Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
erschreckt habe.« Sie nahm ein Stück Brot und kaute abwesend darauf herum.
Die Elbe nickte und lächelte weise. »Das sind die ersten Anzeichen eines Verlieskollers. Das kenne ich.«
Vlaros legte ihr die Hand auf den Arm, ohne Cays gerunzelte Stirn zu beachten.
»Die Finsternis zerrt an unseren Nerven. Seit Tagen sehen wir nur feuchte Gänge und Grüfte. Da brauchst du dich nicht zu schämen, wenn du einmal die Fassung verlierst.«
Rolana öffnete den Mund, doch sie sagte nichts. Das Bild einer riesigen Echse stieg vor ihr auf. Die Bernsteinaugen durchbohrten sie. Fassungslos wanderte ihr Blick über das kupferglänzende Schuppenkleid, die ledrigen Schwingen, die klauenbewehrten Füße und den schweren Kopf mit den scharfen Hornfortsätzen. Der Drache öffnete das Maul und ließ seine spitzen Zähne sehen. Rauchschwaden stiegen aus seinen Nüstern. Dann legte er sich auf seinen glitzernden Münzenberg und schloss die Augen.
»Rolana?« Cay hielt ihr ein Stück streng riechenden Käse hin.
Die junge Frau schreckte hoch. Es dauerte eine Weile, bis sie wieder wusste, wo sie sich befand. Sie blinzelte und starrte Cay an, dann schüttelte sie den Kopf und legte auch den Rest Brot, den sie noch in ihrer Hand hielt, in den Beutel zurück. Sie spürte die fragenden Blicke der Gefährten auf sich ruhen, doch wie konnte sie ihnen von ihren Visionen erzählen?
»Ich bin müde«, sagte sie daher nur und wickelte ihre Decke um sich. Thunin nickte, sah sie aber immer noch skeptisch an.
»Wir sollten jetzt alle schlafen. Ich übernehme die erste Wache, dann Cay, Ibis und zuletzt Vlaros.« Er schnitt Rolanas Protest mit einer energischen Handbewegung ab. »Dubrauchst deinen Schlaf!«, sagte er in einem Ton, der keine Widerrede duldete.
Sie träumte von einem großen Drachen. Er sprach mit ihr, und er sah tief in ihr Herz, doch sie empfand keine Angst. Rolana stand auf und trat zu ihm. Sie berührte seine Schuppen. Glatt und warm streiften sie ihre Hand. Ein Gefühl von Geborgenheit durchflutete die junge Frau, und sie lächelte im Schlaf.
Der Tag begann so trübsinnig, wie der vorherige geendet hatte. Feuchte Gänge und Hallen wanden sich endlos durch die Tiefen des Berges. Die Einsamkeit schlich eisig durch die Finsternis und grub sich zerstörerisch in die Seelen der Freunde. Der einzige Lichtblick des Tages war eine Zisterne mit genießbarem Wasser, die sie in einer Halle fanden. Erleichtert tranken sie ausgiebig und füllten dann ihre Schläuche. Für kurze Zeit fühlten sie sich erfrischt und schöpften neuen Mut, doch schon nach wenigen Stunden stolperten sie wieder matt und lustlos die Gänge entlang. Die Gespräche waren verstummt, nur das Echo schleuderte den Klang ihrer Schritte von Wand zu Wand.
»Menschen und Zwerge!«, brummte die Elbe und schüttelte den Kopf. »Müssen sie sich immer anhören, als wäre eine Horde wilder Orks unterwegs?«
Spielerisch ließ sie die Hand über die glatten Steine an der Wand gleiten, als ihre Finger plötzlich auf einen Widerstand stießen. Ibis blieb so unvermittelt stehen, dass Vlaros, der hinter ihr ging, auf sie prallte.
»Halt!«, rief die Elbe laut. Thunin und Rolana, die einige Schritte voraus waren, blieben stehen und wandten sichum, doch bevor sie fragen konnten, was denn los sei, raste mit ohrenbetäubendem Rasseln ein schweres Eisengitter aus der Decke und knallte auf den Boden. Donnergrollend sprang das Echo von den Wänden zurück, wanderte den Gang entlang und verhallte schließlich in der Ferne. Eine Weile herrschte Totenstille. Sprachlos starrten sie sich durch das Gitter an, das den Gang abriegelte. Thunin und Rolana auf der einen, Ibis, Cay und Vlaros auf der anderen Seite.
»Was nun?« Ibis fand als Erste ihre Sprache wieder. Sie fluchte laut und unfein. Der Zwerg stemmte die Hände in die Hüften. Seine Stimme klang müde.
»Wenn dir keine Flüche mehr einfallen, dann kannst du ja mal etwas Sinnvolles tun und mithelfen nach dem Mechanismus zu suchen, mit dem man das Gitter wieder hochziehen kann.«
Ibis murrte vor sich hin und schimpfte über Zwerge und Menschen, die immer blindlings in Fallen tappten, doch sie machte sich an die Arbeit. Eifrig suchten die Gefährten jeden Fingerbreit auf beiden Seiten des Fallgitters ab, vergeblich. Dann versuchten Thunin und Cay das Gitter hochzustemmen, doch es rührte sich nicht einmal. Auch mit einem Brecheisen war hier nichts zu machen, und dieses Mal konnte selbst Vlaros nicht helfen. Sein Fläschchen mit der
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