Die Drachenreiter von Pern 10 - Der Renegaten von Pern
Verandaboden.
Die zum Haus gehörigen Feuerechsen flatterten aufgeregt schnatternd durch Türen und Fenster ins Innere.
Piemur hörte, wie Jayge schläfrig protestierte. Das Kläffen der Hunde steigerte sich zu einem panischen Gejaule, und die Echsen gerieten außer sich.
Als Piemur sich vom Boden aufrappeln wollte, bemerkte er am Strand eine verdächtige Bewegung, und sofort war er hellwach. Kein Wunder, daß die Hunde hysterisch waren. Er hatte sich zu oft auf Farli und Dummkopf verlassen, um nun an tierischen Instinkten zu zweifeln oder sich lange zu fragen, warum sich jemand an die Paradiesflußbesitzung anschleichen sollte.
Von den Fischerhütten weiter oben am Strand erscholl ein erstickter Schrei, er zog sein breites Dschungelmesser aus der Scheide, kroch an die Verandabrüstung und spähte vorsichtig darüber.
Da! Wieder eine Bewegung!
Es hatte den Anschein, als schwärmten mehrere Leute aus, um das Haus zu umzingeln - und als näherten sich weitere Eindringlinge behutsam den anderen Gebäuden. Drinnen beklagte Jayge sich ärgerlich über seinen unterbrochenen Nachmittagsschlaf. Lautlos robbte Piemur zur Hängematte zurück und löste erst das eine, dann das andere Ende vom Wandhaken. Vielleicht ließ sich das Ding zur Verteidigung benützen.
Die Hängematte hinter sich herziehend, huschte er um die Verandaecke, kletterte durch ein Seitenfenster ins Haus und sah sich nervös nach möglichen Waffen um.
»Jayge?« rief er leise, als er den Hausherrn schlaftrunken durch den Korridor stolpern sah.
»Ja?« Jayge starrte ihn benommen an.
»Greife dir irgend etwas. Jemand will euch überfallen!«
»Laß doch den Unsinn!« Jetzt klang Jayges Stimme normal. Plötzlich schossen seine Feuerechsen in den Raum und quiekten in panischem Schrecken. »Was?«
Draußen mischte sich ein neuer, fast triumphierender Ton in das Hundegebell. Jemand war so geistesgegenwärtig gewesen, die Tiere aus ihrem Zwinger zu lassen.
Jayge durchfuhr es wie ein Schlag, und er riß zwei Küchenmesser vom Regal. In diesem Augenblick ertönte vom Strand her ein Schrei.
»Ara! Nimm die Kinder und lauf!« brüllte er, und dann rannten er und Piemur in langen Sätzen aus dem Haus, um sich den Feinden zu stellen.
Der Kampf war beschämend schnell vorüber. Am Fuß der kleinen Verandatreppe wurden Piemur und Jayge von sechs sonnenverbrannten, zerlumpten Männern mit Schwertern, Spießen und langen Dolchen überwältigt. Piemur stach mit seinem Messer zu und schlug mit der Hängematte um sich, doch die hing trotz der Unbeholfenheit der Angreifer bald in Fetzen herab.
Flüche und schrille Schmerzenslaute verrieten ihm, daß Jayge seine Messer gut zu gebrauchen wußte. Eine gellende Stimme rief Befehle und kreischte vor Ungeduld über die Unfähigkeit der Angreifer und die schweren Verluste. Dann stürmten alle Feinde gleichzeitig vor, und Jayge und Piemur wurden an die Treppe zurückgedrängt.
Piemur hörte jemanden hinter sich, doch ehe er reagieren konnte, traf ihn ein harter Schlag auf den Hinterkopf, und er verlor das Bewußtsein.
***
Als Jayge zu sich kam, lag er mit dem Gesicht nach unten im Sand, sein Kopf hämmerte wild, seine Rippen und die rechte Schulter schmerzten, und am ganzen Körper spürte er kleinere Wunden, in denen die Sandkörner heftig brannten. Er merkte schnell, daß er sich nicht in eine bequemere Stellung bringen konnte - man hatte ihn verschnürt wie einen Wher am Spieß.
Als er sich anschickte, einen Mund voll Sand auszuspucken, vernahm er ein Stöhnen, einen dumpfen Schlag und schließlich ein zufriedenes Glucksen.
»Schlaf weiter, Harfner«, sagte eine harte Frauenstimme.
»Und so hält man emporgekommene Grundbesitzer in Schach, Leute. Auf diese Weise kriegen sie weder von ihren Feuerechsen noch von anderer Seite Unterstützung. Und jetzt« - die trügerisch sanfte Stimme wurde plötzlich gehässig - »will ich die Frau und ihre Bälger. Ohne sie war die ganze Mühe umsonst.«
Jayge machte sich unwillkürlich steif und stemmte sich gegen seine Fesseln. Thella! Er hatte Ara immer wieder versichert, die Frau müsse umgekommen oder gefangen worden sein, aber selbst hatte er nie daran geglaubt. Und gerade in letzter Zeit, als man überall verbreitete, daß sie beide zu rechtmäßigen Besitzern des Anwesens am Paradiesfluß erklärt worden waren, hatten sich seine Befürchtungen verstärkt. Wenn Thella noch lebte, würde sie davon erfahren? Würde es sie interessieren? Würde sie handeln? Bei vernünftiger
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