Die Drachenreiter von Pern 09 - Drachendämmerung
weiterhin leise der Jubelgesang der Zwergdrachen herein, während das Gurren der wenigen, die einen Platz im Inneren gefunden hatten, wie eine gedämpfte, fast scheue Ermutigung klang.
»Sie können doch nicht wissen, worauf wir heute warten, Paul, oder doch?«
»Der junge Sean Connell« - Paul zeigte auf den jungen Mann, der neben seiner Frau vor den Eiern stand -»würde behaupten, daß sie Bescheid wissen. Aber Geburten haben sie schließlich immer angezogen! Sie schützen doch auch ihre eigenen Jungen vor Angriffen.«
Tiefe Stille trat ein, als ein deutliches Knacken zu hören war. Eines der Eier schaukelte leicht, und die Bewegung rief ein erregtes Flüstern hervor.
Emily drückte fest die Daumen, verbarg aber die Hände in den Falten ihrer Hose. Sie bemerkte mit einem schwachen Grinsen, daß andere es ebenso machten. Von den Ereignissen dieses Tages hing so viel ab, sowohl von der ersten Drachenbrut wie von dem Unternehmen, das für Nabhi Nabol nun unwiderruflich begonnen hatte.
Ein zweites Ei bekam einen Sprung, und ein drittes wackelte. Der Gesang wurde betörend, drängend, und alle Zuschauer ließen sich von den Tönen anstecken.
Dann brach plötzlich eines der Eier auf, und ein noch ganz feuchtes Geschöpf erschien; es schüttelte seine kurzen Stummelflügel, stolperte aus der Schale und quäkte verschreckt. Die Zwergdrachen gurrten beschwichtigend. Die jungen Leute im Kreis wichen nicht von der Stelle, und Emily bewunderte ihren Mut, denn dieses plumpe Geschöpf war nicht das anmutige Wesen, das sie erwartet hatte, nicht das Tier, an das man sich aus alten Legenden und aus Illustrationen in seltenen Büchern erinnerte. Sie merkte, daß sie den Atem angehalten hatte, und stieß nun schnell die Luft aus.
Das Wesen spreizte die Flügel, die größer und dünner waren, als sie erwartet hatte. Es war so lang und mager, so unbeholfen, und seine gelb und rot funkelnden Augen hatten eine sehr merkwürdige Form. Emily war ganz starr vor Schreck. Das Wesen stieß einen verzweifelten Schrei aus, der vielstimmige Chor über ihm antwortete tröstend. Es stolperte mit flehentlichem Gewimmer nach vorne, und dann wurde daraus ein Jauchzen, ein langgezogener, lieblicher, hoher Ton. Es machte noch einen unsicheren Schritt und fiel dann David Catarel zu Füßen, der sich niederbeugte, um ihm zu helfen.
Als er aufblickte, waren seine Augen vor Staunen weit aufgerissen. »Er will mich!«
»Dann nimm ihn an!« brüllte Pol und winkte einem der Aufseher, eine Schüssel mit Futter zu bringen. »Füttere ihn! Nein, laß dir von niemandem helfen. Die Bindung muß jetzt vollzogen werden!«
David kniete neben seinem neuen Schützling nieder und bot ihm einen Brocken Fleisch an. Der kleine Drache schlang ihn gierig hinunter, stieß mit dem Kopf energisch gegen Davids Bein und schrie nach mehr.
»Er sagt, er hat großen Hunger«, rief David. »Er spricht mit mir. In meinem Kopf! Es ist unglaublich. Wie hat sie das gemacht?«
»Die Mentasynthese funktioniert also!« murmelte Emily, und Paul nickte, als sei das selbstverständlich.
»Ihr Götter, was ist es häßlich«, sagte er ganz leise.
»Du warst bei deiner Geburt wahrscheinlich auch nicht gerade eine Schönheit.« Emily war selbst überrascht über ihre Worte und grinste, als er sie erstaunt ansah.
David lockte seinen neuen Freund aus dem Kreis der Menschen heraus an den Rand der Brutstätte und rief nach mehr Futter. »Polenth sagt, er ist am Verhungern.«
Bay hatte genügend rotes Fleisch bereitstellen lassen, von Tieren, die sich gut an die verbesserten pernesischen Gräser gewöhnt hatten. Die jungen Drachen brauchten in den ersten Monaten für ihre Entwicklung viel Bor, und das konnten sie am besten aus Rindfleisch aufnehmen.
Ein zweites Ei brach auf, ein zweiter kleiner Bronzedrache stürmte geradewegs auf Peter Semling zu. Von Peters Zwergdrachenschwarm kam schrille Zustimmung. Dann geschah lange nichts mehr. Ein besorgtes Summen stieg unter den Zuschauern auf. Dann zersplitterten plötzlich vier weitere Eier, aus zweien kamen unerwartet zierliche Geschöpfe heraus, ein goldener und ein Bronzedrache, die sich Tarrie Chernoff und Shih Lao als Partner aussuchten; die beiden anderen waren kräftig aussehende Braune, die auf Otto Hegelman und Paul Logorides zustrebten.
»Wird eigentlich erwartet, daß sie heute alle ausschlüpfen?« fragte Emily.
»Gehen wir doch zu Pol und Bay rüber«, schlug Paul vor. Sie drängten sich vorsichtig durch die Menge und
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