Die Drachenreiter von Pern 08 - Nerilkas Abenteuer
Ich würde in seiner Nähe sein, an dem Ort, der in meinen Tagträumen seit langem eine zentrale Rolle spielte. Hier war Suriana glücklich gewesen. Und nun bekam ich die völlig unerwartete Chance, dafür zu sorgen, daß auf Ruatha das Glück wieder seinen Einzug hielt.
Fergal trat an die andere Seite seines Großvaters. Er duldete es nicht, daß ihm jemand den alten Mann abspenstig machte.
Die Nacht war klar und frisch, und ich spürte den Geruch des Frühlings in der Luft. Wir nickten den Leuten zu, die vor dem offenen Feuer im Hof und im Schatten der Hütten saßen. Ich trug einen Leuchtkorb, der uns den Weg erhellte, obwohl wir inzwischen jeden Stein und jede Stufe der Stallungen kannten. Fergal lief voraus.
»Wenn sie bis Mitternacht nicht gefohlt hat, wird es eine harte Geburt«, meinte Dag. »Dabei brauchen wir so dringend noch einen kleinen Hengst.«
»Wer ist der Vater des Fohlens?«
»Eines der kräftigsten Lasttiere, die der alte Baron Leef züchtete. Wenn wir einen Hengst bekommen, bleibt diese Linie erhalten. Sie gehen nicht fort von hier, Rill, oder?« Dag war es gewohnt, direkte Fragen zu stellen.
Ich schüttelte stumm den Kopf. Die Freude und Erleichterung über die gute Wende in meinem Schicksal waren zu kostbar, als daß ich darüber viele Worte verlieren wollte. Dag nickte kurz und fuhr sich mit den Fingern durch das struppige Haar.
»Wir brauchen jetzt tüchtige Leute. Gibt es da, wo Sie herkommen, noch mehr von Ihrer Sorte?« Er musterte mich von der Seite.
»Nicht daß ich wüßte«, entgegnete ich freundlich, in der Hoffnung, damit seine Neugier zu befriedigen. Wir hatten in den vergangenen zweieinhalb Tagen nicht viel Zeit für persönliche Gespräche gefunden. Nun sah ich, daß ich mir eine einigermaßen plausible Vergangenheit zurechtbasteln mußte.
»Nicht jede Frau kennt sich so gut in Haus und Stall aus. Waren Sie vor der Seuche auf einem größeren Gut?«
»Ja - und es macht mich traurig, an all die zu denken, die ich verloren habe.«
Vielleicht genügte dieser Hinweis, um ihn von weiteren Fragen abzuhalten. Etwas in meinem Innern sperrte sich dagegen, Lügen zu verbreiten. Ich seufzte. Eines Tages würde die Wahrheit sicher ans Licht kommen, aber bis dahin wollte ich auf Ruatha so fest verwurzelt sein, daß man mir sowohl meine Herkunft wie meinen Schwindel verzieh.
Zum Glück hatten wir die Stallungen erreicht. Pol und Sal saßen auf Strohballen vor der Box der Stute und reinigten eines der Ledergeschirre, die sie von den halbzerstörten Wagen des Festplatzes geholt hatten. Pol reichte Fergal eine mit Grünspan überzogene Messing-Brustplatte. Der Junge schaute fragend zu Dag, und als der nickte, schnitt er Pol eine Grimasse. Aber er setzte sich hin und begann das Teil mit einem Tuch zu polieren. Dag und ich nahmen ebenfalls auf den Strohballen Platz und beschäftigten uns mit den Lederriemen.
»Bestrums Zweitältester sucht Ackerland«, sagte Pol in das Schweigen.
»Tatsächlich?« erkundigte sich Dag.
»Kräftiger junger Bursche - und sehr arbeitsam. Will ein Mädchen vom Nachbargut heiraten.«
»Ob Bestrum damit einverstanden ist, wenn er erfährt, daß zwei seiner Kinder hier auf Ruatha umkamen?«
»Er schätzt Alessan. Der Junge hätte es hier besser, und Bestrum weiß das. Ist ein anständiger Mann, jawohl, das ist er.«
»Sicher. Sonst hätte er euch nicht hergeschickt.« Dag nickte anerkennend. Dann musterte er Pol mit zusammengekniffenen Augen. »Wie lange kann er euch entbehren? Ich muß die anderen Stuten zu den Hengsten bringen, und mit meinem kaputten Bein…«
»Du weißt doch, daß ich dir helfen werde, Dag!« fauchte Fergal und warf Pol einen zornigen Blick zu.
»Das wirst du auch, mein Junge, aber es gibt mehr Arbeit, als wir beide bewältigen können.«
»In den Bergen kommt das Frühjahr später«, meinte Pol.
»Es kann noch eine Weile dauern, bis die uns brauchen«, setzte Sal hinzu.
»Soll ich das Thema zur Sprache bringen, wenn ich Bestrum und Lady Gana schreibe?« warf ich ein.
»Wäre vielleicht nicht schlecht.«
Tuero hatte herausgefunden, daß Lady Ganas Tochter zu den Opfern der ersten Grippewelle gehört hatte. Eine alte Dienerin hatte sie bis zuletzt gepflegt und war dann selbst der Epidemie erlegen. Beide ruhten im ersten Grabhügel. Der Sohn hatte sich mit Norman, dem Renn-Verwalter, um die Tiere gekümmert, bis sie ebenfalls erkrankten und starben. Sie waren im zweiten Grabhügel bestattet.
»Die Stute wird unruhig«,
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