Die Drachenreiter von Pern 05 - Der weiße Drache
der Sonne. Dort habe ich es warm und bequem. Und ehe Jaxom antworten konnte, glitt er zum Fluß hinunter, vorbei an den schnellen Strudeln, wo das Wasser zwischen Felsbrocken dahinschoß, bis zu einer Biegung, in der das Wasser einen stillen Tümpel bildete. Ruth landete auf einem breiten, flachen Stein, ohne auch nur die Äste zu streifen, die in einem dichten Gewirr das Ufer säumten. Sie kommt, wiederholte er und senkte die Schulter, damit Jaxom absteigen konnte.
Mit einemmal fühlte sich Jaxom von Zweifeln gequält. Mirrims bissige Worte fielen ihm wieder ein. Und Ruth war wirklich schon über das Alter hinaus, in dem Drachen ihren ersten Paarungsflug unternahmen…
Sie kommt, und sie macht dich glücklich. Wenn du glücklich bist, bin ich es auch, erklärte Ruth. Und der warme Stein hier entspannt mich wunderbar. Nun geh schon zu ihr!
Verblüfft von den energischen Gedanken seines Weyrgefährten, schaute Jaxom auf. Die Augen des weißen Drachen kreisten gemächlich, und die sanften grünen und blauen Punkte darin standen im Widerspruch zu seinen strengen Worten.
Dann hatte Corana die letzte Windung des Flußpfades erreicht und sah ihn. Sie warf ihren Korb zu Boden, daß die Wäsche hervorquoll, rannte ihm entgegen und umarmte ihn so stürmisch, daß er nicht mehr zum Denken kam.
Eng umschlungen suchten sie eine schattige Moosinsel unter den Bäumen auf, wo sie allein und ungestört waren.
XII. Ruatha, Fidellos Hof, Sporenregen,
6.7.15
Es war nicht leicht, vor seinem Drachen ein Geheimnis zu hüten. Wollte Jaxom über Dinge nachdenken, die Ruth nichts angingen, so konnte er das nur spät nachts tun, wenn sein Freund fest schlief, oder in den frühen Morgenstunden, wenn er zufällig eher aufwachte als der Gefährte. Bisher hatte er seine Gedanken allerdings selten abgeschirmt, und das erschwerte die Angelegenheit noch, weil ihm einfach die Übung fehlte. Außerdem war er von früh bis spät so beschäftigt – das ewige Training mit dem Jungreiter-Geschwader, die vielen Aufgaben in der Burg, die Lytol nicht allein bewältigen konnte, und nicht zuletzt seine Ausflüge auf die Hochfläche – daß er abends wie ein Stein auf sein Lager sank und sofort einschlief. Am Morgen geschah es oft, daß ihn Tordril oder ein anderer Pflegling wachrütteln mußte, damit er nicht zu spät zu irgendwelchen Verabredungen kam.
So geschah es, daß ihm das Problem mit Ruths Reife zu den unpassendsten Zeiten in den Sinn kam und er es dann mit aller Gewalt unterdrücken mußte, um seine Sorgen vor dem Freund zu verbergen.
Wie um die Sache zu verschlimmern, stiegen im Fort-Weyr in kurzen Abständen zwei grüne Drachenweibchen zum Paarungsflug auf, verfolgt von den blauen und braunen Männchen, die sich kräftig genug fühlten, sie zu erobern. Beim erstenmal hatte sich Jaxom mitten in einem Formationsflug befunden und nur zufällig die wilde Jagd bemerkt, die sich ein wenig abseits des Übungsgeländes abspielte. Ruth schien das Ereignis überhaupt nicht zur Kenntnis zu nehmen.
Das zweitemal befanden sich Jaxom und Ruth am Boden, als ein grünes Drachenweibchen ein Herdentier zu reißen begann und mit schrillem Kreischen sein Blut trank. Die anderen Jungreiter und ihre Drachen waren noch zu unreif, um Anteil zu nehmen, aber Jaxom fiel auf, daß der Blick des Geschwaderausbilders lange auf ihm und Ruth lag. Mit einemmal wurde ihm klar, daß K’nebel überlegte, ob er und Ruth sich an der Verfolgungsjagd beteiligen würden.
Ein solcher Sturm von widersprüchlichen Gefühlen – Furcht, Scham, Erwartung, Zögern und blankes Entsetzen – erfaßte Jaxom, daß Ruth erschrocken die Schwingen spreizte und ein Stück vom Boden aufflog.
Was hat dich so erregt? fragte Ruth und betrachtete seinen Reiter mit besorgt kreisenden Augen.
»Es ist alles in Ordnung – wirklich alles in Ordnung«, versicherte Jaxom hastig und strich dem Drachen über den Kopf. Er fragte sich, ob Ruth überhaupt Lust hatte, mit dem grünen Weibchen aufzusteigen, und hoffte insgeheim, daß dem nicht so war.
Mit einem herausfordernden Fauchen schwang sich das grüne Weibchen in die Lüfte. Angestachelt von der Paarungsbereitschaft, hatte es rasch an Höhe gewonnen, ehe die Schar der blauen und braunen Männchen ihm folgen konnten. Dann aber jagten alle hinter ihr her. Inzwischen drängten sich die Reiter in einem dichten Knäuel um die Besitzerin des grünen Drachen. Bald erkannte man die Drachen nur noch als winzige Punkte am Himmel. Die Reiter hasteten zu
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