Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Leben dort draußen«, brummte Thunin und goss sich noch einmal seinen Becher voll.
»Ja, wenn ihr meint«, sagte Vlaros und lächelte Rolana an.
Der Zwerg grinste über das ganze Gesicht und erhob seinen Becher. »Ja, dann ist unser wilder Haufen also komplett, und es bleibt mir nur noch zu sagen: Auf nach Theron!«
Lahryn saß in seinem unterirdischen Laboratorium und experimentierte an einem Unsichtbarkeitstrank. Bunte Fläschchen, Röhren, Pulver und Flüssigkeiten glänzten geheimnisvoll im flackernden Licht der Flamme, die das Gebräu erhitzte. Blauer Rauch hing in der Luft. Lahryns Erdhörnchen behagten die Dämpfe wohl gar nicht, denn es hatte sich in eine tiefe Spalte zwischen den großen Steinquadern, aus denen die Wände gemauert waren, zurückgezogen. Lahryn blickte konzentriert auf seine Apparatur und schenkte der Frau, die erregt auf und ab ging, keine Beachtung.
»Lahryn, ich rede mit Euch!«, kreischte sie, und ihr sonst so ebenmäßiges Antlitz verzog sich zu einer hässlichen Grimasse. Mit einer theatralischen Geste warf sie ihr langes schwarzes Haar in den Nacken. Der alte Magier seufzte.
»Mykina, falls es deiner Aufmerksamkeit entgangen ist: Ich versuche gerade ein schwieriges Experiment durchzuführen. Würdest du mich also bitte mit deiner Fragerei verschonen und mich endlich in Ruhe lassen. Wenn du Auskünfte über die Reise des Grafen wünschst, dann frage ihn doch selbst danach.«
Das gehässige Lachen veranlasste den Magier, sich umzudrehen. Er sah seine Schülerin scharf an.
»Was soll das bedeuten? Was ist mit dem Grafen? Weißt du etwas, das ich nicht weiß?«
»Ich habe gerade leider keine Zeit, Eure Fragen zu beantworten«, ahmte sie Lahryns Tonfall nach. Spöttisch lachend verließ sie das Labor.
Der alte Magier sah ihr beunruhigt nach. Was war mit ihr los? Sie benahm sich nicht so demütig, wie es eine Schülerin ihrem Meister gegenüber tun sollte, und wieder einmal stieg der Verdacht in ihm auf, dass sie nicht die Unwissende war, die sie zu sein vorgab. Was wollte sie, wenn nicht an seiner Erfahrung teilhaben und von ihm lernen? Warum interessierte sie sich für die Reise des Grafen? Das ungute Gefühl in ihm wuchs. Wo war Gerald von Theron? Der alte Magier versuchte sich daran zu erinnern, wann er zum letzten Mal mit dem Grafen gesprochen hatte. Schuldbewusst dachte er an den Besuch der Gräfin in seinem Labor. Sie war in tiefster Sorge gewesen und hatte sich in ihrer Not an ihren Hofmagier gewandt, doch der war mit seinen Gedanken wieder einmal nur bei seinen Experimenten gewesen. Er versuchte sich an Laminas Worte zu erinnern. Sagte sie nicht, Gerald sei verschwunden und sie habe Angst, ihm sei etwas passiert? War der Graf etwa immer noch nicht zurückgekehrt?
Besorgt trat Lahryn auf die Tür zu. Die Welt dort oben drehte sich, doch an ihm lief das Leben unbemerkt vorbei. Vielleicht wurde es Zeit, sich wieder einmal in den Lauf der Dinge einzumischen. In diesem Moment begann die grüne Flüssigkeit in einem großen Kristallkolben zu brodeln, und Lahryn eilte zum Tisch zurück, um das magische Feuer neu einzustellen. Darüber vergaß er den Grafen und die Gräfin und die ganze Welt dort draußen.
Bis tief in die Nacht saß er vor seiner Apparatur. Er spürte keinen Durst und keinen Hunger, doch irgendwann kroch die Erschöpfung leise an ihm hoch. Seine Augenlider wurden schwer, sein Kopf sank auf die Tischplatte. Bald war der Kerkerraum von leisem Schnarchen erfüllt.
In den frühen Morgenstunden näherte sich die schwarzhaarige Frau wieder den Räumen des Hofmagiers. Magie machte ihre Schritte unhörbar. Sie kam geräuschlos in das Laboratorium und betrachtete ihren schlafenden Meister. Sein Kopf ruhte auf den verschränkten Armen, sein Atem ging regelmäßig. Mykina trat hinter ihn. Selbst im Schlaf spürte er die Schwingungen der Magie und die Gefahr, die hinter ihm lauerte, doch die Erschöpfung forderte ihren Preis. Noch ehe die Worte des Zauberspruchs über seine Lippen kamen, traf ihn das Stilett in den Rücken, nicht tief und nicht tödlich, aber doch so, dass der Schmerz ihm kurz die Sinne raubte und ihr Spruch ihn mit voller Wucht traf. Mit mächtiger Magie drang Mykina in seine Gedanken ein. Der Strom aus Wissenskraft und Gefühlen erschlug sie fast, so dass ihre Kraft für einen Moment wankte. Verzweifelt versuchte sich Lahryn gegen den Angriff auf seinen Geist zu wehren und einen Schutzwall zu errichten. Voller Schmerz schrie Mykina auf. Der Kampf zehrte
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