Die Drachenreiter von Pern 05 - Der weiße Drache
weckte ihn in aller Frühe eine Magd, die ein Tablett mit Klah und gesüßtem Brot sowie ein Paket Dörrfleisch für unterwegs brachte.
Jaxom spürte einen dumpfen Druck im Kopf. Sein Hals schmerzte, und er fühlte sich nicht besonders wohl. Insgeheim ärgerte er sich, daß sein Leichtsinn tags zuvor diesen ersten Kampf gegen die Fäden zu einem unerfreulichen Ereignis machte. Was in aller Welt hatte ihn dazu gebracht, in den eiskalten See zu tauchen, um dann klitschnaß ins Dazwischen zu gehen? Ganz zu schweigen von seinem Abenteuer auf dem feuchten, frisch umgegrabenen Acker! Er nieste mehrmals heftig, als er sich ankleidete. Das machte zwar die Nase frei, aber die Kopfschmerzen wollten nicht schwinden. Er zog seine wärmsten Sachen an und knöpfte ein dickes Futter in die Reitstiefel. Als er mit Ruth seine Räume verließ, war er in Schweiß gebadet. Pächter strömten in den Hof, ihre Reittiere am Zügel und Flammenwerfer in den Händen. Der Wachdrache und die Echsen kauten bereits Feuerstein. Lytol stand auf der Treppe zur Burg und winkte ihm kurz zu, ehe er in seinen Anweisungen für das Gesinde fortfuhr. Jaxom nieste noch einmal mit Urgewalt.
Fühlst du dich nicht wohl? Ruths Augen kreisten schneller.
»Ich habe mir zwar eine idiotische Erkältung geholt, aber die stört nicht weiter. Komm, fliegen wir los! Ich ersticke sonst in dem warmen Zeug.«
Ruth kam seinem Wunsch nach, und Jaxom fühlte sich wohler, als eine Brise ihm den Schweiß von der Stirn trocknete. Da sie noch Zeit genug hatten, ließ er Ruth zum Weyr fliegen, ohne ins Dazwischen zu gehen. Nie wieder verschwitzt in diese Kälte tauchen! Das hatte er sich fest vorgenommen. Vielleicht sollte er im Weyr doch leichtere Sachen anziehen. Aber Fort lag höher in den Bergen als Ruatha, und bei seiner Ankunft war ihm nicht mehr zu heiß.
Jede einzelne Phase des Ernstfalls war hundertmal geprobt.
Jaxom brachte seinem Drachen einen Sack, den sie mit Feuerstein aus dem Weyrkessel füllten. Ruth begann die harten Brocken zu kauen. Wenn sein zweiter Magen rechtzeitig mit dem Verdauen anfing, hauchte er im Flug eine schön gleichmäßige Flamme aus. Während Ruth den Feuerstein zerkleinerte, trank Jaxom einen Becher Klah, in der Hoffnung, daß das heiße Gebräu ihn beleben würde. Er fühlte sich elend. Die Nasenschleimhäute schwollen an, und er bekam kaum Luft.
Zum Glück war das Mahlen und Knirschen der Drachen ringsum so laut, daß niemand auf sein Niesen achtete. Wenn es nicht gerade sein erster Flug gegen die Fäden gewesen wäre, hätte Jaxom wohl auf den Einsatz verzichtet. Aber er sagte sich vor, daß die Jungreiter meist in den hinteren Geschwaderreihen eingesetzt wurden und er deshalb wohl selten, wenn überhaupt, ins Dazwischen gehen mußte, um den Fäden auszuweichen. Die Gefahr, daß er seine Erkältung verschlimmerte, schien gering.
N’ton und Lioth zeigten sich neben den Sternsteinen. Lioth stieß ein helles Trompeten aus, und der Weyrführer hob den Arm. Alles schwieg. Die vier Königinnen von Fort flankierten den großen Bronzedrachen. Die übrigen Drachen saßen auf den Weyrsimsen und hörten sich die Befehle an, die Lioth ihnen gab. Dann formierten sich die Geschwader. Jaxom prüfte noch einmal die Kampfriemen, die er um die Schenkel gezurrt hatte.
»Wir sollen im Königinnen-Geschwader mitreiten«, erklärte ihm Ruth.
»Alle Jungreiter?« wollte Jaxom wissen, da er von K’nebel nichts über einen Positionswechsel gehört hatte.
Nein, nur wir. Das klang geschmeichelt, aber Jaxom war sich der Auszeichnung nicht so sicher.
Der Ausbilder der Jungreiter bemerkte sein Zögern und gab ihm mit einem kurzen Zeichen zu verstehen, daß er seinen Platz einnehmen solle. So lenkte Jaxom Ruth zu den Sternsteinen hinauf. Während Ruth dicht neben Selianth, der jüngsten Königin im Fort-Weyr, landete, überlegte Jaxom, ob er genauso lächerlich aussah, wie er sich fühlte – winzig klein neben den mächtigsten Drachen des Geschwaders.
Lioth stieß erneut einen hellen Schrei aus, und die Weyrführer verließen die Sternsteine. Die Drachen sackten ein Stück in die Tiefe, bis sie genug Raum hatten, um ihre breiten Schwingen zu entfalten, und stiegen dann mit kraftvollen Flügelschlägen auf. Ruth benötigte kaum Platz zum Start; er kreiste einfach einen Moment, bis Selianth nach oben kam und er seinen Platz neben ihr einnahm. Prilla, ihre Reiterin, winkte Jaxom ermutigend zu. Dann erhielt Ruth von Lioth den Befehl, ins Dazwischen zu gehen
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