Die Drachenreiter von Pern 08 - Nerilkas Abenteuer
unterbrach Sal das Schweigen.
Fergal kletterte auf den Stapel mit den Strohballen, stellte sich auf Zehenspitzen und reckte das Kinn, um über den Rand der Box zu schauen.
»Es geht los«, erklärte er mit solcher Autorität, daß ich ein Lachen unterdrücken mußte.
Keiner der Männer zweifelte seine Feststellung an. Wir hörten, wie sich die Stute in das aufgeschüttete Stroh fallen ließ. Tiere ertragen eine Geburt im allgemeinen viel gelassener als Menschen. Sie schrie und kreischte nicht, wie es gebärende Frauen tun, und sie verfluchte auch nicht den Partner, der sie in diese mißliche Lage gebracht hatte.
»Hufe!« flüsterte Fergal. »Jetzt der Kopf. Normale Lage!«
Ich sah Dag an. Der kaute an einem Strohhalm und blinzelte mir zu.
»So!« ermunterte Fergal die Stute. »Noch einmal pressen, meine Schöne, nur noch einmal… Siehst du, jetzt hast du es geschafft!«
Plötzlich wurde die Anspannung zu groß. Gleichzeitig rannten wir zur Box und spähten über die Trennwand. Die Stute befreite ihr Fohlen nach und nach von der Plazenta. Der Kopf kam zum Vorschein, und der feuchte kleine Körper begann zu zappeln. Es war unglaublich, mit welcher Kraft die überlangen Beine des Neugeborenen ausschlugen.
»He, ihr verstellt mir die Sicht!« rief Fergal. Er zwängte sich neben Dag und zog sich mit beiden Armen an der Trennwand hoch. »Was ist es? Was ist es denn?«
Aber das Fohlen ließ uns im unklaren über diese Frage. Es versuchte seine Beine zu ordnen, doch das schien ein hoffnungsloses Unterfangen. Die Stute stieß das Kleine mit der Schnauze an und versuchte es aufzurichten, aber es knickte wieder ein. Dann fand es Halt im Stroh, scharrte verzweifelt, stemmte sich mit gespreizten Beinen hoch - und stand. Der Schwanz peitschte hin und her.
»Ein kleiner Hengst!« schrie Fergal, der dieses Detail viel schneller erspäht hatte als wir Erwachsenen. Er riß die Tür auf und schoß in die Box. »Was bist du für ein braves Mädchen!« lobte er die Stute und tätschelte ihr die Nase. »Sieh mal den prächtigen Sohn, den du geboren hast!« Dann näherte er sich mit leisen Schnalzlauten dem Fohlen und strich ihm vorsichtig über die Mähne, um es an die Berührung durch Menschen zu gewöhnen.
Der kleine Hengst hatte noch genug damit zu tun, sich auf den Beinen zu halten. Er zeigte keinerlei Angst vor Fergal.
»Der Knirps hat was drauf, Mann!« knurrte Pol anerkennend.
»Auf der Bergweide half er bei drei Geburten, nachdem ich mir das Bein gebrochen hatte«, berichtete Dag voll Stolz.
Ich wandte mich zum Gehen. »Ich werde Baron Alessan Bescheid sagen.«
»Tun Sie das!« meinte Dag. »Je mehr gute Nachrichten er erhält, desto eher kommt er wieder auf die Beine.« Auf dem Weg zur Burg kam mir in den Sinn, daß diese Bemerkung erstaunlich einfühlsam für einen schlichten Mann wie Dag war.
Als ich in den Großen Saal zurückkehrte, war es bereits nach Mitternacht. Oklina und Desdra hatten sich zurückgezogen; vermutlich schliefen sie schon. Tuero saß Alessan gegenüber. Er hatte beide Ellbogen aufgestützt und redete umständlich auf den Burgherrn ein. Der war vornüber auf die Tischplatte gesunken und schlief.
»Das ist nur angemessen«, erläuterte Tuero gerade in einem sehr vertraulichen und geheimnisvollen Ton. »Wenn es einem Harfner nicht gelingt, die Wahrheit herauszufinden - und dieser Harfner ist ein schlauer Bursche, der so ziemlich alles herausfindet -, dann verdient er es nicht, noch einen zu heben. Habe ich recht, Alessan?«
Die Antwort war ein langgezogenes Schnarchen. Tuero starrte den Burgherrn einen Moment lang mitleidig und vorwurfsvoll zugleich an und schüttelte dann den Weinschlauch. Eine winzige Pfütze schwappte am Grund.
»Hat er das leergetrunken?« fragte ich, belustigt über die Enttäuschung, die sich auf Tueros Zügen spiegelte. Seine lange, leicht nach links gebogene Nase zuckte.
»Mehr oder weniger. Zumindest ist er der einzige, der weiß, wo sich Nachschub befindet.«
Nun, ich wußte es ebenfalls, denn Oklina hatte mir den Weg zum Weinkeller gezeigt. Aber ich würde mich hüten, das Geheimnis zu verraten. Ich lächelte. »Das Fohlen ist ein Hengst, ein kräftiges Tier. Ich dachte, die Nachricht würde Baron Alessan freuen. Dag und Fergal sind noch im Stall und beobachten, ob der kleine Kerl richtig steht und trinkt.« Ich warf einen Blick auf den schlafenden Burgherrn. Jetzt, da er entspannt war, wirkte er um Jahre jünger. Die tiefe Trauer, die seine grünen Augen
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