Die Drachenperle (German Edition)
er ausgerechnet ihn über den Haufen laufen? Er funkel te den Burschen verärgert an und wollte eine Litanei ablassen über Achtsamkeit und Respekt vor Älteren, doch es verschlug ihm die Sprache. Der jung e Mann nickte ihn freundlich mit einem kleinen Bedauern in den grünen Augen zu un d ging dann weiter seiner Wege.
Hol mich der schwarze Dämon der Schwefelhölle, mich laust der Affe! Hatte Mareika ihn schon angesteckt mit ihrem Wahn und er halluzinierte? Diese Augen, und dieses seidige , schwarze Haar! Die Ähnlichkeit mit Aurelia war verblüffend. Nein, nicht verblüffend. Erschütternd! Jolim fühlte sich schlagartig un wohl. Er beschloss , dem Wirt vom „Singenden Esel“ einen frühen Besuch abzustatten. Jetzt musste er sich dringend einen hinter die Binde kippen, am besten Vogelbeergeist. Das Wirtshaus war gleich um die Ecke. Nach dem dritten Stamperl fühlte Jolim sich schon besser und wieder Herr seiner Sinne. Rufus, der Wirt, füllte seinem Gast gern wieder nach und kam mit der Kruke an den Tisch, der voll besetzt war.
„So früh am Tag kommst du sonst nicht her, alter Freund. Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen. Alles in Ordnung mit dir?“
„Du ahnst ja nicht, wie Recht du mit deinem Scherz haben könntest, Rufus.“
Der Wirt schaute überrascht auf und kleckerte einige kostbare Tropfen des Schnapses auf den Tisch.
„Wie meinst du denn das?“
„Ich bin so ein Idiot. Ich hätte auf sie vertrauen sollen. Er muss es sein! Und ich habe ihn ziehen lassen. Rufus, ich habe ihn einfach so gehen lassen. Wenn ich ihn nicht wieder finde, kann ich mich vor meiner Herrin nicht mehr sehen lassen. Ich muss ihm hinterher. Sofort! “
Der Diener sprang jäh von der Bank auf und rempelte dabei seinen Nebenmann an, der heftig gegen diese unverdient rüde Behandlung aufbegehrte. Rufus stand da wie vom Donner gerührt.
„Wem musst du hinterher? Und was ist mit meinem Geld? Jolim!!! Komm zurück, Mann!“
Der Zechpreller war längst draußen.
Langsam wurde er hungrig. Seine Börse war immer noch wohlgefüllt , und er konnte sich ein richtiges Mahl in einem Wirtshaus leisten. Taiki schlenderte durch die Gassen und überlegte, welches er aufsuchen sollte. Alles war so neu für ihn. Die Stadt war faszinierend. Noch nie hatte er so viele Menschen an einem Ort versammelt gesehen. Alle waren mit irgendwas beschäftigt. Sie gingen ihrem Tagwerk nach, liefen hin und her oder waren mit dem Schmücken der Häuser und Gassen beschäftigt. Ein Sommerfest stand bevor, so viel wusste Taiki von den Gauklern, mit denen er angereist war. Er hatte noch nie an einem Fest teilgenommen und freute sich darauf. Am meisten freute er sich aber, dass er dann Kiri wiedersehen würde.
Taiki entschied sich für das Wirtshaus „Zum Feurigen Salamander“ und hatte Mühe, dort noch einen Platz an ei nem Tisch zu finden. Die Schankburschen und Küchenmägde liefen von einem Tisch zum andern. Das Stimmengewirr und die verschiedensten D üfte, die durch den Raum zog en, waren einfach überwältigend für ihn. Taiki genoss diese neue Erfahrung und wartete geduldig auf die bestellte Gemüsesuppe mit Graupen. Die Wartezeit vertrieb er sich mit Beobachtungen der Gäste. Er versuchte zu erraten, welchem Handwerk sie nachgingen oder welchem Stand sie angehörten. Dabei fiel ihm auf, dass auch er selbst beobachtet wurde. An der Theke stand ein etwas älterer, beleibter Mann, der immer wieder zu ihm verstohlen rüber schielte. Als ihre Blicke sich trafen, schaute er schnell weg. Taiki fand da s sehr merkwürdig. Andererseits, er selber verhielt sich nicht viel anders, oder? Als die Schale mit Suppe kam, dazu einige Scheiben dicken Brotes, nahm er sie erfreut entgegen und widmete sich ihr mit Hingabe. Ein Zimmer für die Nacht könne er hier nicht mehr bekommen, erfuhr er von seinem Tischnachbarn. Nachdem Taiki die Zeche gezahlt hatte (inzwischen konnte er besser mit Geld umgehen), machte er sich auf den Weg , um ein Nachtlager zu finden.
Als die Sonne tief im Westen stand, hatte Taiki immer noch keine Bleibe gefunden. Was ihn nicht sehr beunruhigte, denn es war warm genug für eine weitere Nacht unter freiem Himmel. Doch was ihn außerordentlich beunruhigte , war der Mann, der ihm offensichtlich folgte, seit er den „Feurigen Salamander“ verlassen hatte.
Taiki bog in eine dunkle Gasse ab, verbarg sich im Schatten eines Hauseinganges und kramte seinen Dolch aus dem Bündel hervor. Das wollen wir doch mal sehen, ob ich dich
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