Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
und erzählte ihm dann von dem versteinerten Wald. Auch die Richtung war klar: Norden.
Sie zogen nur in der Dunkelheit weiter, und doch liefen sie mehr als einmal Gefahr, von Fammin entdeckt zu werden, die ihnen auf der Spur waren. Auch hier wusste man schon, dass zwei Feinde in den Landen des Tyrannen unterwegs waren.
Die ersten beiden Tage sah die Landschaft nicht sehr viel anders aus als jene, aus der sie kamen. Hoch aufragende Vulkane waren nicht mehr zu sehen, dafür war aber der Boden von vielen kleinen erloschenen Kratern aufgerissen. Der Atem des zerstörerischen Feuers, das sie hinter sich gelassen hatten, machte sich auch in diesem Land noch bemerkbar.
Am dritten Tag erblickten sie am Horizont einen dunklen Streifen, der sie beide an die Zerstörung Salazars erinnerte, als sie das Heer des Tyrannen auf die Turmstadt hatten zumarschieren sehen. Jetzt fürchteten sie, es könne sich um Siedlungen oder Befestigungsanlagen handeln. Als sie näher kamen, entdeckten sie jedoch, dass es sich um etwas sehr viel Mächtigeres handelte.
Es waren Berge, schwarz und scharfkantig, die sich majestätisch himmelwärts erhoben. Bei diesem Anblick erinnerte sich Nihal, was Livon ihr einmal vor langer, langer Zeit erzählt hatte. Im Geist sah sie ihren Vater wieder vor sich, wie er einen schwarzen Steinblock bearbeitete, und sich selbst neben ihm, wie sie ihm jede Handbewegung abschaute.
»DAS ist schwarzer Kristall, das härteste Material auf der Welt. Sogar die Feste des Tyrannen wurde daraus errichtet«, hatte Livon erzählt, während er mit einem speziellen Hammer auf den auf einem Amboss ruhenden Kristallblock einschlug. »Ich beziehe es von einem Gnomen, der es aus dem Land der Felsen herausschmuggelt. Nur dort kommt dieses Material vor.« Bei jedem Schlag stob ein Meer von Funken auf. »Dort im Land der Felsen gibt es riesengroße Berge. Sie sind schwarz und glitzern in der Sonne wie Edelsteine. Denn das normale Felsgestein ist durchzogen von schwarzem Kristall, das ihm diese Farbe verleiht.«
»Hast du diese Berge schon mal gesehen?«
»Ja, als junger Mann. Damals war das Land der Felsen noch nicht ganz in der Hand des Tyrannen, und ich wanderte dorthin, um ebenjenen schwarzen Kristall für meinen Meister zu suchen. Die Berge sind riesengroß, sie bilden eine schwarze Wand. Der Anblick verschlägt einem den Atem. Wer weiß, vielleicht gelangst du ja auch eines Tages einmal dorthin.« Tatsächlich war sie nun dort und sah die Berge vor sich. Von einem zarten Lichtschein erhellt, hoben sie sich schwach glitzernd vor dem grauen Himmel des beginnenden Tages ab.
Als der Weg sie schließlich an dem Gebirge entlangführte, stellten sie fest, dass auch hier die Natur und ihre Geschöpfe nicht vom Wirken des Tyrannen verschont geblieben waren. Zahlreiche Tunnel waren in die Berge hineingetrieben worden, aus denen immer wieder Gnomen in Ketten auftauchten, die Schubkarren voll schwarzen Kristalls vor sich her schoben. Wie im Land des Feuers wurden auch hier die Bewohner in Knechtschaft gehalten und hatten jenes wertvolle Kristall abzubauen, aus dem die Waffen der Tyrannenarmeen geschmiedet wurden.
Während sie sich so weit wie möglich von den Minen fernhielten, umwanderten Nihal und Sennar das Gebirge. Die Feinde hetzten sie immer noch. Mehr als einmal mussten sie einen anderen Weg einschlagen oder sich lange versteckt halten, um nicht von Patrouillen aus Fammin oder Gnomen aufgespürt zu werden.
Je weiter sie vordrangen, desto deutlicher wurde, mit welcher Skrupellosigkeit man diese Berge zerstört hatte: Sie mussten im Innern vollkommen ausgehöhlt sein, waren im Grunde nur noch Felswände, die sich über Hohlräumen gegenseitig stützten. Als sie in eine Gegend mit besonders viel Schutt aus den Minen kamen, bemerkten sie etwas Eigenartiges. Unter Staub und Steinblöcken entdeckten sie Trümmer, die von Häusern zu stammen schienen: Fußböden, Türen, Reste von Wänden. Alles war ganz aus Fels gearbeitet.
Schließlich hielten sie es doch für ratsam, noch ein Stück über die Berge zu wandern. An den Hängen, die sie passierten, wurde der schwarze Kristall immer intensiver abgebaut, und die Gegend wimmelte von Feinden. Nachdem sie die ersten steilen Wegstrecken überwunden hatten, wurde die Einsamkeit zu ihrer ständigen Reisegefährtin, und Stimmen, Trubel und Gebrüll im Umfeld der Minen verloren sich in der Stille der Berge. Nun konnten sie auch tagsüber weiterziehen.
Lange wanderten sie durch das Gebirge,
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