Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
ein wenig älter war als sie selbst.
»Zunächst einmal sollst du deinen neuen Lehrer kennen lernen, jenen Drachenritter, mit dem du von nun an leben wirst. Er wird dich in allem unterrichten, unter anderem auch darin, wie man mit einem Drachen umgeht.«
»Aber eigentlich sind doch die Drachenritter, die nicht an der Front im Einsatz sind, in der Akademie tätig, oder?«
»Ganz recht. Jene, die nicht an der Front sind. Aber nicht alle Schüler werden einem Drachenritter abseits des Kriegsgeschehens zugewiesen. Gerade seit der Schlacht von Therorn haben wir in der Akademie nicht mehr genügend Lehrer, weil viele zur Front einberufen wurden.«
Nihal und ihr Begleiter gelangten zu den Ställen, bestiegen zwei Pferde und brachen auf.
Sie durchquerten das Land der Sonne südwärts. Nihals Begleiter liebte offensichtlich die wilde Hatz zu Pferd. Mit verhängten Zügeln galoppierten sie lange durch ein großes Waldgebiet. Ihr selbst lag weder etwas am rasanten Reiten noch an der Landschaft, durch die sie kamen: Wälder hatte sie schon zur Genüge gesehen, und Reiten konnte sie nur noch dann begeistern, wenn es auf dem Rücken eines Drachen geschah. Sie überlegte, dass es letztendlich ein großer Vorteil war, dass ihr neuer Lehrer an der Front im Kampf stand: So würde sie wahrscheinlich eher selbst wieder Gelegenheit bekommen, in die Schlacht zu ziehen. Nichts anderes wünschte sie sich.
Nach einem halben Tagesritt rasteten sie: Die Tiere waren erschöpft und das Ziel noch weit. An einem Bachufer ließen sie sich nieder, um etwas zu essen, und die Mahlzeit machte ihren Begleiter gesprächig.
»Du bist doch die Halbelfe, die in der letzten Schlacht so viele Fammin niedergemacht hat, oder?«
Nihal verspürte keinerlei Lust zur Unterhaltung und blickte unverwandt auf ihre Essensration.
»Hast du deine Zunge verschluckt?«
Das Mädchen erhob sich. »Sei mir nicht bös, aber ich muss mir ein wenig die Beine vertreten.«
»Tu nur, was du nicht lassen kannst«, murmelte der Junge vor sich hin. Nihal begann, ein wenig durch den Wald zu streifen.
Seitdem sie das Land des Windes verlassen hatte, war es nun das erste Mal, dass sie wieder in einem Wald spazierte: Der Herbst färbte schon die Blätter an den Bäumen, und es kam ihr nun doch alles wunderschön vor. Sie stapfte durch den Laubteppich am Boden und nahm ganz bewusst wahr, wie weich er sich anfühlte. Wie herrlich wäre es gewesen, sich in diesem Blättermeer zu tummeln, wieder ganz in die Natur einzugehen ...
Plötzlich ein Geräusch. Ruckartig drehte sie sich um. Etwas bewegte sich zwischen den Zweigen. Lautlos zog sie ihr Schwert, schlich an ein Gebüsch heran und hieb entschlossen hinein.
Ein erschrockener Kobold sprang hervor.
»He! Was ist in dich gefahren? Willst du mich umbringen? Euch Fechter könnte ich alle ...« Der Kobold brach ab. »Nihal?«
»Phos!«
Voller Freude begann Phos, um sie herumzuhüpfen, zujubeln und ihren Namen zu rufen. Nihal lächelte ihn an, doch nach ein paar Purzelbäumen hielt der Kobold plötzlich inne und blickte ihr in die Augen. »Was ist mir dir los?«
»Gar nichts.«
»Ach was, man sieht doch auf eine Meile, dass es dir schlecht geht.«
Nihal setzte sich auf einen Baumstumpf.
»Was machst du denn im Land der Sonne, Phos?«
Der Kobold hüpfte ihr in den Schoß. »Ach, im Land des Wassers haben wir es nicht mehr ausgehalten. Diese dummen Nymphen haben uns doch die ganze Zeit nur herumkommandiert! Da haben wir irgendwann unser Bündel geschnürt und sind fort.« »Es ist schön hier.«
»Das haben wir uns auch gesagt. Die Natur ist üppig und lebendig, und sogar einen Baum wie den Vater des Waldes gibt es hier, dafür aber keine hochnäsigen Nymphen. Dann aber ...«
»Was dann ...?«
»Dann fingen hier die Soldaten an, uns zu fangen und als Spione einzusetzen. Anfangs sind einige von uns ja noch freiwillig in die Armee eingetreten. Sie wollten einfach helfen, verstehst du? Doch als die Offiziere dann merkten, wie gut wir zu gebrauchen sind, stellten sie uns gezielt nach. Deswegen bin ich jetzt auch auf dem Weg nach Makrat. Ich will vor dem Rat der Magier sprechen. Es ist nicht recht, dass wir Kobolde dort gar keine Stimme haben.«
Nihal hörte zu, schaffte es aber nicht, sich wirklich betroffen zu fühlen. Sie kam sich taub vor, so als seien alle Emotionen von ihr abgefallen.
»Sennar ist dort Mitglied, wende dich an ihn. In diesen Tagen bereitet er seine Abreise ins Land des Windes vor, doch wenn du dich
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