Die Drachenreiter von Pern 10 - Der Renegaten von Pern
Meinung interessieren« - er beachtete Piemurs spöttisches Prusten nicht -, »dann würde ich sie an die alte Tradition der Autonomie erinnern: Ob Gildehalle, Burg oder Weyr, jeder ist sein eigener Herr, es sei denn, die Sicherheit unserer Welt stünde auf dem Spiel.«
»Im Augenblick geht eine Menge Traditionen zu Bruch«, bemerkte Piemur trocken.
»Gewiß, aber einige hatten sich auch längst überlebt.«
»Wer entscheidet das?«
»Die Gegebenheiten.«
»Entscheiden die >Gegebenheiten< auch, wer was und wieviel bekommt?« fragte Piemur bitter. Insgeheim fand er, die Weyrführer von Benden hätten Toric viel zu viel zugestanden, auch wenn Lessa damit Jaxoms und Sharras Glück hatte erkaufen wollen, und er hatte das Gefühl, in diesem Punkt stimme Meister Robinton mit ihm überein.
»Ach, jetzt sind wir wieder bei deinen jungen Freunden, nicht wahr?«
»Da haben wir auch angefangen, und jetzt keine Ablenkungen mehr, Meister Robinton. Ich frage Sie in dieser Angelegenheit nach Ihrer >Meinung<. Und da Sie für Ausgrabungen und andere historische Rätsel verantwortlich sind, bin ich der Ansicht, Sie sollten Jayge und Ara kennenlernen und sich ihre Funde ansehen!«
»Ganz richtig.« Der Harfner leerte seinen Becher, rollte die Karte zusammen und stand auf. »Nur gut, daß uns Lessa den alten P'ratan zur Verfügung gestellt hat. Er ist diskret und auch recht hilfsbereit, wenn ich nicht zu viel von ihm verlange.«
Er griff nach seinen Reitsachen.
»Warum eigentlich >Paradiesflußbesitzung?<«
»Das werden Sie schon sehen«, antwortete Piemur.
***
Jayge holte gerade sein Netz ein, als er den Drachen am Himmel erblickte.
Er kam von Osten herangeglitten. Jayge beobachtete ihn eine volle Minute lang in ehrfürchtigem Staunen doch dann wurde er unruhig, und das volle, schwere Netz drohte ihm aus den Händen zu gleiten. Es gelang ihm gerade noch, eine Boje an den äußersten Maschen zu befestigen, um den kostbaren Fang später bergen zu können. Im Handumdrehen hatte er das Segel aufgezogen, der frische Küstenwind trieb das kleine Boot dem Land zu, und Jayge hoffte, noch vor dem Drachen das Ufer erreichen zu können.
Vielleicht… vielleicht hatte er Glück, und Aramina schlief noch. Er wußte, daß sie die Drachen nur hören konnte, wenn sie wach war, und sie und das Kind hatten noch in tiefem Schlaf gelegen, als er aus dem Haus geschlichen war, um die morgens vorbeiziehenden Fischschwärme zu erwischen. Wenn er sie nur warnen könnte. Sie hörte auch die Feuerechsen - genau wie er - und hatte über die erstaunlichen Bilder gelacht, die sie in jüngster Zeit übermittelten, aber ihr sinnloses Geschnatter fand sie im allgemeinen eher erheiternd als störend.
Das grüne Drachenweibchen war schon alt, der weißen Schnauze und den runzeligen Narben an den Schwingen nach zu urteilen, und auf seinem Rücken saßen drei Menschen. Es setzte gemächlich, in weiten Spiralen zur Landung an, fast als wolle es gleichzeitig mit Jayge den Strand erreichen. Als der Fischer das Steuerruder einklappte, stieg einer der Reiter ab, kam ihm auf ihn zugelaufen und zog sich den Helm vom Kopf. Piemur!
»Jayge, ich habe den Meisterharfner mitgebracht. P'ratan war so freundlich, uns auf Poranth herzufliegen«, sprudelte Piemur lächelnd heraus, um Jayge wegen des unvorhergesehenen Besuchs zu beruhigen.
»Keine Sorge. Es wird alles gut für dich und Ara«, fügte er hinzu und half dem Fischer, das kleine Boot über die Flutmarke auf den Sand zu ziehen.
Auf der Veranda vor dem Haus bewegte sich etwas, und Jayge sah gerade noch, wie Ara ohnmächtig zusammensank.
»Ara!« schrie er und stürmte zum Haus hinauf, ohne den beiden älteren Männern auch nur zuzunicken.
Nach so vielen Jahren wieder einen Drachen zu hören, mußte ihr einen entsetzlichen Schrecken eingejagt haben.
Er hatte sie auf das Bett gelegt, und Piemur bot ihr einen Becher mit Jayges Selbstgebrautem an, als der Harfner und der Drachenreiter eintraten. Beim Anblick der fremden Gesichter begann Readis laut zu schreien.
Piemur nahm ihn auf den Arm, um ihn zu trösten, aber er machte sich ganz steif. Plötzlich verstummte das Gebrüll. Piemur folgte dem Blick des Kleinen. Meister Robinton schnitt so lächerliche Grimassen, daß Readis das Weinen ganz vergaß und den Harfner aus tränenfeuchten Augen fasziniert betrachtete.
Ara kam wieder zu sich, sie war totenbleich und starrte die Besucher sprachlos an. Jayge spürte, wie ihre Verkrampfung sich ein klein wenig
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