Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
an den Kräften des verletzten Magiers, doch selbst als er stöhnend auf die Knie sank, gelang es Mykina nicht, an das gesuchte Wissen heranzukommen. Ihre Konzentration ließ nach, ihre Kräfte waren nahezu verbraucht. Die magischen Ströme kreuzten sich und ließen die Luft flimmern. Plötzlich entglitt Mykina die Kontrolle über ihren Spruch. Funken knisterten und regneten zu Boden, als der magische Strom in seiner zerstörerischen Kraft durch Lahryns Gedanken flutete und sie verschlang.
Der Magier fiel zu Boden und barg den Kopf zwischen den Händen. Er rollte sich auf den Steinfliesen hin und her und schrie, doch er konnte die Magie nicht mehr aufhalten, die immer tiefer in ihn eindrang und seinen Geist zerstörte. Es summte und zirpte um ihn her. Bücher und Pergamentbündel gingen in Flammen auf. Bald loderte das ganze Regal mit all den gesammelten Schätzen der Wissenschaft wie eine einzige Fackel auf. Entsetzt ergriff Mykina die Flucht. Flaschen und Gläser explodierten und färbten die Wände schwarz. Während die verkohlten Pergamentreste in sich zusammenfielen, lag Lahryn wimmernd am Boden. Sein Blick war leer.
3
Burg Theron
I n einer riesigen Höhle, deren Wände in feurigem Rot leuchteten, lag ein Drache. Er hatte sich in den Berg von Münzen und Edelsteinen, die er in seinen jungen Jahren angehäuft hatte, eine bequeme Kuhle gegraben. Nun ruhte der schuppige Kopf auf den Klauenfüßen. Kleine Rauchkringel stiegen aus seinen Nasenlöchern auf, wenn er ausatmete, und von Zeit zu Zeit huschte ein Leuchten über seinen Körper, dessen hornige Schuppen wie poliertes Kupfer glänzten.
Der Drache maß von der Schwanzspitze bis zur Nase stolze einhundertsiebzig Fuß. Ein gewaltiger Anblick aus der Sicht eines unbedeutenden Menschen. Fast eintausend Jahre war die Echse inzwischen alt, doch die letzten Jahrhunderte hatte sie fast völlig verschlafen. Seit einiger Zeit jedoch wachte der Drache immer öfter auf. Dann warf er misstrauische Blicke um sich und sog geräuschvoll die Luft ein. Wie alle Drachen war Peramina sehr empfänglich für magische Schwingungen, und was die Echse nun witterte, gefiel ihr gar nicht. Es lag etwas Böses in der Luft, das wuchs und wuchernd um sich griff. Peramina spürte mächtige schwarze Magie.
Der Drache war alt und wusste, dass er nicht mehr lange zu leben hatte, doch was würde aus seinen Nachkommen werden? Früher waren seine Schätze das Wichtigste für ihn gewesen. Die glänzenden Haufen zu vermehren hatte ihnbefriedigt, und er war glücklich gewesen, nur dazuliegen und den Glanz der wertvollen Metalle und schimmernden Edelsteine zu betrachten. Doch der Wert der Schätze war in seinen Augen verblasst. Es gab plötzlich wichtigere Dinge, die viel schwieriger zu erlangen waren als die glänzenden Münzen.
Obwohl der Drache seit dreihundert Jahren seinen Hort nicht mehr verlassen hatte, wusste er, was in der Welt dort draußen vor sich ging. Er kannte die Zwerge, die sich in die Westflanke der Silberberge gruben, um dem Fels das wertvolle Metall zu entreißen, und er las in den Gedanken der Menschen, die auf der Jagd nach den grauen Bären durch die tiefen Schluchten und über die steilen Pässe zogen. Im Süden, dort wo die Silberberge in sanfte grüne Hügel übergingen, lebten Elben, doch sie verließen nur selten ihre Wälder. Die Menschen und ihr Geschick interessierten sie nicht.
Peramina sandte ihre Gedanken auf Reisen. Lange hatte die Echse geschwiegen, doch nun war die Zeit gekommen, ihr Schweigen zu brechen. Der Friede der gesamten Welt war in Gefahr, und mit ihm die Freiheit der stolzen Drachen.
Noch vor Sonnenaufgang brachen die Gefährten am nächsten Morgen auf. Sie ritten durch die leeren Gassen zum Nordtor hinaus und folgten dann dem Lauf eines munteren Baches. Der wolkenlose Himmel versprach wieder einen schönen Tag. Es schien, als sei nach wochenlanger Kälte und tagelangen Wolkenbrüchen endlich der Sommer eingekehrt. Ausgeruht und voller Erwartungen ritten sie aufeinem schmalen Pfad nach Nordwesten. Cay trieb sein scheckiges Pferd an, und Ibis setzte ihm nach. Voller Übermut lieferten sich die beiden ein Wettrennen und verschwanden unter lauten Rufen um die nächste Biegung. Schimpfend ritt Thunin auf seinem kleinen, kräftigen Kaltblüter hinterdrein.
»Lass sie sich doch austoben«, meinte Vlaros, der neben dem Zwerg herritt. »Bis heute Abend werden sie schon noch müde werden.« Wie üblich war der junge Magier tadellos gekleidet und saß
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