Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Kapitän warf noch einen Blick durch das Fernrohr. Er konnte zwei seiner Männer sehen, wie sie von drei Kämpfern hart bedrängt wurden. Er sah, wie Kem fiel. Mit einem Ruck wandte er sich ab und gab den Befehl zum Auslaufen. Träge drehte sich das Schiff, bis der Wind in die Segel fuhr und sie aufblähte. Der Zweimaster legte sich zur Seite und nahm rasch Fahrt auf. Der Kapitän ließ Kurs auf die Spitze der Fenonhalbinsel setzen, erst dann erlaubte er sich ein paar Minuten, um an seine verlorenen Männer zu denken. Es waren gute Jungs gewesen, auf die er sich immer hatte verlassen können. Jetzt waren sie tot. Das Sterben gehörte mit zum Handwerk der Piraten, und es war nicht ihr Tod, der den Kapitän so wütend machte. Der ganze Auftrag hatte ihm von Anfang an nicht geschmeckt. Auf seinem Schiff Befehle von einem schmächtigen Magier entgegennehmen zu müssen, der keine Stunde auf einem Kahn sein konnte, ohne sich die Seele aus dem Leib zu kotzen! Er nahm Refos übel, dass er sich in Sicherheit gebracht und seine Männer im Stich gelassen hatte. Das würde er ihm nicht verzeihen. Wenn es nicht der Narbige gewesen wäre, der ihm seine Befehle gegeben hätte, dann wäre er bereit zu vergessen, dass der Magier unantastbar sein sollte.
Der Tag verging, und der Wind drehte nach Südosten, so dass sie nicht mehr kreuzen mussten, sondern hart am Wind segeln konnten. Die Schlange legte sich ächzend nochweiter auf die Seite, weiß schäumend schoss das Wasser an den geteerten Planken entlang.
Refos ließ seine kostbare Fracht unter Deck bringen, befreite Lamina von Fesseln und Sack und stieß sie in eine kleine Kajüte. Der Schlüssel knirschte im Schloss, der Riegel rastete ein. Während die Männer an Deck hin und her eilten und darauf achteten, dass die Segel gut im Wind lagen, begab sich Refos in seine Koje, bevor sein Magen wieder zu rebellieren begann.
Es war ein trauriger Haufen, der dort auf der Wiese vor dem niedergebrannten Gut stand. Blutverschmiert und rußbedeckt hockten sie da und starrten auf den rauchenden Trümmerhaufen, der alles war, was von dem prächtigen Anwesen übrig geblieben war.
Cewell, dessen Wunden inzwischen verbunden waren, hielt sein totes Weib in den Armen. Sem Blick war versteinert, keine Träne trat in seine Augen. Auch die anderen schwiegen. Es gab nichts, womit sie ihn über den Verlust von Frau und Kind und seinem Gut hätten hinwegtrösten können. Die Waren, die die Piraten hatten plündern wollen, und die Pferde und Kühe, die dem Feuer entkommen waren, waren alles, was ihm nun noch blieb.
Ibis, der solch ein Kampf nicht so schnell aufs Gemüt schlug, schlenderte zu den gefallenen Piraten, um sie zu durchsuchen. Vielleicht trugen sie etwas Brauchbares bei sich. Die Elbe trat zu der Gestalt, die ihr Wurfdolch niedergestreckt hatte. Ohne erkennbare Gemütsbewegung zog sie die Klinge aus seinem Rücken und wischte sie sorgfältig im Gras ab, als ein leises Stöhnen sie aufhorchen ließ.
»Der ist ja gar nicht tot«, sprach sie zu sich selbst. »Ibis, du lässt nach!« Sie drehte den Mann auf den Rücken. Er öffnete die Augen und sah die Elbe hasserfüllt an. Ibis kniete sich auf seine Brust.
»Du willst mir jetzt sicher verraten, wohin euer Kapitän die Gräfin bringt. Los, du Ratte, spuck es aus!«
Der tödlich Verletzte presste die Lippen zusammen. Ibis setzte ihm die Dolchspitze an die Kehle.
»Lass diese Spielchen, wenn du nicht willst, dass ich dir vor deinem Tod noch sehr wehtue.«
Die Schneide fuhr an seinem Hals entlang und hinterließ eine feine rote Spur, aber der Pirat starrte die Elbe nur an. Ein zweiter Schnitt zog sich nun über seine Wange.
»Nun? Hast du mir gar nichts zu sagen?«
»Fansei«, wimmerte er plötzlich.
»Was? Ich kann dich nicht verstehen.«
»Hoher Turm, Wasserstadt, Fansei«, keuchte der Seemann, doch dann wurde sein Blick starr. Sein Kopf fiel zur Seite, und voll Bedauern bemerkte Ibis, dass er tot war. Kopfschüttelnd schob sie den Dolch zurück in den Stiefel.
»Fansei, Fansei«, murmelte sie. »Habe ich noch nie gehört. Etwas deutlicher hätte sich der Kerl schon ausdrücken können.«
Alle warteten darauf, dass Cewell das Wort erhob, doch der starrte immer noch schweigend vor sich hin.
Die Priesterin schlug dem Kaufmann vor, nach Fenon zu fahren, um im Schutz der Mauern die Nacht zu verbringen. Er reagierte nicht, ließ es jedoch zu, dass die Gefährten die Toten auf einen Wagen luden. Rolana zog Cewell vom Boden hoch und schob
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