Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
auf. „Seltsam, Raben fliegen niemals nachts“, sagte Ferni. Keiner der Männer sprach aber aus, was alle dachten: dass dies ein schlechtes Omen war.
49. Der goldene Käfig
as Schlimmste war, nicht zu wissen, was los war. Es konnte tausende von Gründen geben, warum sie hier in diesem goldenen Käfig gefangen war. Nicht, dass sie jemand als Gefangene bezeichnet hätte. Nein, sie sei „bis auf weiteres ein willkommener Gast in Thodenhall“, aber wenn sie der Gastfreundschaft überdrüssig wurde, dann hieß es, dass sie leider hier bleiben müsse, „zu ihrem eigenen Schutz“.
Ab er was noch mehr wehtat, war, dass Gareth sie offensichtlich so schnell hatte fallen lassen wie ein Stück glühende Kohle.
Sie musste Derek im Thronsaal ziemlich lange erstaunt angestarrt haben, denn nach einer Weile hatte er sie angelächelt, sich von seinem Thron erhoben und war die paar Stufen zu ihr hinab gestiegen. „Es freut mich Euch zu sehen, Cathyll de Marc. Doch noch mehr tut es mir leid, dass Ihr unter diesen Umständen von der Abdankung Eures Gatten erfahren müsst.“ Dann hatte er sie bei der Hand genommen und in die Augen geschaut. Sie hatte keine wirkliche Erinnerung mehr an diesen Edelmann, dem sie einmal in ihrem eigenen Thronsaal begegnet war, als Gareth seine Heerführer vorgestellt hatte. Er war ihr damals nicht besonders aufgefallen, was erstaunlich war, denn im Moment hatte er einen wahrhaft majestätischen Ausdruck und eine genuin ehrfurchtseinflößende Haltung.
„Gareth hat … abgedankt?“
„Ja, Mylady, leider. Eines Tages, ganz überraschend, kam er zum Hofmarschall und tat kund, dass er sein Leben von nun an dem Studium des Mondes widmen wolle.“
„Aber…“
„Wir haben uns auch gefragt, wie es zu diesem plötzlichen Sinneswandel kam, wirklich. Und wir haben alle an Mylady gedacht und uns gefragt, ob ihr dieser Schritt bekannt gemacht worden sei.“ In diesem Moment war ein Mann aus einer Ecke des Saales hervorgetreten, den sie vorher noch nicht bemerkt hatte. Er war ganz in Schwarz gekleidet und trug einen weißen Kreis auf seiner Brust. „Ich habe versucht, ihm klarzumachen, dass sich der Dienst an Kirche und Staat nicht gegenseitig ausschließen muss, Mylady. Gestatten, Großmeister Tarhorg, Präfekt des Mondkreises.“ Damit hatte sich der Mann verbeugt.
Cathyll schaute den großen Mann an. Sie hatte im Hinterkopf, was ihr Balain gesagt hatte über die Wandlungen an der Spitze der Kirchen, aber sie konnte sich nicht an Einzelheiten erinnern. Immerhin machte Tarhorg einen mitfühlenden Eindruck auf sie.
„Ich bin sicher, Ihr habt viele Fragen, Mylady. Andererseits seid Ihr sicherlich auch ermüdet, nach Eurer langen Reise?“
„Äh, ja. Ich bin auch müde. Gibt es denn keine Möglichkeit mit Gareth zu sprechen? Ich bin seine Ehefrau.“ Derek und Tarhorg schauten sich an, als müssten sie sich überwinden, Cathyll über das Ausmaß an Gareth‘ Abwendung von der Welt zu berichten. Schließlich nahm Tarhorg sie am Arm und führte sie zu einem mit Obst und Wein gedeckten Tisch. „Gareth war sehr strikt und eindeutig mit seinen Anweisungen. Nach einer langen Nacht im Mondgebet hat er mich gerufen und bestimmt, dass er sein Leben von nun an ganz dem Mond widmen werde. Dazu gehöre auch, darauf hat er bestanden, eine Abkehr von allen weltlichen Kontakten. Ich befürchte, er wird Euch nicht sprechen wollen. Aber ich werde natürlich sofort den Legaten im Konvent informieren, der seinerseits Euren Gatten informieren wird.“
Cathyll nahm ein Glas Wein und trank es in einem Zug aus. Dann schaute sie Derek Hull an. „Ich möchte nicht unhöflich erscheinen, Herr…, aber wie kommt es, dass Ihr nun an Gareth ‘ Stelle steht.“
Derek schien durch ihre Frage nicht verärgert zu sein.
„Gareth und ich waren schon seit Kindertagen Freunde. Er hat mir immer vertraut und hat mich gleich als Nachfolger für sein Königreich vorgeschlagen, noch bevor der Rat der Edelmänner zusammentreffen konnte. Ich habe selber versucht, ihn davon abzuhalten, aber es ist mir nicht gelungen.“
„Selbst die Brief e,…“, ergänzte Tarhorg, „Eure Briefe, konnten ihn nicht abhalten. Er hat sie immer ungelesen zurückgegeben.“
„Hat er noch etwas gesagt? Über mich?“, wollte Cathyll wissen. Der König und der Großmeister schauten sich verunsichert an, dann sagte Tarhorg: „Ich weiß nicht, Mylady, wollt Ihr nicht zunächst ruhen? Ihr hattet eine längere Reise hinter Euch.“ Sie schüttelte den
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