Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
sie Nihal liebevoll in den Arm.
Sie unterhielten sich lange. Soana erzählte von der Niederlage im Land des Wassers und den anderen Schlachten, bei denen sie selbst mit ihren magischen Künsten gegen die Feinde gekämpft hatte, nur kurz erwähnte sie Idos Verwundung und seine Genesung, doch Nihal erkannte am veränderten Licht in den Augen der Magierin, dass sie stärker mit dem Gnomen mitgelitten hatte, als sie zeigen wollte. Nihal erzählte ihr von ihrer Reise, von den Heiligtümern und wie sie ihre Gefährten verloren hatte. Als Soana von Sennars Verschwinden hörte, verfinsterte sich ihre Miene, dennoch erklärte sie, dass ihm sicher nichts Schlimmes zugestoßen sei. »Nach dem Tyrannen ist Sennar der mächtigste Zauberer, den ich kenne, und ich spüre, dass er noch am Leben ist, für dich vor allem. Du musst an ihn glauben, musst fest überzeugt sein, dass er alles übersteht und ihr schließlich das Glück finden werdet, das ihr euch ersehnt.« Nihal errötete. »Wieso ...?«, stammelte sie.
Soana lächelte. »Wieso ich weiß, dass ihr euch liebt?« Sie blickte Nihal einige Augenblicke lang an. »Ich bin eben eine Frau und kenne dich, seit du ein kleines Mädchen warst. Es gibt Geheimnisse, die sich vor den Augen einer Frau nicht verbergen lassen, und alles in dir spricht von Liebe.« Sie seufzte, und Nihal wusste, dass sie an Fen dachte. »Glaube an eure Liebe, Nihal, und du wirst erhalten, was du dir erträumst«, sagte die Magierin noch einmal, als sie sich verabschiedeten. Der Zeitpunkt der Schlacht wurde auf Ende Dezember festgelegt. Das hieß, sie hatten zwei Wochen Vorbereitungszeit. Unverzüglich gingen unzählige Botschaften in alle Richtungen hinaus, und bald schon begann es in den Freien Ländern zu gären. Alle Drachenritter wurden zusammengerufen, und zum ersten Mal seit vielen Jahren sah man auch General Raven wieder an der Front.
Zum allgemeinen Erstaunen traf er eines Morgens im Hauptlager ein. Nihal war sprachlos, als sie ihn sah. Er trug keine Paradeuniform mehr, wie man es sonst von ihm gewohnt war, und auch von dem frechen Hündchen, das ihm gewöhnlich überallhin folgte, war nichts zu sehen. Der Oberste General hatte einen schmucklosen eisernen Harnisch angelegt.
»Ich konnte nicht mehr länger untätig in der Akademie herumsitzen. Der passende Platz für einen Krieger ist doch die Schlacht, und ich bin immer noch Soldat«, sagte er. Dann wandte er sich an Nihal und erklärte in seinem gewohnt rauen Ton: »Ich habe dir damals, vor Jahren, Steine in den Weg gelegt. Das war falsch von mir. Dir ist gelungen, woran viele andere, und ich an erster Stelle, gescheitert sind: Du hast einem Volk, das am Boden liegt, neue Hoffnung gegeben.«
In diesen zwei Wochen setzte Nihal alles daran, wieder in Form zu kommen. Sie fürchtete, in den langen Monaten ihrer Wanderung durch die Aufgetauchte Welt könnten ihre kämpferischen Fähigkeiten gelitten haben, und so brachte sie die meiste Zeit des Tages in der Arena zu. Gemeinsam mit Ido kämpfte sie am Boden und in der Luft, mit dem Schwert und allen nur denkbaren anderen Waffen.
Dabei konnte sich die Halbelfe überzeugen, dass ihr Lehrer sie nicht belogen hatte,trotz des Verlustes des linken Auges war er ein genauso hervorragender Fechter geblieben. Auf der anderen Seite hatte auch Nihal nichts von ihrem Können eingebüßt, und so reichten ihr wenige Begegnungen, um wieder genauso flink und schwungvoll zu Werke zu gehen wie in früheren Zeiten. Einige Male trat Nihal auch gegen andere Ritter an, doch seit Längerem schon war nur noch Ido in der Lage, es mit ihr aufzunehmen.
Je häufiger sie mit ihrem Lehrer trainierte, desto deutlicher wurde Nihal, dass er so etwas wie ein Vater für sie war. Livon hatte sie großgezogen, hatte ihr das Fechten beigebracht und ihr den Weg in das Leben gewiesen. Doch erst von Ido hatte sie gelernt, was Kämpfen bedeutete, er hatte ihr erklärt, was einen echten Krieger ausmacht, und sie zu einer erwachsenen Persönlichkeit geformt. Nihal wusste, dass dieses Gefühl kein Verrat am Andenken ihres Vaters Livon war, im Gegenteil, es war die Krönung.
Im Hauptlager fand Nihal auch ihre Rüstung wieder. Ido hatte sie für sie aufbewahrt und dafür gesorgt, dass kein einziges Staubkörnchen sie beschmutzte. Sie lag in einer Truhe und funkelte noch genauso wie damals, als der Gnom sie ihr geschenkt hatte. Beim Anblick der Rüstung wurde Nihal das Herz schwer. Sie erinnerte sich der Worte, die Laio kurz vor seinem Tod noch
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