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Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers

Titel: Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Tür ein wenig aufzog.
    An einer Wand kauerte ein Junge mit erschöpfter, kränklicher Miene und einem halb verrosteten Schwert zwischen den zitternden Händen. Nihal erkannte diese unschuldigen grauen Augen und die blonden Locken wieder, aber die Wangen, die sie voll und rosafarben in Erinnerung hatte, waren eingefallen und rußgeschwärzt. Er trug eine lange braune Jacke, die auch schon bessere Tage gesehen hatte, und eine verdreckte, ausgeblichene Hose. Laio blickte sie einen Moment lang ungläubig an, ließ dann sein Schwert fallen und stürmte ihr entgegen.
    Draußen war ein Donnerwetter losgebrochen.
    Sie befanden sich in dem einzigen Raum, über dem das Dach noch intakt war, und dennoch klatschten hier und dort Regentropfen auf den Fußboden. Das Feuer im Kamin knisterte munter. Nihal holte ein wenig Proviant hervor, und zusammen mit dem, was auch Laio noch da hatte, bereiteten sie sich ein köstliches Abendessen zu.
    Nihal erzählte dem Freund alles, was sie in den zurückliegenden Monaten erlebt hatte, und verschwieg auch nicht ihre Unbesonnenheit, die sie in der ersten Zeit bei ihrem Lehrmeister gezeigt, und den Starrsinn, mit dem sie ihr Leben wiederholt aufs Spiel gesetzt hatte. Mit einer gewissen Wehmut berichtete sie von ihrem monatelangen Aufenthalt im Haus der Bäuerin Eleusi und deren Sohn Jona, von jener Zeit also, da sie geglaubt hatte, ein ganz normales Leben abseits des Schlachtfelds führen zu können.
    »Ich höre und staune«, bemerkte Laio.
    Nihal lächelte. »Tja. Das Leben hält doch so manche Überraschung parat.« Sie biss in ein Stück geröstetes Fleisch. »Aber jetzt erzähl du mal! Was machst du eigentlich hier?« Laio schlug die Augen nieder, und in dem Raum machte sich beklemmende Stille breit. Man hörte nur das Donnergrollen und das Prasseln des Feuers.
    »Was ist los? Hast du deine Zunge verschluckt?«, ließ Nihal nicht locker.
    Laio schwieg noch eine ganze Weile, seufzte dann tief und begann endlich.
    Gleich nachdem er anlässlich der Schlacht von Therorn in der Aufnahmeprüfung zur Ritterausbildung durchgefallen war, hatte er die Akademie verlassen. Dies in der Absicht, seinen Vater zu Hause aufzusuchen und ihm seinen festen Entschluss mitzuteilen, dass er vom Kämpfen genug habe und fortan ein Knappe werden wolle. Leichten Herzens und guten Mutes machte er sich auf den Weg, doch je näher er seinem Ziel kam, desto mehr schwand seine anfängliche Selbstsicherheit.
    »In meiner Familie waren immer alle Männer Drachenritter. Alle! Verstehst du? Alle hervorragende, tapfere Krieger. Bereits vor meiner Geburt hat mein Vater die Heldenrolle für mich entworfen. Wie hätte ich ihm da beibringen sollen, dass ich bereits in der ersten Prüfung auf dem Schlachtfeld gescheitert war und dass ich nicht dazu gemacht bin, ein Schwert zu führen? Ich hatte bereits sein entsetztes Gesicht vor Augen und sein wütendes Geschrei im Ohr. Nie im Leben hätte er meinen Entschluss gebilligt.« Er blickte Nihal von der Seite an. »Ja, ich hatte Angst vor ihm. Ich hatte Angst, er könne mit seinem Einfluss, den er in der Akademie genießt, Raven zwingen, mich dort wieder aufzunehmen.«
    Weiter erzählte Laio, dass er auf halber Strecke beschlossen hatte, es nicht drauf ankommen zu lassen und die Reise abzubrechen. Als dann alles Geld, das er dabei hatte, aufgebraucht war, begann er, sich als Spielmann durchzuschlagen.
    »Ich kann ganz gut singen und kenne viele Lieder und Geschichten. Vielleicht flößte ich den Leuten aber auch nur Mitleid ein, jedenfalls verdiente ich genug, um ganz gut über die Runden zu kommen.«
    Nihal musterte ihn. Nein, so sah er nicht aus. Er hatte nicht genug verdient und wirkte verhärmt und abgerissen wie ein Bettler.
    Und in der Tat musste Laio einräumen, dass er deshalb irgendwann beschlossen hatte, sein Glück in den Wäldern zu suchen und dort in der Natur, fernab von Krieg und Menschen, zu leben. Seitdem ernährte er sich, indem er Wildfrüchte sammelte und genießbare Wurzeln ausgrub. Hin und wieder ging er auch angeln, allerdings mit wenig Erfolg.
    »Aber den einen oder anderen Fisch habe ich schon erwischt, nicht sehr groß, aber umso leckerer«, erklärte er mit einem verlegenen Lächeln.
    In der ersten Zeit hatte er im Freien unter Bäumen genächtigt, bald aber gemerkt, dass es so nicht weitergehen konnte. Daher machte er sich auf die Suche nach einer Jagdhütte, einer Grotte oder einer verlassenen Höhle, und hatte dann dieses gemütliche Häuschen gefunden.

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