Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
auf dem Meer, einem Leben als mutiger Kämpfer, der Kaufleute und schöne Frauen beschützt. Immer wenn er seinen Pflichten entwischen kann, läuft er zum Strand hinunter oder klettert über die windgepeitschten Klippen. Sehnsuchtsvoll sieht er den Schiffen nach, die in sicherem Abstand an der gefährlichen Felsküste vorbeisegeln.
Cay ist sechzehn, als eines Tages ein Handelsschiff in der Bucht strandet. Neugierig läuft der Junge zum Strand und sieht den Männern zu, die sich abmühen, das Schiff von der Sandbank zu ziehen. Der bunt gemischte Haufen Seeleute gefällt ihm, und schon bald packt er mit an, schleppt Kisten und nagelt Planken wieder fest. Als die Flut kommt und das Schiff befreit, steht Cay an der Reling und nimmt ohne Bedauern von seinem bäuerlichen Leben Abschied. Keinen Augenblick hat er gezögert, als die Männer ihn aufforderten, als Schiffsjunge mit an Bord zu kommen. Nun spürt er das ungewohnte Rollen unter seinen Füßen, saugt die würzige Seeluft in seine Lungen und lauscht dem Wellenschlag und dem heiseren Krächzen der Möwen.
Cay ist an harte Arbeit gewöhnt, und so liebt er das Leben auf See. Nur selten denkt er noch an die Eltern und Geschwister, doch dann plagt ihn das schlechte Gewissen. Nach einigen Monaten bittet er seinen Freund, den Smutje Kevin, einen Brief für ihn zu schreiben, und gibt ihn in Ehniport einem Händler mit, der nach Süden reist, aber Cay erfährt nie, ob der Brief sein Ziel erreicht.
Die Abende verbringt Cay oft mit Kevin zusammen. Sie sitzen in den Taurollen und lauschen dem Plätschern der Wellen und dem Säuseln des Windes. Kevin erzählt Geschichten. Cay ist überzeugt, dass sich nicht eine wirklich so zugetragen hat, doch das stört ihn nicht. Der Smutje kann einfach spannend erzählen. Cay liebt es, in den funkelnden Sternenhimmel zu sehen und sich von Kevins tiefer Stimme zu aufregenden Abenteuern in fremde Welten entführen zu lassen.
»Warum hast du nie Lesen und Schreiben gelernt?«, fragt ihn der Smutje eines Abends.
Der junge Bursche errötet. »Dazu war nie Zeit Sobald ich kräftig genug war, musste ich mit aufs Feld, das Vieh hüten oder den Garten von Unkraut befreien. Wozu muss ein Bauer oder ein Schiffsjunge lesen und schreiben können?«
Kevin wiegt den Kopf hin und her. »Willst du dein ganzes Leben als Schiffsjunge verbringen? Etwas Neues zu lernen ist nie ein Fehler. Also, wenn du willst, dann bringe ich es dir bei.« \
Sie üben jeden Abend, und obwohl es Cay sehr schwer fällt, gibt er nicht auf, und Kevin verliert nie die Geduld mit ihm. Als der Bursche so weit ist, dass er ganze Sätze langsam lesen kann, schenkt ihm der Smutje ein Buch über tapfere Seefahrer, versunkene Städte und schreckliche Seeungeheuer, und wenn Kevin keine Lust hat, Geschichten zu erzählen, liest Cay aus seinem Buch vor.
Viel freie Zeit hat Cay auch während der Jahre auf See nicht, denn auf der Gonola muss er hart mit anpacken, doch die Arbeit macht ihm Spaß. Seine Freundschaft zu Kevin und den anderen Seeleuten bleibt ihm immer als etwas Besonderes in Erinnerung.
Cay fährt bereits vier Jahre zur See, als er bei einer Fahrt den Waffenmeister Phillos kennen lernt, der seinem Leben eine erneute Wende geben soll. Bewundernd sieht Cay dem drahtigen Mann zu, wenn er an Deck das Schwert durch die Luft schwirren lässt oder in einem wirbelnden Tanz mit dem Säbel gegen einen unsichtbaren Gegner ficht.
»He, Junge, komm mal her!«, ruft er an einem sonnigen Tag, als die Gonola im Thyrinnischen Meer nach Süden kreuzt.
»Ich?« Cay sieht ihn ungläubig an. Was willl der große Waffenmeister von einem Schiffsjungen? Hastig springt er herbei, um dem Herrn zu Diensten zu sein.
»Hast du schon einmal mit dem Schwert gekämpft?«
Cay schüttelt den Kopf und umklammert ungeschickt die schwere Waffe, die Phillos von Ceranti ihm reicht.
»Ich habe dich in den letzten Tagen beobachtet. Du bist kräftig und flink. Du könntest einen ganz passablen Schwertkämpfer abgeben. Willst du es einmal versuchen?«
Cays Augen glänzen. Unfähig, auch nur einen Ton herauszubekommen, nickt er stumm. Doch die Ernüchterung lässt nicht lange auf sich warten. Sosehr er sich auch müht, das Schwert in seiner Hand scheint sich über ihn lustig zu machen, und oft besteht eher die Gefahr, dass er sich selbst verletzen könnte als seinen Gegner. Entmutigt lässt Cay die Klinge sinken.
»Das war nicht schlecht für den Anfang«, lobt der Waffenmeister.
Cay starrt ihn an, doch er
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