Die Drachenreiter von Pern 09 - Drachendämmerung
ebenso wie die meisten Bereichsleiter, demonstrativ auf die Sprachprozessoren verzichtet. Die Energiezellen konnten zwar aufgeladen werden, aber nicht unbegrenzt, und mußten wesentlichen Dingen vorbehalten bleiben, deshalb wurde nun allenthalben die Kunst des Schreibens wiederentdeckt.
»Die Arbeit ist nächste Woche beendet. Das seismische Netz wurde bis zu dem tätigen Vulkan im östlichen Archipel und bis zum Drake-See ausgedehnt.«
Paul schnitt eine Grimasse. »Sollen wir ihm das durchgehen lassen?«
»Warum nicht?« grinste Emily. »Niemand hat Einwände erhoben. Drake hat den See als erster entdeckt. Wenn dort eine Siedlung entstünde, hätte sie reichlich Platz, um sich auszudehnen, und genügend Industrie für ihren Lebensunterhalt.«
»Ist dieser Punkt für die Abstimmung vorgesehen?« fragte Paul, nachdem er genüßlich einen Schluck Brandy getrunken hatte.
»Nein«, sagte Ongola wieder mit dem Anflug eines Lächelns. »Drake ist noch dabei, Stimmen zu werben. Er will keine Opposition, und inzwischen hat er auch jeden niedergeredet, der vielleicht dagegen gewesen wäre.«
Paul schnaubte verächtlich, und Emily verdrehte in gespielter Verzweiflung die Augen. Dann betrachtete Paul nachdenklich den Rest Brandy in seinem Glas. Während Emily zum nächsten Punkt ihrer informellen Tagesordnung überging, nahm er noch einen Schluck, den er lange im Mund behielt, um das Getränk, das bald zur Neige gehen würde, gründlich auszukosten. Quikal war zwar trinkbar, und er verschmähte es auch nicht, aber für seinen verwöhnten Gaumen war es zu scharf.
»Allgemein gesehen machen wir gute Fortschritte«, sagte Emily energisch. »Ihr habt sicher gehört, daß einer von den Delphinen gestorben ist, aber die Gruppe hat Olgas Tod erstaunlich gelassen aufgenommen. Nach allem, was Ann Gabri und Efram sagten, hatten sie mit mehr Ausfällen gerechnet. Olga war offenbar«, fügte sie grinsend hinzu, »älter, als sie zugab, aber sie hatte ihr letztes Kalb nicht allein ins Ungewisse ziehen lassen wollen.«
Alle drei lachten leise und hoben mit Paul die Gläser, als er einen Trinkspruch auf die Mutterliebe ausbrachte.
»Sogar unsere… Nomaden… haben sich eingelebt«, fuhr Emily nach einem Blick auf ihren Notizblock fort. »Oder sind vielmehr ausgeschwärmt.« Sie klopfte mit dem Bleistift auf den Block; handschriftliche Notizen waren noch immer ungewohnt, aber sie gab sich alle Mühe, sich an die altertümlichen Gedächtnishilfen zu gewöhnen. Das einzige mit der Stimme zu aktivierende Gerät, das noch existierte, war der Akustikkoppler von Pern zu den Datenspeichern auf der Yokohama, aber er wurde kaum noch benützt. »Die Nomaden haben ziemliche Mengen an Kleiderstoff angefordert, aber wenn die Vorräte erschöpft sind, ist Schluß damit, dann müssen sie sich selbst welche herstellen oder sie eintauschen wie wir anderen auch. Wir haben alle Lagerplätze ausfindig gemacht. Selbst zu Fuß kann das Kontingent der Tuareg erstaunliche Entfernungen zurücklegen, aber jetzt lagern sie erst einmal in zwei getrennten Sektoren.«
»Schließlich haben sie ja einen ganzen Planeten, auf dem sie sich verlieren können«, sagte Paul begeistert. »Haben sie sonst irgendwie Schwierigkeiten gemacht, Ongola?«
Der dunkelhäutige Mann schüttelte den Kopf und senkte die Lider über seine tiefliegenden Augen. Er war angenehm überrascht, wie reibungslos sich die Nomaden in das Leben auf Pern eingefügt hatten. Jeder Stamm schickte jede Woche einen Vertreter zu den Veterinärschuppen. Die zweiundvierzig Stuten, die die Kolonisten im Kälteschlaf mitgebracht hatten, waren ausnahmslos tragend, und die Führer der Nomaden hatten sich wohl oder übel damit abgefunden, daß sich ein Fohlen auf Pern nicht anders als auf der Erde bis zur Geburt elf Monate Zeit ließ.
»So lange die Tierärzte den Humor behalten, ist es ja gut. Aber Red Hanrahan versteht sie offenbar und kann mit ihnen umgehen.«
»Hanrahan? Hat nicht seine Tochter die Zwergdrachen gefunden?«
»Sie und ein Junge, einer von den Fahrensleuten«, antwortete Ongola. »Sie haben auch die Kadaver besorgt, mit denen sich die Bios jetzt so eifrig beschäftigen.«
»Die Tierchen könnten nützlich sein«, sagte Benden.
»Das sind sie schon«, fügte Emily resolut hinzu.
Ongola lächelte. Eines Tages, dachte er, würde er ein Nest finden, das kurz vor dem Ausschlüpfen stand, und dann würde auch er eines dieser reizenden, freundlichen, fast intelligenten Wesen als Haustier
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