Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
mitnehmen. Rolana überließ den Pferdekauf den beiden Männern und streifte stattdessen über den Markt, um sich mit Heilkräutern aller Art einzudecken. Wo Ibis sich den Nachmittag über herumtrieb, wusste keiner. Noch eine Nacht verbrachten sie im Gasthaus in Fenon, dann brachen sie in aller Frühe auf, sobald die Stadttore ihre schweren Flügel öffneten.
Lahryn saß auf der Veranda vor der Krankenhütte und starrte vor sich hin. Gedanken und Gefühle wirbelten in seinem Kopf durcheinander, sie schubsten sich und drängten alle danach, bemerkt und beachtet zu werden. Stundenlang hatte Lahryn versucht, den Strom zu ordnen, aber nun gab er erschöpft auf. Er ließ die Gedanken strömen, wie sie kamen, und ergab sich dem tiefen Schmerz in sich. Er blickte durch das grüne Blätterwerk, ohne es jedoch zu sehen.
Galorond stand schon eine ganze Weile da und beobachtete ihn. Nun endlich hob Lahryn den Kopf und sah ihn an.
»Kommt mit mir«, forderte ihn der Weise auf. »Ich möchte Euch etwas zeigen.«
Unwillig erhob sich der Magier und folgte ihm. Er wollte in Ruhe gelassen werden und sich seiner Trauer und Verzweiflung hingeben, all den Gefühlen, die er so lange verdrängt hatte.
Schweigend gingen die beiden Männer durch den Wald. Als sie eine verlassene Lichtung erreichten, gebot Galorond dem Magier zu warten. Lautlos verschwand er zwischen den tief herabhängenden Zweigen. Lahryn setzte sich ins Gras, lehnte sich mit dem Rücken an einen Baumstumpf und hüllte sich wieder in seinen Schmerz.
Ein Geräusch ließ ihn hochschrecken. Es war ein Heulen, das ihm eiskalt in die Knochen drang. Von der anderen Seite der Lichtung erklang eine Antwort. Lahryn fuhr herum. Da, zwanzig Schritte vor ihm bewegten sich die Zweige der Büsche, und plötzlich stürzte eine junge Elbenfrau hervor. Sie zerrte ein Kind an der Hand hinter sich her und blickte sich immer wieder gehetzt um. Lahryn sprang auf. Er wollte zu der Elbe eilen, doch da brach das Ungeheuer schon aus dem Gebüsch hervor. Es war ein riesenhaftes, zottiges Biest mit grauem Fell und rot funkelnden Augen. Seine scharfen Klauen gruben sich in den weichen Waldboden. Es heulte kurz auf, zog die Lefzen hoch und entblößte seine gelben Fangzähne. In Vorfreude auf sein Opfer tropfte der Speichel ins Gras.
Bleich, aber gefasst, stellte sich die junge Frau schützend vor das Kind, das nun leise zu weinen begann, und sah dem geifernden Untier trotzig in die Augen. Lahryn hatte keine Chance, rechtzeitig zu ihr zu kommen. Also hob erdie Hände und konzentrierte seine Kräfte. Die richtigen Worte und Gesten waren plötzlich da, sein Geist beugte sich dem Willen und gab das Wissen frei.
Flammen schossen aus seinen Fingerspitzen, flogen über die Lichtung und vereinten sich zu einer Feuerwand, die das Biest von seinem Opfer trennte. Lahryn zauberte ein kühles Kraftfeld um die Elbe mit ihrem Kind, doch bevor er Zeit hatte aufzuatmen, erscholl ein noch grässlicheres Brüllen hinter ihm. In rasendem Lauf stürzte ein zweites Tier aus dem Unterholz hervor auf den Magier zu. Sein Blitzstrahl traf es im Sprung und schleuderte es zu Boden. Schnell vergewisserte sich Lahryn, dass es auch wirklich tot war, dann eilte er über die Lichtung, wo der erste Angreifer gierig um das Kraftfeld schlich. Die Flammenwand war inzwischen in sich zusammengesackt. Der Magier hob wieder die Arme. Kleine schwarze Pfeile zischten hervor und trafen das Biest, das wütend aufheulte. Von Schmerz und Zorn angestachelt, ließ es von seiner Beute ab und wandte sich seinem Angreifer zu. Ein Flammenstrahl schoss plötzlich aus seinem Maul, doch Lahryn war schneller. Das Feuer verpuffte in einem Hagel aus Eiskörnern.
Noch einmal ließ Lahryn schwarze Pfeile hervorschießen, dann wankte er. Seine Kräfte waren aufgezehrt. Erschöpft fiel er auf die Knie. Das Ungeheuer knurrte böse. Schon glaubte der Magier, den heißen Atem spüren zu können. Er sah, wie sein Schutzschild um die Elbe verblasste. Noch einmal begehrte er auf, um dem Biest einen letzten Abwehrzauber entgegenzuschleudern, doch plötzlich verwehte der faulige Gestank aus seinem Rachen, das Knurren verklang, die Konturen des Wesens begannen zu flimmern,und es löste sich einfach in Luft auf. Auch die Elbenfrau und das Kind verschwanden und selbst das tote Ungeheuer. Lahryn sah Galorond zwischen den Bäumen hervortreten, und da verstand er. Dankbar nahm er dessen Hand. Noch immer atmete er schwer. Tränen der Erleichterung rannen ihm über die
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