den Mund wieder zu, Nihal«, foppte Sennar sie, aber auch er selbst war beeindruckt von der Pracht dieser Natur.
Nach und nach tauchten auch die ersten Dörfer auf: Sie erhoben sich auf Inselchen inmitten der Wasserläufe und erstreckten sich teilweise mit Pfahlbauten bis weit in die Flüsse hinein. Alles wirkte so, als habe hier der Mensch einen Weg gefunden, so harmonisch wie möglich mit der üppigsten Natur zusammenzuleben.
Die Naturwunder wollten kein Ende nehmen, doch das Beste stand den beiden erst noch bevor. Denn nach einem halben Tagesritt gelangten sie zu dem prächtigsten Palast, den sie je gesehen hatten.
Es handelte sich um eine trutzige Burg, aus mächtigen Quadersteinen errichtet, die sich am Rande eines tosenden Wasserfalls erhob. Das Wasser floss über ihr Strebewerk und teilte sich dann in unzählige Bäche, die in rasender Geschwindigkeit einem Abgrund entgegen strömten und sich dort bestimmt sechzig Ellen tief hinabstürzten, um schließlich in einen tiefblauen See einzumünden. Der Haupteingang befand sich genau über dem Wasserfall. Und dort, vor dem Palast, wurden sie schon von Fen und Soana erwartet.
Einige Pagen hießen die Besucher willkommen und geleiteten sie in ihre Kammern, die nebeneinander hoch über dem Wasserfall lagen.
Der Ausblick vom Fenster verschlug einem dem Atem: Nihal fragte sich, ob das, was sie dort unter sich sah, wirklich der See war oder etwa der Himmel, der sich, aus einer Laune der Götter heraus, umgedreht hatte und auf die Erde hinab gesunken war. So stand sie ganz verzaubert da, bis Soana an ihre Tür klopfte, und ihr sagte, die Herrscher im Land des Wassers seien nun bereit, sie zu empfangen.
Soana führte Sennar und Nihal ins Herz des Palastes, in einen vollkommen runden Saal mit einem wie eine Halbkugel geformten Glasdach, über das die Wasser des Wasserfalls strömten.
Sie kamen sich vor wie in einer anderen Welt. Die Köpfe in den Nacken gelegt, wurden Sennar und Nihal nicht müde, dem Lauf der Wasserströme zu folgen, die die Umrisse der Dinge draußen verformten und neu entwarfen, so dass sie fast zusammenschraken, als Galla und Astrea ihren Einzug in den Saal hielten.
Nihal hatte noch nie eine Wassernymphe gesehen. Astrea bewegte sich wie auf den Schwingen einer leichten Brise und schien den Erdboden gar nicht zu berühren: Sie war barfuß und ihr schmaler Körper von einem hauchdünnen Gewand umhüllt. Ihr Haar war
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