Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
zu ihr gesprochen hatte: Wie gern hätte ich das Abenteuer bis tu Ende mit dir durchgestanden und dir am Tag der letzten Schlacht geholfen, deine Rüstung anzulegen. Sie musste an die vielen Male denken, da der Knappe ihr vor der Schlacht die Riemen und Gurte der Rüstung geschnürt hatte.
Als sie die Rüstung aus schwarzem Kristall dann zur Hand nahm, wusste sie plötzlich, wie sie ihre in Seferdi getroffene Entscheidung in die Tat umsetzen würde. Das Zeichen von Nammens Geschlecht, das Wappen also, das sie dort am Königlichen Palast entdeckt hatte, stand ihr noch klar vor Augen. Es war zweigeteilt: Im oberen Feld sah man einen Baum, zur Hälfte grün belaubt, zur anderen Hälfte kahl wie im Winter, während im unteren Feld ein Stern dargestellt war, der zur Hälfte das Aussehen des Mondes, zur anderen Hälfte ein Sonnengesicht zeigte. Das Wappen symbolisierte den unaufhaltsamen Lauf der Zeit - im Land der Tage verehrte man in erster Linie Thoolan, die Zeit - sowie die Doppelnatur der Halbelfen, die aus der Verschmelzung des Geschlechtes der Menschen mit dem der Elfen hervorgegangen waren. Den Brustharnisch ihrer Rüstung und eine Zeichnung dieses Wappens brachte Nihal nach Makrat zu demselben Waffenschmied, der auch Idos Schwert repariert hatte. Sie erklärte ihm, dass sie die Gravur oberhalb des Drachenornaments wünsche und dass sie in einem strahlenden Weiß leuchten müsse, das sich möglichst deutlich von dem schwarzen Untergrund des Kristalls abheben sollte.
Zwei Tage vor der Entscheidungsschlacht brachte der Waffenschmied Nihal den Brustharnisch zurück, das Wappen war meisterhaft gearbeitet, vor allem aber blendend weiß, und Nihal zweifelte nicht daran, dass es auch auf weite Entfernung gut sichtbar sein würde. Genau das, was sie bezweckt hatte.
Wenn sie dann in Kürze in das Große Land zog und dort die Kräfte des Talismans entfaltete, würde der Tyrann das Wappen auf ihrer Brust erkennen und begreifen, dass keine seiner in den letzten vierzig Jahren verübten Untaten vergessen war und das von ihm verursachte Leid endlich gesühnt würde. Ihm sollte klar werden, so wünschte es sich Nihal, dass die Halbelfen nicht ausgestorben waren, dass es ihm nicht gelungen war, sie ganz auszurotten, ja, dass eine Angehörige dieses Volkes, die dieser Hölle entkommen war, seiner Schreckensherrschaft ein Ende bereiten würde. Als sie das Wappen der Halbelfen auf dem Harnisch leuchten sah, fühlte sich Nihal bereit: Die Entscheidungsschlacht hatte begonnen.
37. Der Schrei zur letzten Schlacht
So kam schließlich der Vorabend der entscheidenden Schlacht. Im Verlauf einer Woche hatten sich die Truppen langsam zu den Grenzen hin verschoben, und an diesem Abend, dem Abend des einundzwanzigsten Dezembers, war die Front zu den vom Tyrannen beherrschten Ländern eine einzige ununterbrochene Linie großer und kleiner Lager. Am Morgen würde das gesamte Heer Aufstellung nehmen, sodass kein Zoll der Grenze unbesetzt wäre, überall würden Soldaten stehen, die darauf brannten, sichin die Schlacht zu werfen.
Man hatte beschlossen, dass Nihal auf ihrem Oarf jenseits dieser Linie vorrücken und Ido und Soana sie begleiten sollten.
»Ich möchte mich nicht unerkannt wie eine Diebin in das Große Land einschleichen, sondern mit Stolz und für jedermann sichtbar«, hatte Nihal während der letzten Lagebesprechung geäußert. »Ich möchte, dass mich der Tyrann schon von Weitem kommen sieht, dass er sich beunruhigt fragt, wer das wohl sein und was er vorhaben mag, und mit Schrecken daran denkt, was ihm widerfahren könnte.«
Die Generäle hatten protestiert und sie beschworen, vorsichtiger aufzutreten. »Der Talisman ist unsere einzige Chance, tötet man dich, bevor du die Zauberformel sprichst, war alles umsonst«, hatte Nelgar eingewandt in der Hoffnung, sie zur Vernunft zu bringen.
Nihal hatte entschlossen den Kopf geschüttelt. »Als meine Heimatstadt zerstört wurde, sah ich vom Turm aus das feindliche Heer anrücken. Nie werde ich den panischen Schrecken vergessen, der mich und alle Bewohner der Stadt erfasste, als wir mit dieser Armee den Tod auf uns zukommen sahen. Ich möchte, dass der Tyrann genau das Gleiche wie ich damals empfindet.«
»Das ist Wahnsinn, damit suchst du geradezu den Tod«, widersprach auch Raven. »Ich gehe ja nicht allein«, erklärte Nihal. »Soana und Ido werden mich begleiten. Ido beschützt mich mit seinem Schwert, und Soana umgibt mich mit einer magischen Barriere, erst wenn ich den Ritus
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