Die Drachenreiter von Pern 10 - Der Renegaten von Pern
Welche Konsequenzen hatte wohl ein solches Versprechen? Eigentlich konnte die Lage nur besser werden - solange man ihn nicht behinderte. Wie sollte er Sharra zurückholen? Wie sollte er Verbindung mit Piemur aufnehmen? Der scharfe Verstand und die guten Beziehungen dieses jungen Spitzbuben zum Norden waren ihm unentbehrlicher geworden, als er sich bisher hatte träumen lassen.
Jetzt erst bemerkte er, daß die Feuerechsen der Burg zurückgekehrt waren. Aber als seine kleine Königin sich ihm auf die Schulter setzen und ihm aufgeregt etwas vorzirpen wollte, war er nicht in der Stimmung, ihr zuzuhören.
***
Piemur fand die vielgerühmte Bucht genau so schön, wie Menolly und Meister Robinton sie ihm beschrieben hatten. Der tiefe, vollkommene Halbkreis aus breiten, leicht ansteigenden Sandstränden wurde umrahmt von üppigen Wäldern, deren Bäume und Büsche ein buntes Blüten- und Blättermeer bildeten. An einem halben Dutzend Bäumen hingen reife Früchte. Und er hatte keine Schlangen gesehen, was ohne Zweifel auf die Anwesenheit von Jaxoms Drachen Ruth zurückzuführen war.
Im Schatten stand eine grob gezimmerte Hütte, von der ein deutlich ausgetretener Pfad ans Ufer führte.
Das trügerisch klare Wasser spielte in allen Tönen von hellem Grün bis zu sattem Dunkelblau in größeren Tiefen, nur eine ganz sanfte Dünung rollte über den Sand.
»Nun, Sharra«, fragte Piemur nach der stürmischen Begrüßung, »was versuchen Meer, Talla und Farli mir denn nun die ganze Zeit zu erzählen? Und wo ist Ruth?«
»Setz dich lieber, Piemur«, sagte Sharra sanft.
Piemur grub beide Füße fest in den Sand und machte ein verstocktes Gesicht. »Noch bin ich nicht zu schwach zum Stehen!«
Sharra und Jaxom sahen sich an, der Blick verriet Piemur nur zu deutlich das gute Einvernehmen der beiden - und daß sie etwas auf dem Herzen hatten, was er nicht gern hören würde.
»T'kul und B'zon haben heute morgen versucht, Caylith, die Drachenkönigin von Ista zu fliegen«, begann Jaxom. »Dabei ist Salths Herz zersprungen, T'kul hat F'lar angegriffen - geht es dir nicht gut?«
Piemur hatte sich hart zu Boden fallen lassen, unter der tiefen Bräune war sein Gesicht aschgrau geworden.
»F'lar ist am Leben und unverletzt«, rief Sharra, trat an Piemurs Seite und legte ihm den Arm um die Schultern. »B'zon und Ranilth bleiben vorerst in Ista.«
»D'ram führt jetzt den Süd-Weyr«, fügte Jaxom hinzu.
»Tatsächlich?« Piemurs Gesicht bekam wieder Farbe, und in seinen Augen blitzte der alte Schalk auf. »Da wird sich Toric aber freuen. Noch ein Alter, mit dem er sich herumschlagen darf.«
»D'ram ist anders«, tröstete ihn Jaxom. »Du wirst schon sehen.«
»Das ist gar keine so schlechte Nachricht. Ein frischer Wind schadet nie.« Piemur warf einen Blick auf Sharra.
Ob sie wohl erkannt hatte, was diese neue Entwicklung für Torics ehrgeizige Pläne bedeutete? Sie wirkte immer noch zutiefst erschüttert. Er wandte sich wieder an Jaxom.
»Was noch?«
»Meister Robinton hatte einen Herzanfall!«
»Dieser eingebildete Dussel, dieser unerträglich egoistische, altruistische Besserwisser!« schrie Piemur und sprang auf.
»Er glaubt, Pern geht zugrunde, wenn er sich nicht ständig einmischt, wenn er nicht über alles im Bilde ist, was auf jeder Burg und in jeder Gildehalle auf dem ganzen Planeten im Norden wie im Süden passiert! Er ißt nicht richtig, er gönnt sich zu wenig Ruhe, und er läßt sich nicht von uns helfen, obwohl wir das alles wahrscheinlich viel besser könnten als er, weil wir im linken Zehennagel mehr Verstand haben als er in seinem ganzen Schädel.«
Er wußte, daß Sharra und Jaxom ihn verdutzt anstarrten, aber er konnte nicht aufhören.
»Er treibt Raubbau mit seinen Kräften, er läßt sich nichts sagen, auch wenn wir uns alle Mühe geben, ihn zur Vernunft zu bringen, und er hat die verrückte Vorstellung, daß nur er, der Meisterharfner von Pern, die Geschicke von Weyr, Burg und Gildehalle in seinen Händen hält. Nun, das geschieht ihm recht. Vielleicht hört er jetzt auf uns. Vielleicht…«
Piemur stiegen die Tränen in die Augen, er sah von einem zum anderen und bettelte stumm, es möge alles nur ein übler Scherz sein. Sharra umarmte ihn, und Jaxom klopfte ihm unbeholfen auf die Schulter. Über ihm zirpten viel zu vergnügt die Feuerechsen. Piemur hatte Farli nicht verstehen wollen. Er hatte sich nicht gestattet, sie zu verstehen.
»Es geht ihm ganz gut«, sagte Sharra immer und immer wieder,
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