Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
Oarf augenblicklich in die Lüfte.
Auf geradem Weg flogen sie zu dem Turm im Zentrum des feindlichen Lagers. Fieberte Nihal einerseits einem Kampf geradezu entgegen, so hegte sie andererseits die eigentlich unmögliche Hoffnung, Dola überraschen und ohne Zweikampf gefangen nehmen zu können. Ein mächtiger Schwanzschlag von Oarf, und ein Teil des Turmes krachte mit lautem Getöse auf die Zelte darunter nieder. Nihal hörte die röchelnden Schreie der erschlagenen Fammin, und gleich darauf das Gebrüll ihrer Kameraden, die jetzt vorrückten.
Vielleicht hielt sich Dola gar nicht im Turm auf. Nihal blickte sich suchend nach ihm um, doch von dem Gnomen und seinem schwarzen Drachen keine Spur. Mit wütendem Brüllen machte sich Oarf über einen weiteren Teil des Turmes her. Wo ist dieser verfluchte Huna? Nihal drehte ein paar weite Runden um das demolierte Gerüst, konnte aber nichts Lebendiges entdecken. Da plötzlich hörte sie, wie sich etwas bewegte. Ein tiefes, mächtiges Keuchen wie von einem riesengroßen Blasebalg hallte aus den Trümmern wider. Zwei glühende Klumpen erhellten das Dunkel der Nacht. Ein schwarzer Kopf brach aus dem zerstörten Gebälk hervor. Der Drache schüttelte Steine und Balken ab, unter denen er begraben war, und verharrte stampfend inmitten dessen, was von dem Turm noch übrig war. Auf seinem Rücken thronte Dola, mit einer langen Lanze bewaffnet.
»Deinetwegen bin ich gekommen, Dola!«, brüllte Nihal, während ein unbändiger Zorn sie überkam. »Ich bin gekommen, um mir deinen Kopf zu holen!«
Der Krieger verharrte einen Moment, die Frettchenaugen zum Himmel gerichtet. Unter dem Helm drang eine verächtliche Stimme hervor. »Du bist hartnäckig, Bürschchen. Und dumm!« »Das wird sich noch herausstellen, du Bastard«, murmelte Nihal. Sie zog die Klinge, und diese einfache, viele tausend Mal schon vollführte Bewegung verjagte die lästigen Stimmen, die ihren Geist trübten, die freudige Erregung ihres Herzens, das Verlangen nach Rache, alles. Was blieb, war die eiskalte Entschlossenheit, die Unerschrockenheit eines Drachenritters. Plötzlich stieg der schwarze Drache auf, und mit vorgereckter Lanze warf sich Dola auf Nihal. Oarf wich dem Stoß aus, während sie versuchte, der schwarzen Bestie, die den Rachen weit aufriss, einen Hieb zu versetzen.
Erneut setzte Dola zum Angriff an, doch dieses Mal war Nihal besser darauf vorbereitet. Der Kampf auf Leben und Tod konnte beginnen.
Nihal hatte nicht vergessen, dass der Gnom übermenschliche Kräfte besaß und auch schneller war als sie, doch diese Tatsache jetzt wieder am eigenen Leibe zu spüren brachte sie rasch an den Rand der Erschöpfung. Sie konnte nichts anderes tun, als jeden Angriff zu parieren, und das allein kostete sie schon eine enorme Anstrengung. Das Schwert in beiden Händen, versuchte sie, das Gleichgewicht zu halten auf dem Rücken ihres Drachen, der mit fortwährenden Richtungswechseln den Bissen der schwarzen Bestie zu entfliehen versuchte.
Erst wenige Minuten kämpften sie, als Nihal einen Lanzenstoß nicht rechtzeitig kommen sah. Mühelos durchbohrte die Klingenspitze ihre Rüstung, ließ das Kristall splittern und riss ihr zum Glück nur die Haut an der Schulter auf. Sie musste abdrehen.
»Beim letzten Mal war ich zu gnädig mit dir«, rief Dola, der auf dem Rücken seines Drachen in der Luft stand, während er die gerötete Lanzenspitze hin und her schwenkte. »Jetzt koste ich erst einmal von deinem Blut, Bürschchen, und gleich werde ich dir jedes Glied einzeln aus dem Leib reißen«, verkündete er lachend.
Nihal übermannte der Zorn. »Nenn mich nicht Bürschchen, ich bin ein Drachenritter«, rief sie, während sie Oarf antrieb.
Schon war Dola ganz nahe, und sie konnte ihn genau erkennen: jedes Detail seiner Rüstung, jeden Schlitz, in den sich ihre Klinge bohren konnte. Erneut fasste sie das Schwert mit beiden Händen und stellte sich dem Kampf. Noch flinker bewegte sie sich jetzt, parierte präzise jede Attacke. Immer noch fand sie keine Gelegenheit, selbst zum Angriff überzugehen, doch sie musste Geduld haben, nichts als Geduld. Sie wusste nicht, was unter ihr auf dem Boden vor sich ging, hörte nichts von dem Schlachtenlärm, sondern nur die dumpfen Schläge, wenn ihr Schwert gegen die Lanze krachte. Immer wieder riss ihr ein Stich die Haut auf, und dann spürte sie Blut unter der Rüstung hinabfließen, aber es war jeweils nur ein kurzer Schmerz, und davon ließ sie sich nicht aufhalten.
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