Die Drachenreiter von Pern 09 - Drachendämmerung
das herrliche Gefühl der Befreiung von der Schwerkraft genoß. Es wäre schön, wenn alle seine Sorgen ebenso leicht von ihm abfallen könnten, aber wenigstens hatte er seine Hand für Raumschiffe nicht verloren. Liebevoll glitt er mit den Fingern am Rand der Steuerkonsole entlang.
Die letzten drei Tage waren hektisch gewesen, die ruhenden Systeme der Mariposa mußten gewartet und alle wichtigen Teile auf mögliche Materialermüdung oder Beschädigungen untersucht werden. Er hatte sich sogar von Theo Force bei seinem Geschwader vertreten lassen, als die Fäden über die Berge südöstlich von Karachi fielen und Longwood auf der Insel lerne streiften. Für ihn war es wichtiger, die Mariposa zu reaktivieren. Ongola hatte sich die Zeit genommen, die Schaltkreise des Komgeräts einzustellen und bei den letzten Checks mitzuhelfen. Das kleine Schiff war dafür gebaut, inaktiv im Vakuum des Weltraums zu schweben, und obwohl die wichtigeren Stromkreise in Vakuumbehältern gelagert worden waren, konnte man nie ganz ausschließen, daß irgendeine kleine, aber wichtige Verbindung nicht genau überprüft worden war. Aber schließlich hatten alle Systeme einwandfrei funktioniert, die Triebwerke hatten beim Probelauf beruhigend laut und ruhig geklungen und Kenjo hatte protestiert, als man ihn zwang, sich in den letzten zwölf Stunden vor dem Start auszuruhen.
»Sie mögen ein verdammt guter Jockey sein, Kenjo, aber es gibt bessere Mechaniker auf Pern als Sie«, hatte ihm Paul Benden kategorisch erklärt. »Sie brauchen jetzt Ruhe, damit sie im Weltraum wach sind, wo wir Ihnen nicht helfen können.«
Man hatte den Flugplan so kalkuliert, daß Kenjo sich zu dem Zeitpunkt in der richtigen Position befand, zu dem nach Boris' und Dieters Berechnungen die nächste Fädenwand in Perns Atmosphäre eindringen würde. Ihr Programm hatte ergeben, daß die Fäden in einem Rhythmus von annähernd zweiundsiebzig Stunden fielen, mit einer Stunde Spielraum. Kenjos Auftrag bestand darin, die Genauigkeit des Programms zu überprüfen, die Zusammensetzung der Sporen vor dem Eintritt festzustellen und, wenn möglich, ihre Flugbahn zurückzuverfolgen. Außerdem, und das war bei weitem nicht das unwichtigste, sollte er sie zerstören, ehe sie die Atmosphäre erreichten. Der nächste Fädenfall würde auf die Provinz Kahrain gleich oberhalb des verlassenen Anlegeplatzes von Oslo niedergehen, dann über die Paradiesflußsiedlung ziehen und über den Ebenen von Arabien enden.
Kenjo befand sich hundertfünfzig Kilometer unterhalb der leeren Raumschiffe, zu weit entfernt, um sie mit seinem Teleskop erkennen zu können, aber er versuchte es trotzdem mit der größtmöglichen Einstellung. Dann zuckte er die Achseln. Die Schiffe gehörten der Vergangenheit an. Er würde jetzt einen neuen Beitrag zur Geschichte leisten, eine unerhörte Tat. Kenjo Fusaiyuki würde entdecken, woher die Sporen kamen, er würde sie ein für allemal ausrotten und der Held des Planeten werden. Dann würde ihn niemand mehr verurteilen, weil er so viel Treibstoff für seinen Privatgebrauch ›gespart‹ hatte. Der Fleck auf seiner Ehre würde getilgt werden, und die heftigen Gewissensbisse würden verstummen.
Der Bau seines superleichten Flugzeugs hatte sich wirklich gelohnt. Er hatte den Plan auf einem Band in der Bibliothek der Yokohama entdeckt, in der Abteilung „Geschichte der Luftfahrt“ Es war nicht gerade sehr treibstoffökonomisch, auch dann noch nicht, als er das Triebwerk umgestaltet hatte, aber die Mengen, die er bei seinen Fährenflügen erübrigt hatte, hatten für diese flotte Maschine ausgereicht. Seine einsam gelegene Honshu-Besitzung im Westlichen Grenzgebirge zu überfliegen, hatte ihm eine Befriedigung verschafft, wie er sie sich nie hätte träumen lassen, auch wenn Gerüchte entstanden waren, dort treibe sich ein großes, bis dahin unbekanntes Flugwesen herum. Seine geduldige, ruhige Frau hatte sich zu seiner Nebenbeschäftigung nicht weiter geäußert, sondern sogar beim Bau mit angepackt.
Sie war Maschinenbauingenieurin und hielt das kleine Wasserkraftwerk in Gang, das ihr Heim auf der Hochebene und drei kleine Anwesen im nächsten Tal mit Strom versorgte. Sie hatte ihm vier Kinder geschenkt, darunter drei Söhne, war eine gute Mutter und schaffte es darüber hinaus noch, ihm bei der Veredelung der Obstbäume behilflich zu sein, deren Ernte er verkaufen wollte.
Die Fäden waren keine Gefahr für sie, denn sie hatten ihr Haus direkt in den Berg
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