Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
umsorgt.
Manchmal unterhielten sie sich auch. Um Worte ringend, erzählte er ihr unter Tränen von furchtbaren Gräueln, die jenen ganz ähnlich waren, die Nihal in ihren Träumen erlebte. Und sie ließ sich darauf ein, gestand ihm ihrerseits ihre Ängste und ihr Verlangen nach Rache. Sie hatte den Eindruck, dass Malerba, trotz seiner geistigen Beschränkungen, ihren Schmerz und dieses Gefühl der Entwurzelung, das sie quälte, mit dem Herzen sehr gut verstand. Zudem schaffte sie es gar nicht mehr, all ihr Leid für sich zu behalten.
Auch Laios Gesellschaft war wichtig geworden. Sie empfand es als beruhigend, jemanden neben sich zu wissen, der ihr jederzeit zuhörte und sie in den düstersten Augenblicken trösten konnte.
Die Zeit der Ausbildung und die strenge Disziplin in der Anstalt hatten den Jungen nicht verändert. Laio war immer noch ein Kind, das mit weit aufgerissenen Augen in eine Zukunft blickte, die er sich in den schönsten Farben ausmalte. Seine Nähe erinnerte Nihal an die glücklichen Tage damals in Salazar, als sie noch mit Livon zusammenlebte. Sie bildeten ein seltsames Gespann: sie, der begabteste Schüler der ganzen Einrichtung, und er, der schwächste und untalentierteste. Aber man sah sie ständig zusammen. Einmal im Monat schaute, sehr verlässlich, auch Sennar in der Akademie vorbei. Einige Male hatte sich ihm Fen angeschlossen, was jedes Mal Nihals weiblichste Seite wachrief, und so schwelgte sie dann in den Gefühlen ihrer ewigen, unglücklichen Liebe.
Der Drachenritter war stolz auf sie: Je mehr Zeit verging, desto klarer wurde ihm, dass sie zu großen Taten bestimmt war.
Wenn die Hauptarena leer war, kreuzten sie auch mal die Klingen, was sich dann über Stunden hinziehen konnte. Nihal dürstete danach, in seiner Nähe zu sein, und ihm bereitete es ein ungewöhnliches Vergnügen, sich mit diesem Mädchen zu messen. Ein Jahr war vergangen, seit Nihal die Pforte der Akademie des Drachenordens im Land der Sonne durchschritten hatte.
Mittlerweile beherrschte sie ziemlich perfekt alle Waffen, an denen sie sich versucht hatte, und im Schwertkampf war sie allen Gefährten meilenweit voraus.
Sogar Raven musste klein beigeben, angesichts der Urteile der verschiedenen Lehrer, die schworen, einen solchen Krieger erlebe man nicht alle Tage, und es sei angeraten, sie so bald wie möglich ihre erste Schlacht schlagen zu lassen.
Früher als eigentlich im Ausbildungsplan vorgesehen, war Nihal nun soweit. Ihre wichtigste Prüfung stand bevor: der Kampf auf dem Schlachtfeld.
15. Endlich in der Schlacht
Insgesamt waren sie rund dreißig Soldaten. Sie würden noch in kleinere Gruppen aufgeteilt und den verstreut an den verschiedenen Frontabschnitten stationierten Trupps zugewiesen werden.
Jedes Grüppchen würde unter dem direkten Kommando eines Veteranen stehen, dem die Aufgabe zukam, ihr Verhalten auf dem Schlachtfeld zu beurteilen und jene, die in die Klemme gerieten, wieder herauszuhauen.
Um dies zu erleichtern, sollten sie alle Westen in grellen Farben tragen, an denen sie sogleich als Schüler der Akademie erkennbar wären.
Jetzt, vor der entscheidenden Prüfung, liefen die letzten Vorbereitungen auf Hochtouren.
Schon im ersten Morgengrauen versammelten sich die angehenden Ritter in der Arena und gingen noch einmal alles durch, was sie gelernt hatten, vertieften die Kampftechniken mit jeder einzelnen Waffe, korrigierten die kleinsten Fehler und arbeiteten emsig am Auftreten, das in der Schlacht von ihnen erwartet wurde. Wenn die Sonne unterging, waren sie mit ihren Kräften am Ende. Alle, bis auf Nihal. Allein in ihrer Kammer, drehte sie sich unter den Bettdecken von der einen auf die andere Seite und konnte nicht einschlafen. Mit ihren Gedanken war sie schon ganz im Krieg.
Endlich würde ihr Traum Wirklichkeit werden, endlich würde sie ihren Teil zur Vernichtung des Tyrannen beitragen können. Sie konnte noch kaum glauben, dass sie es nun tatsächlich so weit gebracht hatte. Und sie brannte darauf, endlich zu den Waffen zu greifen. Denn es kam ihr so vor, als würde ihr Leben erst in jener bevorstehenden Schlacht seinen wahren Sinn erhalten. Im Kampf würde sie sich endlich von der Schuld befreien können, als Einzige die Auslöschung ihres Volkes überlebt zu haben, von der Schuld, Livon nicht genug geliebt und seinen Tod zugelassen zu haben. Sie zählte die Tage.
Nicht alle teilten ihre freudige Erwartung.
Auf Druck seines Vaters war auch Laio zu der Prüfung zugelassen worden,
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