Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Aufmerksam wanderten die schwarzen Knopfaugen des Tiers hin und her, und als sie die Beobachterin entdeckten, stieß der kleine Nager einen hohen Pfiff aus. Ibis fuhr zurück, und schon drehte der Mann den Kopf.
»Mykina? Schleichst du dich dort draußen herum? Kommst du wieder, um dich an meinem Unglück zu weiden?«, rief er, doch als keine Antwort kam, wandte er sich wieder seinem brodelnden Gebräu zu. Ibis hatte genug gesehen und zog sich leise zurück. Offensichtlich war der Alte auch ein Gefangener und somit wohl irgendwie auf ihrer Seite.
Ibis ging zurück, um ihre Kameraden zu informieren.
Zögernd näherten sich die Freunde dem Torbogen mit der magischen Barriere und blieben dann im Lichtschein stehen. Der alte Mann wandte sich auf seinem Stuhl um und musterte die Ankömmlinge in ihren schmutzigen und zerrissenen Gewändern.
»Kommt doch herein«, forderte er sie schließlich auf. »Die magische Schranke wird euch nicht aufhalten. Sie ist nur für mich bestimmt.« Er seufzte schwer.
Mutig trat Cay als Erster vor. Die anderen folgten ihm. Unsicher musterten sie den alten Mann und den Raum, der noch deutlich die Spuren eines zerstörerischen Kampfes zeigte. Rolana fing sich als Erste, legte die rechte Hand an die Brust und neigte den Kopf.
»Rolana von Lichtenfels, Tochter des Soma und Priesterin über dem Adasee«, stellte sie sich vor.
»Soso«, brummte der Mann und ließ seinen Blick von ihrem verklebten Haar über das blutverschmierte Hemd und die schmutzigen Hosen bis zu ihren ausgetretenen Schuhen wandern.
»Und ich bin Lahryn aus dem Felsental, Hofmagier von Theron – na ja, zumindest war ich das einmal«, sagte er nach einer Weile. Nun stellten sich auch die anderen vor. Lahryn zog die weißen Augenbrauen hoch und sah jeden der Freunde durchdringend an.
»Und was hat euch hier in den Keller von Theron verschlagen?«, fragte er und fügte dann noch hinzu: »Ihr seht aus, als hättet ihr einiges erlebt in den letzten Tagen.«
»Das ist eine lange Geschichte«, seufzte Rolana.
»Ich habe Zeit, viel Zeit.« Der alte Magier nickte in Richtung der schimmernden Barriere.
Er führte die Freunde in den angrenzenden Raum und bot ihnen ein paar alte Kisten zum Sitzen an. Dann schlurfte er davon und kam mit einem verkorkten Weinkrug zurück.
»Der Letzte«, sagte er und hob entschuldigend die Schultern. Grinsend schnürte Thunin seinen Rucksack auf und packte all die Köstlichkeiten aus, die er aus dem Vorratskeller mitgenommen hatte. Dann begannen die Freunde derReihe nach von ihrer Reise durch das Labyrinth zu berichten. Lahryn hörte aufmerksam zu. Er unterbrach sie nicht, nickte aber immer wieder einmal wissend. Nur als sie von Gerald von Therons Leiche erzählten, presste er die Lippen fest zusammen, und ein feuchter Schimmer trat in seine Augen.
»Dann habt ihr also auch das wahre Gesicht der schönen Mykina kennen gelernt«, sagte er, nachdem die Freunde ihren Bericht beendet hatten.
»Und wie seid Ihr in ihr Netz geraten?«, fragte Rolana neugierig.
»Durch Dummheit und Arroganz«, seufzte der alte Magier. Dann begann er zu erzählen, wie Mykina auf der Burg aufgetaucht war und ihn gebeten hatte, sie als Schülerin bei sich aufzunehmen.
»Aus Adahorn käme sie, hat sie mir erzählt, und dass sie die Tochter von Geralds Vetter Theobold sei. Warum hätte ich ihr misstrauen sollen? Ich war zu sehr beschäftigt, ein paar neue Tränke zu entwickeln, so dass ich froh war, die lästigen kleinen Alltagsaufgaben an sie abgeben zu können.« Er schüttelte fassungslos den Kopf. »Und so zog ich mich in meinen Keller zurück und ließ ihr freie Hand. Es gab genug Anzeichen, dass mit ihr etwas nicht stimmte, doch ich wollte sie nicht sehen, und auch auf die Gräfin habe ich nicht gehört.« Er schwieg eine Weile und hing seinen Gedanken nach. Dann fuhr er mit fester Stimme fort.
»Ich kannte Gerald von Theron seit seiner Geburt. Ich wusste, dass es ein großes Geheimnis gab, welches der Vater nur auf den Sohn vererbt. Dann trat er jene verhängnisvolleReise an, von der er nach einem Jahr völlig verändert zurückkehrte. Er kam zu mir. Panischer Schrecken glänzte in seinem Blick. Etwas sehr Wichtiges, das er sicher geglaubt hätte, sei verschwunden, und er wisse, wo ein weiterer Teil des, wie er es ausdrückte, zerschlagenen Ganzen liege. Das Überleben der Welt hinge davon ab, dass dieses Wissen nie in falsche Hände geriet. Er entschloss sich zu einem folgenschweren Schritt.« Lahryn holte tief
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