Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
Feind.
Auch in diesem Duell mit Deinoforo sah sich Ido wieder mit seiner gesamten Vergangenheit und den dazugehörigen Gewissensqualen konfrontiert. Er dachte an seinen Bruder Dola, an die unzähligen Feinde, die er besiegt hatte, vor allem aber an den Tyrannen, an das entsetzliche Erbe, das dieser ihm ins Herz eingepflanzt, und was er ihm alles genommen hatte, in erster Linie den Vater und den Bruder. Mit noch größerem Elan attackierte er nun, wusste aber gleichzeitig, dass der eigentliche Kampf noch gar nicht begonnen hatte.
Plötzlich griff ihm, gänzlich unerwartet, Deinoforos Eisenhand in das Gesicht und versuchte an sein verbliebenes Auge heranzukommen.
Mit einem entschlossenen Hieb konnte Ido sich freimachen. Die Eisenhand musste den Griff lösen, riss ihm dabei aber ein großes Stück Haut aus dem Gesicht. Wie an dem Tag, als er halbblind wurde, sah Ido nur noch Blut. Erschrocken kauerte er sich auf Vesa zusammen und entfernte sich.
Nur war es Deinoforo, der lachte. »Anscheinend erinnerst du dich an unseren letzten Kampf, Ido. Auch ich kann ihn nicht vergessen, denn zuvor konnte mir niemand auch nur einen Kratzer beibringen. Du warst der Erste, der mich verletzt hat, und daher werde ich dir erst dann verzeihen, wenn ich dich in Stücke geschlagen habe, wenn du dafür gebüßt hast, dass du mir meine Hand raubtest. Dafür hasse ich dich, und weil du ein Verräter bist.«
Ido versuchte, die Schmerzen zu ertragen, und wischte sich das Blut ab, das seinen Blick verschleierte. Deinoforo streckte sein Schwert vor und stürzte sich erneut auf ihn. Noch verbissener kämpften sie nun. Auf beiden Seiten trafen jetzt mehr Schläge ihr Ziel, und die Rüstungen wurden zerkratzt und verbeult. Ido konnte Deinoforo tief an der Seite verletzen, an der Stelle, wo Brustharnisch und der untere Teil seiner Rüstung zusammentrafen. Dieser antwortete, indem er wütend auf Idos Arm einschlug. Erschöpft trennten sie sich wieder. Eine Weile standen sie sich nur gegenüber und beobachteten sich gegenseitig voller Hass und Bewunderung, im Grunde ihres Herzens erfreut, es mit einem Gegner zu tun zu haben, der ihnen alles abverlangte. »Wahre Krieger bekämpfen sich am Boden«, rief Deinoforo da, während er sein Schwert zurück in die Scheide steckte. »Ich schlage vor, wir machen ohne die Drachen weiter.«
Ido nickte und steckte seinerseits das Schwert zurück, zu viel Achtung hatte er vor seinem Gegner, um einen Trick zu vermuten, um zu fürchten, Deinoforo könne die Kampfpause nutzen, um ihm den tödlichen Schlag zu versetzen.
Sie suchten sich einen Ort fern ab vom Schlachtgetümmel. Während sie sich fertig machten, um das Duell fortzusetzen, überlegte Ido, wenn auch grimmig, dass dieser Mann ein echter Ritter war. Ein erstklassiger Kämpfer, der sich, obwohl in den Reihen des Tyrannen dienend, doch an einen Ehrenkodex hielt.
»Dein Herr wäre wohl nicht sehr zufrieden mit dir«, sagte Ido, während er das Blut von seinem Schwert wischte, »da hast du die Gelegenheit, mich von hinten abzustechen, und ergreifst sie nicht.«
»Mein Herr weiß, was er von seinem Diener zu erwarten hat, niemals würde er von mir verlangen, das zu verraten, woran ich glaube. Er kennt mich besser als sonst irgendjemand.«
Ido lachte. »Wie hältst du es nur in diesem Heer von Bestien aus? Ausgerechnet du, der einst in unseren Reihen kämpfte. Ich erinnere mich an dich, Debar.«
Deinoforo zuckte zusammen. »Auch ich erinnere mich an dich und an deine gefühlsduseligen Lehren.«
»Aber wie ich sehe, hältst du dich immer noch an sie«, erwiderte Ido.
Deinoforo drehte sich ruckartig zu ihm um. »Glaubst du wirklich, euer Heer sei ehrenhafter als unseres? Hast du nicht gesehen, wie sich deine so anständigen Soldaten über die hilflosen Fammin hermachen? Wie sie lachen, während sie sie in Stücke hauen? Hältst du das etwa für ritterlich?«
Es stimmte. Kaum hatten die Soldaten der Freien Länder gemerkt, dass die Fammin keine Bedrohung mehr darstellten, waren sie in Scharen über sie hergefallen und hatten sie abgeschlachtet. Ido hatte es zu verhindern versucht. Diese plötzlich wehrlosen Fammin zu töten, war sinnlos, feige und grausam, aber das Blutbad ging weiter. »Darauf weißt du keine Antwort, nicht wahr, Ido?«, fuhr Deinoforo fort. »Du hast unseren Herrn verraten, um dich solchen Würmern anzuschließen.«
»Ich floh vor der Gnadenlosigkeit des Tyrannen, vor einem Ungeheuer, das mich zwang, unschuldige Geschöpfe
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