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Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)

Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)

Titel: Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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er die Straße, die nach Südwesten abbog, und ritt stattdessen weiter südwärts. Schon vonweitem konnte er den dunklen Saum am Horizont erkennen, der langsam wuchs und sich dann am Abend in Wipfel und Zweige, knorrige Stämme und ausladende Äste auflöste. Am Waldrand unter einer Blutbuche entzündete Lahryn ein kleines Feuer und wärmte sich das Brot, das Nina ihm eingepackt hatte. Er kaute salzigen Speck und lauschte dem Knistern der Flammen. Zuerst genoss er die Stille, doch dann begann der alte Mann zu frösteln. Mit klammen Fingern griff die Einsamkeit nach ihm. Er wickelte sich in eine Decke, er konnte aber keine Ruhe finden. Vielleicht war der Weise von der Steineiche ja nur eine jener Legenden, die die Jahrhunderte überdauerten. Unruhig wälzte er sich hin und her, doch der Schlaf wollte nicht kommen. Noch bevor der Tag anbrach, packte er sein Bündel und ritt in den Wald hinein. Die ersten Stunden folgte er einem kaum erkennbaren Pfad, dann wurde das Unterholz so dicht, dass er absteigen und das Pferd am Zügel hinter sich herführen musste. Dornenranken verfingen sich in seinen Haaren und in seinem Umhang. Der Boden wurde schlammig, und schon bald waren seine Schuhe und Strümpfe schwarz und durchweicht. Es dämmerte schon, als er einen kleinen Teich mit grasigem Ufer erreichte. Vergeblich bemühte er sich, das feuchte, faulende Holz am Ufer zum Brennen zu bringen. Erschöpft und entmutigt ließ sich Lahryn auf einen toten Stamm sinken.
    Früher hätte es nur eines kleinen Zauberspruchs bedurft, um ein Feuer zu entzünden – magische Grundlagen, die die jungen Schüler nach wenigen Jahren erlernten. Sicher war das eine seiner leichtesten Übungen gewesen, doch er konnte sich nicht mehr daran erinnern. Je mehr er versuchte, in die Winkel seines Gedächtnisses vorzudringen, desto tiefer wurde die Schwärze, die ihn umfing.
    Von tiefer Verzweiflung geplagt, setzte er seinen Weg am nächsten Tag fort. Die Bäume waren so hoch und dicht, dass er nicht einmal mehr wusste, in welche Himmelsrichtung er ging. Müde setzte er einen Fuß vor den anderen. Trübe huschte sein Blick über den blätterbedeckten Waldboden, bis er an einem Paar Füße hängen blieb, die in wild-ledernen Schlupfschuhen steckten. Verwirrt sah der Magier auf und starrte einen Augenblick verständnislos auf die grün gekleidete Gestalt, die einen Bogen gespannt und einen Pfeil auf ihn gerichtet hatte. Spitze Ohren schauten zwischen den braunen Haaren hervor. Ein Seufzer der Erleichterung kam über seine Lippen. Er hatte die Elben gefunden.
    »Lahryn, Lahryn!«
    Ein junger Mann stürzte aufgeregt auf den verdutzten Magier zu, als er, von vier bewaffneten Elben begleitet, die Elbenstadt in den Bäumen erreichte.
    »Dass ich Euch noch einmal wieder sehe, habe ich nicht zu hoffen gewagt.«
    »Vlaros? Das ist wirklich eine Überraschung.«
    Herzlich umarmten sich die Männer.
    »Ich bin hier, weil ich hoffe, bei Galorond von der Steineiche Heilung zu finden.«
    Vlaros nickte. »Er ist ein mächtiger Heiler. Er hat Rolana gerettet und wird auch sicher etwas für Euch tun können.«
    Lahryn hob fragend die Augenbrauen, doch der älteste seiner Elbenbegleiter trat nun vor und bat den Magier höflich, ihm zum Versammlungshaus zu folgen, damit die Ältesten über sein Schicksal entscheiden konnten.
    »Ich werde im Gasthaus auf Euch warten«, rief Vlaros ihm hinterher, als er mit seinen Begleitern weiterging.
    Die Versammlung dauerte den ganzen Abend, doch dann trat Galorond von der Steineiche zu Lahryn und forderte ihn auf, ihm zu seinem Baumhaus zu folgen. Schweigend schritten die beiden Männer nebeneinanderher und stiegen dann die schwankende Leiter in die Äste der Eiche hinauf. Lahryn betrat hinter dem Weisen einen düsteren Raum, der nur von den Flämmchen zweier Ölschalen erhellt wurde. Galorond deutete auf das linnenbedeckte Mooslager an der Wand und forderte den Magier auf, sich hinzulegen. Seine Stimme klang sanft, doch Lahryn spürte die starke Kraft, die dem alterslosen, sehnigen Körper innewohnte. Er spürte auch sein eigenes Zittern, als Galorond nach seiner Hand griff.
    »Versucht Euch zu entspannen und an nichts zu denken. Lasst Eure Gedanken ruhig fließen. Ich will mich auf eine Reise durch Euren Geist begeben und nach Eurem Gedächtnis suchen. Ich will das aufdecken, was die zerstörerische Magie in Euch verschüttet hat.«
    Die Ölschalen erloschen, und der Raum wurde von den Schatten verschlungen. Der Weise begann zu singen,

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