Die Drachenreiter von Pern 01 - Die Welt der Drachen
sah ihre entrüstete Miene und fügte hastig hinzu: »Ich bezweifle es ja nicht! Wenn dir also dieser Sprung geglückt ist, dann müssen ihn auch andere schaffen. Du sagst, dass du an Ruatha dachtest … aber in Wirklichkeit dachtest du daran, wie Ruatha an einem ganz bestimmten Tag aussah … im Vorfrühling, früh am Morgen, als der Rote Stern noch nicht am Himmel stand. Man muss also einen Bezugspunkt in der Vergangenheit haben, um dorthin zurückkehren zu können.«
Sie nickte langsam und nachdenklich.
F'lar klatschte sich mit einer energischen Handbewegung auf die Schenkel und erhob sich.
»Ich komme gleich wieder«, sagte er und verließ den Raum, ohne auf ihren warnenden Ausruf zu achten.
Ramoth lag zusammengerollt in ihrer Kammer, als er an ihr vorbeiging. Sie hatte trotz der Anstrengung des Vormittags eine gesunde Farbe.
Mnementh erwartete seinen Reiter am Landevorsprung und flog auf, sobald F'lar sich auf seinen Nacken geschwungen hatte. Der Drache kreiste über dem Sternstein.
Du möchtest Lessas Trick ausprobieren, meinte Mnementh eifrig.
F'lar tätschelte ihn liebevoll. Du hast verstanden, worum es geht?
Soweit man so etwas verstehen kann, erwiderte Mnementh. Welche Zeit wäre dir am liebsten?
Bis zu diesem Augenblick hatte F'lar noch nicht darüber nachgedacht. Nun aber kehrten seine Gedanken unaufgefordert zu jenem Sommertag zurück, als R'guls Bronzedrache Hath mit der grotesken Nemorth zum ersten Paarungsflug aufgestiegen war und R'gul die Nachfolge seines verstorbenen Vaters F'lon angetreten hatte.
Nur die Kälte des Dazwischen zeigte, dass tatsächlich ein Sprung stattgefunden hatte; sie schwebten immer noch über dem Sternstein. Dann erkannte F'lar, dass die Sonne aus einem anderen Winkel einfiel und die Luft nach Sommer roch. Der Weyr unter ihnen war leer; keine Drachen sonnten sich auf den Felsvorsprüngen, nirgends arbeiteten Frauen. Und dann drangen Geräusche an sein Ohr: Schreie, wildes Gelächter und ein dunkles Summen, das alles andere übertönte.
Aus den Hütten der Jungreiter tauchten zwei Gestalten auf ein halbwüchsiger Bursche und ein Bronzedrache. Der Junge hatte den Arm um den Nacken des Tieres geschlungen. Niedergeschlagen blieben sie am See stehen und starrten in das klare blaue Wasser. Dann sahen sie hinauf zur Felskammer der Drachenkönigin.
F'lar erkannte den Jungen, und Mitleid überkam ihn. Er wollte seinem jüngeren Ich zurufen, dass alles nur halb so schlimm sei, dass er eines Tages doch noch Weyrführer sein würde.
Abrupt befahl er Mnementh die Umkehr. Die schneidende Kälte des Dazwischen war wie ein Schlag ins Gesicht. Und dann tauchten sie über dem winterlichen Weyr auf.
Langsam flog Mnementh zum Höhleneingang zurück. Er war ebenso in Gedanken versunken wie F'lar.
Ihr Drachenvolk - im hellen Glanz, steigt auf vereint -, zum Paarungstanz. Drei Monate harrt - und fünf Wochen heiß, Ein Tag des Ruhmes - und dann … wer weiß? Ein Silberfaden - es wallt das Blut. Und neues Leben - reift in der Glut.
»Ich begreife nicht, weshalb du darauf bestanden hast, dass F'nor all diese lächerlichen Schriften aus dem Ista-Weyr herbeischafft«, rief Lessa erschöpft. »Sie enthalten doch nur banales Zeug -beispielsweise, wie viel Mehl man täglich zum Brotbacken verbrauchte.«
F'lar sah von den Schriftrollen auf, die er studierte. Mit einem Seufzer lehnte er sich zurück.
»Und ich dachte immer, diese Aufzeichnungen seien der menschlichen Weisheit letzter Schluss.«
Unmut überflog Lessas schmales Gesicht.
»Zumindest hat man mir das eingehämmert.«
F'lar lachte vor sich hin.
»Man muss sich diese Weisheiten selbst erarbeiten.«
Lessa zog die Nase kraus.
»Und wie das riecht! Das einzig Vernünftige wäre es, den ganzen Plunder wieder zu vergraben.«
»Danach suche ich auch schon lange… nach den alten Konservierungsmethoden, die es verhindern, dass die Häute hart werden und zu riechen beginnen.«
»Es ist überhaupt idiotisch, Häute für die Schriften zu verwenden. Sicher gäbe es etwas Besseres.«
Unvermittelt sprang sie auf und ging nervös hin und her.
»Und das, wonach du suchst, findest du ohnehin nicht! Es steht nicht in den Aufzeichnungen.«
»Wie meinst du das?«
»Es wird Zeit, dass wir mit dem Versteckspiel aufhören.«
Er sah sie forschend an, und sie fuhr fort: »Wir spüren beide, dass der Rote Stern eine Drohung darstellt und dass die Fäden fallen werden. Aus dieser Überzeugung heraus kehrten wir zu entscheidenden Stationen
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