Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
mir noch mal den Geruch des Schlachtfelds um die Nase wehen zu lassen. Und was machst du so? Du siehst blendend aus.« »Ja, mir geht's auch ganz gut«, antwortete sie ausweichend.
»Dieses Wiedersehen müssen wir feiern. Was hältst du von einem kleinen Zweikampf, so wie in alten Zeiten?«
Das Mädchen ließ sich nicht zweimal bitten.
Nihal empfand dieses Eintauchen in die Vergangenheit als unerwartet angenehm. Die Niedergeschlagenheit und Einsamkeit als ständige Begleiter jenes in der Akademie zugebrachten Jahres hatte sie nicht vergessen, aber auch dort war nicht alles schlecht gewesen, und Parsel erinnerte sie nun mit jedem Ausfall daran. Es war alles wie damals - bis auf Nihals Geschicklichkeit. Die hatte sich noch verbessert, und mit wenigen Angriffen schaffte sie es mühelos, ihren Gegner zu besiegen.
»Du bist sehr gut geworden«, lobte sie Parsel, während er sich den Schweiß von der Stirn wischte. »Das ist auch dein Verdienst.«
Zusammen verbrachten sie den Rest des Tages. Parsel erzählte ihr von seinen neuen Schülern, und Nihal verspürte ein wenig Sehnsucht nach den alten Zeiten. Die Zeit verändert das Aussehen der Dinge, auch das der Erinnerungen.
»Rat mal, wen ich kürzlich wiedergesehen habe!«, sagte Parsel irgendwann. »Deinen Kameraden aus der Akademie, diesen kleinen Blonden ... Laio hieß er, glaube ich.«
Ein Schwall von Erinnerungen überkam Nihal, als sie den Namen hörte. Laio, der schmächtige Jüngling mit dem Kindergesicht, der schwächste Schüler der Akademie. Sie waren viel zusammen gewesen, und er, der sie wie eine Heldin bewundert hatte, war für sie der einzige echte Freund jener einsamen Tage gewesen. Laio ...
»Tatsächlich?«, fragte Nihal höchst interessiert.
»Ja. Er lebt gar nicht weit von hier entfernt. Mitten im Wald. Er erzählte mir, die Absicht, Soldat zu werden, habe er ganz aufgegeben. Ich hatte nicht den Eindruck, dass es ihm besonders gut geht.«
Nihal versuchte, so viel wie möglich über Laio zu erfahren. Doch viel mehr konnte ihr Parsel nicht berichten, erklärte ihr aber, wo er ihn getroffen hatte.
In der Nacht fand Nihal in dem Zelt, das man ihr zugewiesen hatte, lange keinen Schlaf. Seit jenem traurigen Abend nach ihrer ersten Schlacht hatte sie nichts mehr von Laio gehört. Seit Fens Tod. Seit einer Ewigkeit. Plötzlich verspürte sie große Lust, den Jungen wiederzusehen. Am folgenden Morgen erhielt sie die Antwort, die im Hauptlager erwartet wurde. Mit einem Bataillon von dreihundert Mann würde man den geplanten Angriff unterstützen. Bevor Nihal sich wieder auf den Weg machte, warnte man sie. »Wir wissen von Truppenbewegungen längs der Grenze. Sei also auf der Hut.«
Diese Worte machten wenig Eindruck auf sie. Für ihren Geschmack war die Reise bislang fast zu ruhig verlaufen.
Sie folgte dem Weg, den Parsel ihr beschrieben hatte, und hielt sich zunächst in nördlicher Richtung. Dadurch gelangte sie noch tiefer in den Inneren Wald. Nihal hatte Wälder schon immer geliebt. Sie erinnerte sich noch lebhaft an ihre Aufnahmeprüfung in die Welt der Magie und fühlte sich seitdem im engen Kontakt mit der Natur stets besonders wohl.
Gegen Abend schlug das Wetter um. Dumpfes Grollen kündigte ein Gewitter an, und das grelle Licht eines Blitzes zerriss den Himmel. Da sah sie in der Ferne die Umrisse eines unscheinbaren Häuschens. Es entsprach genau der Beschreibung, die Parsel ihr gegeben hatte: ein baufälliges Haus mit einem Strohdach und von Rauch geschwärzten Außenmauern. Dass Laios Behausung jedoch derart verwahrlost war, überraschte sie dennoch. Das Dach war an mehreren Stellen eingebrochen, und ein Teil des Strohs lag vermodernd am Boden. Die Fenster waren leere Löcher, die von einem schummrigen Licht im Innern auf unheimliche Weise erhellt wurden. Es schien jemand da zu sein.
Nihal stieg vom Pferd und trat vorsichtig auf das Gebäude zu. Die Grenze war noch recht nah, und sie konnte nicht ganz sicher sein, dass es tatsächlich Laios Unterkunft war.
So schlich sie sich heran und zog ihr Schwert. An einigen Stellen waren Steine aus der Außenmauer herausgebrochen, und sie konnte einen Blick hineinwerfen. Sie sah den Schein eines Feuers und davor eine Gestalt, die ihr den Rücken zuwandte und von der sie nur den Kopf erkennen konnte. Aber der war blond und gelockt. Ihr Herz machte einen Sprung. Sie trat zur Tür und klopfte an.
»Wer da?«, rief eine hohe Stimme von innen.
»Ich bin's. Nihal«, antwortete sie, während sie die
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