Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
weichen Krümmung ihrer Wirbelsäule, ließ seine Hand wieder hinauf zu den Schultern wandern und dann im Nacken, unter dem Haaransatz, ruhen. In diesem Moment spürte er, wie sehr er sie brauchte, empfand ein unbändiges Verlangen, ihr so nahe wie möglich zu sein. Doch gerade als er sie küssen wollte, entfernte sie sich plötzlich von ihm und löste sich aus seiner Umarmung. Ihr Gesicht war gerötet, und sie war zu verlegen, um ihn anzuschauen. Auch Sennar senkte den Blick und schloss die Augen. Er beruhigte sich wieder, nannte sich einen Hornochsen und steckte sich, weiter zu Boden blickend, ein paar Himbeeren in den Mund.
»Lass uns heute hier rasten ...«, schlug Nihal mit leiser, aufgewühlter, fast erschrockener Stimme vor.
Schweigend aßen sie weiter. Zum ersten Mal seit fast einem Monat sahen sie wieder einen Sonnenuntergang, und nach und nach deckte die Finsternis ihre Verlegenheit zu. Später, nach einem still eingenommenen und kargen Mahl, besprachen sie, vor der entfalteten Karte sitzend, die Situation. Sie befanden sich schon nahe der Grenze zum Land des Feuers. Durch Idos Erzählungen wussten sie, dass es dort Hunderte von Vulkanen gab, die als Schmiedeöfen genutzt wurden. In den Tälern zwischen den Vulkanen hatte das Volk der Gnomen seine Städte errichtet und sie mit Brücken und Tunnel verbunden.
»Die Verbindungswege werden alle überwacht sein und von Feinden nur so wimmeln«, bemerkte Sennar.
Nihal seufzte. »Und was können wir da tun?«
Sennar starrte auf einen Punkt in der Dunkelheit vor ihm. »Ich weiß es auch nicht.« Nach einigen Augenblicken des Schweigens richtete sich Nihal plötzlich ruckartig auf. »Ich hab's! Die Kanäle!«, rief sie. Sennar blickte sie fragend an.
»Ido hat mir davon erzählt«, fuhr sie fort. »Im Land des Feuers gibt es ein unterirdisches Kanalsystem für die Wasserversorgung, das das ganze Gebiet durchzieht und mit dem Land der Felsen verbindet. Die dortigen Gnomen haben es für ihre Brüder im Land des Feuers gebaut.«
»Aber wir wissen doch gar nicht, wo sich der Eingang befindet«, gab der Magier zu bedenken.
»Doch«, antwortete Nihal mit einem Lächeln und zeigte auf eine Stelle auf der Karte. »Ido hat ihn mir gezeigt. Er befindet sich nicht weit von der Grenze zum Land der Nacht.«
Sennar blickte zu ihr auf. »Das heißt, wir werden uns die ganze Zeit unterirdisch fortbewegen müssen«, sagte er, wenig begeistert.
»Es ist wahrscheinlich nicht die einzige Möglichkeit«, antwortete Nihal, »auf alle Fälle aber die sicherste.«
Bis jetzt hatten sie sich die Wache immer aufgeteilt, doch in dieser Nacht wurde Sennar seiner Aufgabe nicht gerecht. Die Anstrengungen ihrer Wanderung sowie das Aufflammen der Gefühle am Nachmittag hatten ihn die letzten Kräfte gekostet. Irgendwann, während er wachte, überkam ihn der Schlaf, und er schlummerte tief und fest, den Kopf an einen Baumstamm gelehnt. Doch es war eine denkbar ungeeignete Nacht, um während der Wache einzunicken.
Nihals geschärfte Sinne waren es dann, die sie retteten. Ein plötzliches Gefühl der Gefahr, das sie zunächst nicht hätte bestimmen können, riss sie aus dem Schlaf. Sie griff zum Schwert und weckte Sennar.
»Was ist denn los?«, fragte er gähnend.
»Ich weiß es nicht...«, antwortete die Halbelfe. Sie horchte in das Dunkel. »Verfügst du wieder über deine magischen Kräfte?«
»Nicht ganz, doch ein paar anständige Angriffszauber werde ich schon noch hinbekommen«, versprach der Magier.
Plötzlich sprang Nihal auf. »Lauf!«, rief sie, und beide nahmen die Beine in die Hand. Das Geschrei und die trommelnden Schritte der Feinde, die jetzt aus der Deckung hervorbrachen, dröhnten durch den Wald. Nihal hatte nicht genau erkennen können, um wie viele es sich handelte, unterschied aber mindestens drei verschiedene Stimmen und vernahm Schritte aus vier verschiedenen Richtungen.
Die Halbelfe schloss zu Sennar auf und ergriff seine Hand. Sie wollte ihn nicht verlieren, sie würden zusammen fliehen. So rannten sie keuchend aufs Geratewohl durch den Wald. Zu allen Seiten schien der Pfad von Hecken und Büschen eingeschlossen. Ihre Verfolger waren Fammin, das spürte Nihal, und daher fürchtete sie sich, den Kampf aufzunehmen. Sie wollte nicht wieder töten.
Immer näher kamen die Schritte und Rufe. Plötzlich spürte Nihal, wie sie am Knöchel gepackt wurde, sie verlor Sennars Hand und stürzte. Der Magier blieb stehen, und in diesem Moment ließ ein Fammin seine Streitaxt
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