Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
quoll über von Soldaten. Seit dem Morgengrauen gingen zwischen den Zelten Befehle und Anweisungen hin und her, Karren ratterten vorbei, Drachen wurden von einer Lagerseite zur anderen getrieben.
Ido wachte besonders früh auf, und das mit klopfendem Herzen. Das war ihm noch nie passiert, es sei denn, als er noch ein junger Bursche war und für den Tyrannen kämpfte. Er schalt sich einen Dummkopf und stand auf.
Die Luft war spannungsgeladen. Eine große Schlacht stand bevor, das spürten alle. Ido begab sich zu seinen Soldaten und fand sie alle wach und aufgeregt vor. »Ich verstehe eure Erregung, doch solltet ihr versuchen, Ruhe zu bewahren. Vertreibt alle Gedanken an den Tod und andere Dinge, die euch von der Schlacht ablenken könnten. Ab jetzt gibt es nur noch euer Schwert und den Feind, sonst nichts. Besinnt euch auf euren Körper, seid hellwach und lasst euch weder von Angst noch von Mordlust beherrschen. Das ist nicht der Sinn eures Kampfes.«
Er sah sie nicken, hundertzwanzig Gesichter, die an seinen Lippen hingen. Seit Laios Weggang musste Ido ohne Knappe auskommen, und so ließ er sich nun von einem seiner Schüler helfen, von Caver, dem blonden Jungen, der mit solcher Leidenschaft gegen ihn gekämpft hatte. Dann blieb er allein und begann sein Schwert zu polieren. Das tat er immer vor der Schlacht. Dabei konnte er sich entspannen und zur richtigen Konzentration finden.
Nachdem Soana sich seines Schwertes angenommen hatte, sah es aus wie matter Kristall, es schien leichter und schimmerte im Halbdunkel des Zeltes. Heute jedoch beruhigte es ihn nicht, immer wieder mit dem Tuch über die Klinge zu fahren. Im Grunde seines Herzens spürte er eine Erregung, die auf erschreckende Weise jener Sucht zu kämpfen ähnelte, die ihn in Diensten des Tyrannen beherrscht hatte. Als er zu Vesa in den Stall trat, hatte sich seine Erregung noch nicht gelegt. Und auch der Drache war so unruhig wie sein Ritter.
»Vielleicht werden wir doch langsam alt«, sprach Ido ihn an, während er ihm über die roten Schuppen strich. »Früher brauchten wir uns nur in die Augen zu blicken, und schon wurden wir ruhig.«
Der Drache schnaubte, und der Gnom blieb noch einige Augenblicke bei ihm, so lange, bis er zu der für den Kampf unverzichtbaren Konzentration gefunden hatte. Es dauerte länger als eine Stunde, bis das ganze Heer Aufstellung genommen hatte, und Ido nutzte die Gelegenheit, um eine Ansprache an seine Truppen zu halten und sie bestmöglich für die Schlacht anzuordnen. Zwischen den Reihen sah er viele bekannte Gesichter. Soana zum Beispiel, gefolgt von einer ganzen Schar Magier, die die Aufgabe hatten, die Schwerter mit Zaubern zu belegen. Etwas weiter entfernt erblickte er Mavern, der die Truppe der jungen Drachenritter in die Schlacht führte. Und in seiner Nähe Nelgar, der heute befehlshabende General. Schließlich fiel ihm noch etwas Ungewöhnliches auf.
Ein ihm unbekannter Krieger, der auf einem Fuchs ritt. Er trug eine bläuliche, kunstvoll gearbeitete Rüstung und ein langes, über und über mit Ornamenten verziertes Schwert. Als der Reiter das Visier seines Helmes anhob, erkannte ihn Ido und seufzte: Galla. Dabei hatte der Gnom geglaubt, die Sache sei aus der Welt. Während einer der letzten Versammlungen hatte sich Galla nämlich erhoben und darum gebeten, mit in die Schlacht ziehen zu dürfen.
»Meine Gattin hat für dieses Reich ihr Leben gelassen, und ich habe bislang überhaupt noch nichts zum Kampf beigetragen, außer von meinem sicheren Palast aus an Planungen teilzunehmen. Immer mehr meiner Untertanen sterben. Da kann ich nicht länger die Hände in den Schoß legen«, erklärte er.
Allen war bekannt, dass Galla seit dem Tod seiner Gemahlin nicht mehr er selbst war. Sie war seine große Liebe gewesen, und mit ansehen zu müssen, wie sie sich in eine Dampfwolke auflöste, als Deinoforo am Tag der Schlacht gegen das Totenheer mit dem Dreizack die Schutzmauer der Nymphen sprengte, hatte ihn innerlich gebrochen. »Majestät, Ihr seid kein Soldat, und Euer Land bedarf Eurer Führung. Ihr dürft Euch nicht in Lebensgefahr begeben«, hatte Mavern ihn zur Vernunft zu bringen versucht. »Und wenn mein Land verloren geht? Was bleibt dann von mir? Nein, mein Platz ist bei meinem Volk.«
An jenem Tag hatte ihn niemand von seinem Vorhaben abbringen können, doch später hatte Ido den Eindruck, dass ihn Theris, die Nymphe, die das Land des Wassers im Rat der Magier vertrat, doch umstimmen konnte.
»Wir haben
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